Die Nominierten für den Internationalen Literaturpreis
20. Mai 2021Zum 13. Mal vergeben das Haus der Kulturen der Welt (HKW) und die Stiftung Elementarteilchen in diesem Jahr den Internationalen Literaturpreis. Die Auszeichnung würdigt Gegenwartsliteratur, neben der Autorenleistung wird auch die Übersetzungsarbeit ins Deutsche prämiert. Das Preisgeld für die Autorin oder den Autor beträgt 20.000 Euro, die Übersetzungsleistung wird mit 15.000 Euro honoriert. Die Würdigung hat über die Jahre hinweg immer wieder dazu beigetragen, die Stimmen bis dahin noch relativ unbekannter Autorinnen und Autoren in Deutschland deutlich hörbar zu machen. Anders als bei anderen Buchpreisen gibt es keine Longlist, sondern lediglich eine Auswahl von sechs Titeln, aus der die Jury die Preisträgerinnen und Preisträger auswählt.
Im vergangenen Jahr hatten HKW und Jury wegen der Pandemie entschieden, alle auf der Shortlist Nominierten auszuzeichnen. Damit habe man in der für viele Kulturschaffende prekären Situation nicht ein einzelnes Werk, sondern die Arbeit und Stimmen vieler würdigen wollen.
Die Auswahl in diesem Jahr ist sehr weiblich, lediglich ein Autor und ein Übersetzer haben es unter die zwölf Nominierten geschafft. Folgende Werke stehen auf der Shortlist:
"Die jüngste Tochter"
In ihrem Debütroman setzt sich die französische Autorin Fatima Daas, Jahrgang 1995, mit ihren algerischen Wurzeln, ihrem muslimischen Glauben und ihrer Homosexualität auseinander. Die Familie lebt im Banlieue, Liebe und Sexualität sind Tabuthemen. Fatima fühlt sich nicht wohl in ihrer Haut, was sich erst ändert, als sie Nina kennen und lieben lernt. "Die jüngste Tochter" wurde in Frankreich zum Bestseller. Sina de Malafosse hat das Buch aus dem Französischen übersetzt.
"Nach der Sonne"
Auch der dänische Autor Jonas Eika, geboren 1991, hat es mit seinem Debüt auf die Shortlist geschafft. Er verknüpft darin fünf Erzählungen, in denen es um Sehnsüchte, Kapitalismus und technologischen Fortschritt geht. Im Oktober 2019 erhielt Eika für "Nach der Sonne" bereits den Literaturpreis des Nordischen Rates, einem Forum der nordischen Länder. Ursel Alleinstein hat das Buch ins Deutsche übersetzt.
"Weiches Begräbnis"
In China erschien der Roman der Schriftstellerin Fang Fang bereits 2016. Zunächst mit einem Literaturpreis prämiert, wurde er auf Geheiß der Kommunistischen Partei bald darauf vom Markt genommen. Das Buch handelt von einem historischen Ereignis, über das die chinesische Gesellschaft bis heute schweigt: die Landreform nach 1948, im Zuge derer Millionen Chinesinnen und Chinesen hingerichtet und ohne Särge verscharrt wurden - in sogenannten weichen Begräbnissen. Der Roman erschien im April auf Deutsch, übersetzt von Michael Kahn-Ackermann.
"Im düstern Wald werden unsre Leiber hängen"
Das nächste Erstlingswerk stammt von der in Kanada lebenden Autorin Ava Farmehri, die unter Pseudonym veröffentlicht. Ihre Protagonistin Sheyda hat sich schon als Kind aus einer repressiven Umwelt in eine Traumwelt geflüchtet. Nun sitzt sie, gerade 20 Jahre alt, in der Todeszelle eines iranischen Gefängnisses. Ihre einzige Ausflucht bleibt die Fantasie. Aus dem Englischen übersetzt von Sonja Finck.
"An das Wilde glauben"
Die Anthropologin Nastassja Martin hat mit "An das Wild glauben" einen literarischen Bericht geschrieben. Auf einer Forschungsreise auf die russische Halbinsel Kamtschatka wird Martin von einem Bären angegriffen. Er zerbeißt ihr Gesicht, der Schädelknochen bricht. Sie spricht von einem "Zusammenstoß". Bei der psychischen Heilung hilft das indigene Volk der Ewenen. Sie glauben, dass Natur und Tiere beseelt sind. Claudia Kalscheuer hat die autobiografische Erzählung aus dem Französischen übersetzt.
"Wetter"
Die Schriftstellerin Jenny Offill lässt in "Wetter" die Bibliothekarin und Hobby-Psychologin Lizzie Benson die Hörerpost des Podcasts einer Freundin beantworten. Der beschäftigt sich mit dem Weltuntergang, weshalb Lizzie bald sowohl mit linken Klimarettern als auch mit ultrakonservativen Relativierern konfrontiert ist. Der Roman erschien im April auf Deutsch, übersetzt von Melanie Walz.
Der Internationale Literaturpreis wird am 30. Juni vergeben.