US-Außenpolitik
9. Oktober 2013Auf einem der Gruppenfotos des gerade in Indonesien zu Ende gegangenen APEC-Gipfeltreffens sieht man einen etwas verloren wirkenden, ganz außen in der zweiten Reihe platzierten, John Kerry stehen. Während der chinesische und russische Präsident wie selbstverständlich zentral in der ersten Reihe postiert sind, muss sich der US-Außenminister beim Gipfel der Staatschefs schon rein protokollarisch mit einer Außenseitenrolle begnügen. Schließlich ist Kerry hier nur zweite Wahl und nur da, weil Präsident Barack Obama seine Asienreise kurzfristig absagte, um während der Haushaltskrise doch lieber in Washington zu bleiben.
Dass statt Obama nun Kerry die USA vertrat, ist das sichtbarste Zeichen dafür, dass in Washington seit dem 1. Oktober nicht mehr "business as usual" gilt, da große Teile des US-Regierungs- und Verwaltungsapparates durch den sogenannten Shutdown auf Eis gelegt wurden. Und dennoch sind die Folgen für die US-Außen- und Sicherheitspolitik gering.
Ergebnisloses Gipfeltreffen
Zwar unkte der malaiische Premierminister mit Blick auf Obamas Abwesenheit beim APEC-Treffen, der US-Präsident habe eine glänzende Gelegenheit verpasst, seinen regionalen Führungsanspruch deutlich zu machen. Tatsächlich jedoch blieb das Fehlen Obamas - mit Ausnahme der Gruppenbilder - folgenlos. Denn konkrete Ergebnisse gab es beim APEC-Gipfel ohnehin nicht.
"Ich glaube die Konsequenzen sind eher symbolisch als praktisch - zumindest kurzfristig", sagt Matthew Baum, Professor für Global Communications and Public Policy an der Harvard University. "Es wirkt so, als hielten die USA ihr eigenes Haus nicht in Ordnung und die Folge davon ist, dass der Eindruck entsteht, dass Land sei unfähig seiner Verantwortung als globale Führungsmacht gerecht zu werden."
Dieser Eindruck wird auch durch die zwei weiteren sichtbaren Auswirkungen des Shutdowns auf die US-Außen- und Sicherheitspolitik verstärkt. Die Absagen der nächsten Verhandlungsrunde über ein transatlantisches Handelsabkommen (TTIP) und das geplante Militärmanöver mit Japan. Doch auch hier ist die Symbolik stärker als die Realität. Die TTIP-Verhandlungen sind nur aufgeschoben, nicht abgesagt. Und die ausgefallene japanisch-amerikanische Truppenübung war mit nur rund 1000 beteiligten Soldaten sowieso eine kleine Veranstaltung, kein Großmanöver. Die wichtigen Verteidigungsaufgaben und -ausgaben, beispielsweise für Afghanistan, sind per Ausnahmeregelung sowieso von der Haushaltsblockade befreit.
US-Entwicklungshilfe langfristig finanziert
"Die US-Außenpolitik läuft weiter", betont Baum. "Die Botschaften sind nicht geschlossen und die Konsulatsbeamten arbeiten weiter. Aber natürlich gibt es Effekte, beispielsweise kann es bei der Bearbeitung von Reisepässen oder Einwanderungsanträgen in den USA zu Verzögerungen kommen."
Auch die amerikanische Entwicklungs- und Militärhilfe ist bislang kaum betroffen. So kann die US-Entwicklungsbehörde USAID trotz Shutdown den Löwenanteil ihrer Programme weiter bezahlen. Da die Finanzierung der meisten Programme über mehrere Jahre laufe, schlage der Shutdown noch nicht auf sie durch, schrieb die "New York Times". Erst wenn die Haushaltskrise länger anhalte, würden auch die Entwicklungsprogramme betroffen.
Ähnliches gilt für die umfangreichen Militärhilfezahlungen der USA. So sind im Haushalt 2014 für Israel 3,1 Milliarden US-Dollar und für Ägypten 1,3 Milliarden US-Dollar Militärhilfe veranschlagt. Sollte die Haushaltskrise anhalten, könnten diese Gelder nicht ausgezahlt werden. Dabei ist im Falle Ägypten jedoch auch ohne Haushaltskrise offen, ob die Mittel aus Washington weiter fließen. Schon im vergangenen Haushaltsjahr wurde die Militärhilfe wegen der politischen Unruhen nicht vollständig überwiesen; seit dem Putsch gegen den ägyptischen Präsidenten Mursi durch das Militär steht die Unterstützung generell auf dem Prüfstand.
Stichtag 17. Oktober
Im Vergleich zu den Folgen eines Scheiterns der bis zum 17. Oktober notwendigen Anhebung der US-Schuldenobergrenze durch den Kongress, wirken die Auswirkungen des Haushaltsstreits wie ein Sturm im Wasserglas. "Das wird dramatische Folgen haben", betont Heinz Gärtner, US-Experte am Österreichischen Institut für Internationale Politik in Wien. "Denn dann kann der Staat keine Kredite mehr aufnehmen und dann wird es auch Konsequenzen haben für die Sanktionspolitik, die Außen- und Sicherheitspolitik und auch für das Freihandelsabkommen."
Sollten die USA am 17. Oktober tatsächlich in eine doppelte Haushalts- und Ausgabenkrise schlittern, könnte dies unabsehbare Folgen nicht nur für die USA, sondern für die Welt haben. Wenn die schlimmsten Vorhersagen einträfen, wäre das äußerst schlecht für die USA, sowohl für die Innen- oder Außenpolitik des Landes, sagt Harvard-Professor Baum. Denn ein Scheitern der Erhöhung der Schuldenobergrenze würde wohl die US- und die Weltwirtschaft einbrechen lassen.
"Allerdings ist dies derzeit alles noch Spekulation, denn so etwas ist bislang noch niemals passiert", meint Baum.