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Politik

Sierens China: Der ewige Nachbar Vietnam

Frank Sieren
11. Mai 2017

Vietnams Präsident reist zum Belt and Road-Forum nach Peking. Spannend wird es sein zu sehen, mit welchen Mitteln Vietnam seine Verhandlungsposition gegenüber China verbessern möchte, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Vietnam Anti-China Proteste in Hanoi
Die Erinnerung an den jüngsten Krieg zwischen China und Vietnam ist in Hanoi am Jahrestag stets lebendigBild: Reuters/Kham

Ob Großmacht oder nicht - es ist immer wichtig, mit seinen Nachbarn irgendwie zurechtzukommen. Probleme in der Nachbarschaft landen schnell vor der eigenen Haustür. Das trifft besonders auf Chinas Nachbarn Vietnam zu, mit dem es öfter schon Streit gab. Genau das macht den Besuch von Vietnams Präsident Tran Dai Quang am kommenden Sonntag und Montag zum Belt and Road Forum erst so interessant. Das Forum dient China dazu, Kooperationen mit den Ländern entlang der ehemaligen Seidenstraße aufzubauen.

Reiche Geschichte an Konflikten

Lange ist es nicht her, da hatten die beiden Staaten sich noch wegen den umstrittenen Inseln im Südchinesischen Meer ernsthaft in den Haaren. 2014 brachte China eine Ölplattform in vietnamesische Gewässer und trieb damit die Vietnamesen zur militärischen Aufrüstung. Ein Nachbarschaftsstreit erster Klasse war die Folge. Dieser ist zwar bis heute nicht gelöst, aber beide Parteien sind zur Räson gekommen und suchen seitdem nach einer diplomatischeren Lösung, anstatt Raketen aufeinander zu richten. Und sie haben begonnen, die bilateralen Beziehungen wirtschaftlich auszubauen. Nach jahrzehntelangen Problemen, die mit zwei Kriegen 1979 und 1988 begannen und im Inselstreit endeten, scheint es so etwas wie einen positiven politischen Umschwung zwischen China und Vietnam zu geben. Das zeichnete sich bereits im Januar bei einem Besuch des vietnamesischen Politbüro-Chefs Nguyen Phu Trong in Peking ab, bei dem man sich offiziell auf eine vertiefte strategische Partnerschaft einigte.

Frank Sieren *PROVISORISCH*
DW-Kolumnist Frank SierenBild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

Das Belt and Road Forum wird für Präsident Tran Dai Quang eine gute Gelegenheit sein, an diese Entwicklung anzuschließen. Es steht für ihn nicht nur ein Treffen mit Chinas Staatspräsident Xi Jinping auf dem Plan, er wird auch weitere Spitzenpolitiker  treffen und beide Staaten werden einen Workshop zu bilateraler Kooperation mit 500 Personen aus der Wirtschaft ausrichten. Das Hauptthema des Forums wird - wie der Name schon verrät - die weitere Planung und Realisierung des Projekts "Neue Seidenstraße" der Chinesen sein. Das bedeutet: Es geht um viele Infrastrukturprojekte für die insgesamt 28 teilnehmenden Länder. Bis Ende vergangenen Jahres hatte die China Development Bank insgesamt schon um die 160 Milliarden US-Dollar an Krediten vergeben, die mit dem Belt and Road Projekt in Verbindung stehen. Und weitere Verträge im Wert von 350 Milliarden US-Dollar werden derzeit verhandelt.

Obwohl Vietnam nicht direkt auf der Festlandroute der Seidenstraße Richtung Europa liegt, hat der Küstenstaat eine wichtige Rolle für den Seeweg durch das Südchinesische Meer: die maritime Seidenstraße - quasi der Zwilling zur Festlandroute. Im chinesischen Qinzho, unweit der vietnamesischen Grenze, wurde dafür zum Beispiel bereits ein großer Hafen gebaut. Das Problem: Der Umsatz des Megahafens hinkt etwas hinter den Erwartungen hinterher. 1,8 Millionen Container wurden hier im  Jahr 2016 umgeschlagen, fünf Millionen sollen es 2020 sein. Die anderen großen Häfen des Landes, Shenzhen, Ningbo und Schanghai, bewegen dagegen weit mehr als 20 Millionen Container im Jahr. Hier könnte Vietnam eine größere Rolle zukommen. Der bilaterale Handel zwischen China und Vietnam hatte 2016 nach chinesischen Angaben ein Volumen von 98 Milliarden US-Dollar. Seit 13 Jahren ist China Vietnams größter Handelspartner. Andersherum gibt es aber auch gewisse Abhängigkeiten. So zählt der kleine Nachbar zu den wichtigsten Reislieferanten für China.

Wem gehört das Wasser des Mekong?

Die Beziehungen der beiden Länder sind also stark von wirtschaftlichen Interessen geprägt. Es wird in Vietnams Interesse liegen, diese weiter auszubauen und zu verbessern, um eine bessere Verhandlungsgrundlage mit Peking zu bekommen. Denn neben dem Inselstreit drängt ein weiteres Problem immer mehr in den Vordergrund: Der Mekong als Wasserversorger Vietnams steht dem Wasser und Strombedarf der Chinesen entgegen, die Dämme zur Energieproduktion bauen.

Die Frage, wer über das Wasser des Flusses entscheiden darf, wird in Zukunft wahrscheinlich noch wichtiger als die Hoheit über die Inseln. Mit militärischen Mitteln kann Vietnam China natürlich nicht gefährlich werden. Vor allem, weil die vietnamesische Regierung seit jeher eine Verteidigungspolitik der "Three No's" verfolgt: keine militärischen Allianzen, keine ausländischen Militärbasen im eigenen Land und keine Kooperation mit einem Staat, um einen anderen zu bekämpfen. Deshalb ist die neue Seidenstraße ein gutes und neutrales Feld um die Beziehungen auszubauen.

Unser Korrespondent Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.