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Politik

Sheikh Hasina: Keine weitere Amtszeit mehr nach 2024

Zobaer Ahmed
14. Februar 2019

Im DW-Exklusiv-Interview hat Bangladeschs Premierministerin Sheikh Hasina eine weitere Amtszeit ausgeschlossen. Sie ging auf Vorwürfe ihrer Kritiker ein und forderte internationalen Beistand in der Flüchtlingskrise.

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Bangladesch - DW Chefredakteurin Ines Pohl, Leiterin DW-Asien Debarati Guha treffen Premierminister Sheikh Hasina in Dhaka
Bild: DW

Bangladeschs Premierministerin Sheikh Hasina im DW-Exklusivinterview

Vor einem Monat hat Sheikh Hasina zum vierten Mal das Amt als Premierministerin Bangladeschs übernommen. Ihre Partei, die Awami-Liga, erhielt bei den Parlamentswahlen zusammen mit ihren Koalitionspartnern 96 Prozent der Stimmen.

In ihrem ersten Interview mit einem internationalen Auslandssender nach ihrem Amtsantritt schloss Sheikh Hasina aus, dass sie ein weiteres Mal antreten werde. Sie sagte im Interview mit DW-Chefredakteurin Ines Pohl: "Dies ist meine dritte Amtszeit in Folge. Und von 1996 bis 2001 war ich auch Regierungschefin. Dies ist also meine vierte Amtszeit. Ich möchte danach nicht mehr  weitermachen. Jeder muss mal eine Pause machen, um den Weg für die jüngere Generation  freizumachen."

Wirtschaftsaufschwung mit Mängeln

In den vergangenen zehn Jahren hat Bangladesch unter Führung von Sheikh Hasina rasche wirtschaftliche Fortschritte gemacht und wird inzwischen als ein Land auf dem Weg zum mittleren Einkommen eingestuft. Das jährliche Wirtschaftswachstum beträgt zwischen sechs und sieben Prozent, der Außenhandel hat ebenso wie die Auslandsinvestitionen in Bangladesch zugenommen.

Trotz dieser Aufwärtstrends ist jeder vierte Einwohner Bangladeschs nach Angaben der Weltbank arm. Sheikh Hasina bezeichnet den Kampf gegen die Armut als "oberste Priorität" in ihrer neuen Amtszeit: "Ausreichende Ernährung, ein Dach über dem Kopf, Bildung, Gesundheitsversorgung, Arbeitsplätze - dies sind grundlegende Bedürfnisse. Ganz klar, jeder Mensch will ein besseres Leben. Das müssen wir garantieren."

Bangladesch - DW Chefredakteurin Ines Pohl, Leiterin DW-Asien Debarati Guha treffen Premierminister Sheikh Hasina in Dhaka
Hasina: Kampf gegen Armut als "oberste Priorität" Bild: DW

"Schwäche der Opposition nicht meine Schuld"

Erfolge bei Wirtschaftswachstum und Entwicklung haben jedoch die Kritiker von Sheikh Hasina nicht verstummen lassen. Jene werfen ihr vor, gegen Einschränkungen der Meinungsfreiheit und gegen Angriffe auf liberale Intellektuelle zu wenig getan zu haben. Dies will die alte und neue Premierministerin nicht gelten lassen. Sie habe allzeit die Gedankenfreiheit im Lande voll und ganz unterstützt, so Hasina. Die Kritik sei bei diesem Wachstum eine Selbstverständlichkeit. "Mehr Arbeit bedeutet auch mehr Kritik. Fragen Sie mein Volk, ob es zufrieden ist oder nicht, was es denkt, ob es die Dinge bekommt, die es braucht, ob ich dafür sorgen kann."

Auch die Kritik, Hasina und ihre Awami-Liga hätten keine politische Debatten zugelassen, sondern eine Ein-Parteien-Herrschaft anstreben wollen, weist sie zurück: "Bei der jüngsten Wahl wurden in 260 von 300 Wahlkreisen Kandidaten der Awami-Liga gewählt. Das heißt, auch andere Parteien sind im Parlament vertreten. Von einer Ein-Parteien-Herrschaft kann keine Rede sein."

Die Schwäche der Oppositionsparteien sei selbstverschuldet: "Wenn eine bestimmte Partei keine Verbindung zu den Wählern herstellen kann, wenn sie weder Vertrauen noch Stimmen bekommt, wer ist daran schuld? Das zeigt doch nur, dass diese Partei es nicht kann."

Sheikh Hasina
Sheikh Hasina bei der Amtseinführung im Januar 2019Bild: bdnews24.com

Zu große Nähe zu Fundamentalisten?

Die liberalen Kreise in Bangladesch werfen Sheikh Hasina vor, sie unterhalte zu engen Kontakt mit der fundamentalistischen Gruppierung Hefasat-i-Islam und mache religiösen Fanatikern zu viele Zugeständnisse.

Ein Kritikpunkt in diesem Zusammenhang bezieht sich auf die Entscheidung der Regierung, ein Diplom (Qawmi Madrasah), das von traditionellen islamischen Religionsschulen des Landes verliehen wird, als offiziellen, einem Master-Abschluss vergleichbaren Abschluss anzuerkennen.

Kritiker verweisen darauf, dass diejenigen, die sich für die Anerkennung des Qawmi Madrasah-Diploms einsetzen, in der Regel aus fundamentalistischen Kreisen stammten und gegen Gleichberechtigung für Frauen seien. So habe der Leiter der nationalen Aufsichtsbehörde für die Religionsschulen, Shah Ahmad Shafi, unlängst verlauten lassen, Mädchen sollten nicht zur Schule gehen.

Auch die DW fragt kritisch nach. Sheikh Hasina will für solche Äußerungen nicht verantwortlich gemacht werden: "Jeder darf in diesem Land frei seine Meinung äußern. Also darf jeder auch seine eigenen Vorstellungen, wie die Dinge zu sein hätten, äußern."

Bangladesch - DW Chefredakteurin Ines Pohl, Leiterin DW-Asien Debarati Guha treffen Premierminister Sheikh Hasina in Dhaka
Hasina mit Ines Pohl (2.v.l.), DW-Chefredakteurin und Debarati Guha (3.v.l.), Leiterin der Asien-Programme Bild: DW

"Wir haben Umdenken über Rolle der Töchter bewirkt"

Sie werde jedenfalls alles dafür tun, damit Bildung für Frauen vorankommt, so Hasina weiter. "Ich habe dafür gesorgt, dass der Schulbesuch für Mädchen bis Klasse 12 kostenlos ist, und dass es danach Stipendien der Regierung gibt." 

Die Premierministerin sagt weiter, dass die Maßnahmen ihrer Regierung zu einem Umdenken bei der Bevölkerung geführt hätten: "Früher war die Einstellung der Eltern: 'Warum sollen wir unsere Tochter zur Schule schicken? Eines Tages heiratet sie und gehört zu einer anderen Familie.' Jetzt denken die Leute: 'Ja, ich schicke meine Tochter zur Schule, damit sie eigenes Geld verdienen kann. Danach kann sie immer noch heiraten.' Das heißt, wir bewirken einen allmählichen Wandel in der Gesellschaft."

Auf die Frage, ob nicht islamistische Organisationen sie an der Verwirklichung ihrer Ziele hindern könnten, sagt Sheikh Hasina: "Natürlich nicht. Was erreicht wurde, bleibt bestehen. Diese Arbeit wird fortgeführt."

Bangladesch - Rohingya Zurückführung
Rohingya-Flüchtlinge in Cox's BazarBild: picture-alliance/AP Photo/D. Yasin

Die Flüchtlingskrise um die Rohingya

Neben der Verbesserung des Lebensstandards für die Bevölkerung und neben dem heiklen politischen Drahtseilakt zwischen liberalen und fundamentalistischen Kräften steht das Drama um die Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar hoch auf der Agenda von Sheikh Hasina. Seit 2017 sind rund 700.000 Angehörige der muslimischen Rohingya-Volksgruppe von Myanmar nach Bangladesch geflohen, vor massiver Gewalt durch das Militär Myanmars. Die meisten von ihnen leben seitdem unter schwierigsten Bedingungen in zwei großen Auffanglagern im Distrikt Cox's Bazaar an der Grenze zu Myanmar.

Diese massive Zuwanderung stellt die Region vor große sozio-ökonomische Probleme. Nicht nur wegen der humanitären Kraftanstrengung, sondern auch, weil die Neuankömmlinge mit den Einheimischen im Wettbewerb um Land, Arbeitsplätze und Existenzaufbau stehen.

Die Regierung von Hasina sucht nach Möglichkeiten, um zumindest einigen Flüchtlingen bessere Perspektiven als in den Lagern zu geben. Bangladesch brauche einen mittelfristigen Plan für die Tausenden Babys, die in den Lagern geboren wurden, und für die Jugendlichen, die ohne Arbeit in den Lagern ihre Zeit vertun, sagt Sheikh Hasina. "Wir haben eine Insel ausfindig gemacht und dort Schutzräume gegen Tropenstürme sowie Wohnhäuser errichtet. Wir wollen diese Jugendlichen dorthin bringen und ihnen dort Arbeit geben, so dass sie eine sinnvolle Beschäftigung haben und Geld verdienen können."

Bangladesch Cox's Bazar Rohingya Flüchtlingslager
Auffanglager an der Grenze zu MyanmarBild: picture-alliance/NurPhoto/K. S. Razu

"Druck auf Bangladesch durch Flüchtlinge nimmt zu"

Sheikh Hasina betont: "Wir wollen keine Kampf mit Myanmar. Wir bemühen uns auch um Zusammenarbeit mit China und Indien. Aber der Druck, der auf Bangladesch lastet, nimmt zu." Sie fügt hinzu: "Meiner Meinung nach hat die internationale Gemeinschaft, darunter auch die EU, eine gewisse Verantwortung (für die Rückführung der Flüchtlinge nach Myanmar). Diese Verantwortung sollte sich nicht nur in der Leistung humanitärer Hilfe für die Rohingyas in den Lagern in Bangladesch erschöpfen. Dieselbe Hilfe kann den Flüchtlingen auch in Unterkünften in Myanmar zukommen, sobald sie dort aufgenommen worden sind." 

Das Interview mit Sheikh Hasina wurde von DW-Chefredakteurin Ines Pohl und Debarati Guha, der Leiterin der DW-Asien-Programme, geführt.