Senegal: Neues Interesse an traditionellen Wandteppichen
Die Wandteppichproduktion in Thiès war ein kulturpolitisches Aushängeschild des ersten senegalesischen Präsidenten Léopold Sédar Senghor. Dank neuer Aktivitäten und Partnerschaften wird die Produktion nun wiederbelebt.
Das Kunstwerk nimmt Gestalt an
Nachdem er die losen Wollfäden von seinem Webstuhl abgeschnitten hat, dreht der 28-jährige senegalesische Weber Seydina Oumar Cisse die Rolle und beobachtet, wie der Wandteppich vor seinen Augen allmählich Gestalt annimmt. Von den Farben bis zum Design ist alles identisch mit dem Originalwerk des senegalesischen Künstlers Cheikh Diouf.
International anerkanntes Kunsthandwerk
Cisse ist Weber in der senegalesischen Manufaktur für dekorative Künste in Thiès, einem führenden Hersteller von hochwertigen Kunstgegenständen auf dem afrikanischen Kontinent. Die Kreationen des Unternehmens schmücken die Wände von Organisationen auf der ganzen Welt, vom UN-Hauptquartier in New York über die Afrikanische Union in Addis Abeba bis hin zu den Palästen zahlreicher Staatschefs.
Partnerschaften mit bekannten Namen
Coline Desportes, Forscherin am Nationalen Institut für Kunstgeschichte im Senegal, beobachtet ein "wiederauflebendes Interesse an Textilien und Wandteppichen" auf dem Kunstmarkt, das von lokalen Galerien mit internationalem Renommee angetrieben wird. Auch Modegiganten wie Chanel sind an Partnerschaften mit der senegalesischen Manufaktur interessiert.
"Eine neue Kunst für eine neue Nation"
1966, sechs Jahre nach der Unabhängigkeit Senegals von Frankreich, gründete der damalige Präsident Senghor die nationale Tapisserieproduktion in Thiès um "eine neue Kunst für eine neue Nation zu schaffen". Nach dem Ende seiner Amtszeit kürzte der Staat die Unterstützung, die Wandteppiche kamen aus der Mode und die Produktion fast zum Erliegen, bis die Aufträge in den 2000er Jahren wieder zunahmen.
Französische Technik trifft senegalesische Kultur
Die Kunst der Wandteppiche war damals noch wenig bekannt im Senegal. Zwei Jahre vor Beginn der Produktion wurden junge Weber nach Frankreich geschickt, um dort eine spezielle Ausbildung zu absolvieren. Die Kunstform stelle "die Symbiose von aus Frankreich importierten Techniken und traditioneller Kultur" dar, so Senghor damals.
Akribische Handarbeit
In den Webereien, die in den weiß und grün gestrichenen Gebäuden einer ehemaligen Kaserne untergebracht sind, können sich die Weber keine Fehler erlauben. Jeder von ihnen folgt akribisch den Papplinien auf seinem Webstuhl und verwendet Wolle aus Europa und Baumwolle aus Thiès, um seine Entwürfe nachzuzeichnen.
Höchste Konzentration beim Skizzieren
Ein Künstler entwirft eine Skizze für einen neuen Wandteppich in der senegalesischen Manufaktur für dekorative Künste. Von der ersten Skizze bis zum fertig gewebten Wandteppich können bis zu sechs Monate vergehen. Eine äußerst anspruchsvolle und zeitaufwändige Handarbeit.
Entstehung eines kulturellen Kraftzentrums
Die Weberei zieht Touristen und auch Filmteams aus aller Welt an. Bald werden vierzehn Zimmer für Besucher zur Verfügung stehen. Geschäftsführerin Aloyse Diouf plant auch, eine Künstlerresidenz einzurichten. "Wir wollen die Manufaktur in ein kulturelles Kraftzentrum verwandeln, ein Bindeglied zwischen Kunst und Tourismus."
Einzigartiges Handwerk hat seinen Preis
"Wir wollen erreichen, dass sich die Senegalesen diese Kunstform zu eigen machen. Dazu laden wir Schulen ein, die Fabriken zu besuchen", sagt Geschäftsführerin Diouf. Der Betrieb stellt mittlerweile auch Gebetsteppiche, Batik und Keramiken her, die etwas erschwinglicher sind als die Wandteppiche, die umgerechnet rund 2400 US-Dollar pro Quadratmeter kosten.