Seehofer offen für Verbraucher-Sammelklagen
30. Juli 2017Angesichts des Diesel-Skandals ist CSU-Chef Horst Seehofer offen für die Einführung von Sammelklagen gegen die Industrie. Eine entsprechende Neuregelung müsse man "überlegen", sagte Seehofer im ZDF-Sommerinterview. "Ich bin da nicht abgeneigt."
Er signalisierte damit einen möglichen Kurswechsel mit Blick auf ein Gesetzesvorhaben von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Dessen Vorlage scheiterte bisher am Widerstand der Union. Der Entwurf sieht vor, dass Verbände - etwa Verbraucherschutzorganisationen - Klage gegen ein Unternehmen erheben können. Verbraucher könnten sich einfach anschließen, ohne selbst zu klagen.
"Sie zeigen keine Demut"
Seehofer sagte weiter, die Automobilindustrie erwecke den Eindruck, sie sei nicht transparent und zeige keine Demut. Wenn sich daran nichts ändere, müsse man härtere Maßnahmen erwägen. Die Vorwürfe um die Manipulation von Abgaswerten bei Dieselautos müssten zunächst aufgeklärt werden. Dann müsse man über Konsequenzen nachdenken. Dabei brachte Seehofer auch das Strafrecht ins Spiel.
Der CSU-Chef schlug damit in die Kerbe seines Parteikollegen Alexander Dobrindt. Der Bundesverkehrsminister hatte in einem Interview der Zeitung "Bild am Sonntag" erklärt, die Autoindustrie habe eine "verdammte Verantwortung, das Vertrauen wiederherzustellen und die begangenen Fehler zu beheben". Die Diesel-Krise sei für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu einer Belastung geworden.
"Kein gemütliches Kaffeekränzchen"
Am Mittwoch treffen sich unter Leitung des Verkehrs- und Umweltministeriums Vertreter der Autohersteller, Länder und Kommunen. Auf dem Diesel-Gipfel soll es unter anderem um Wege gehen, den Schadstoffausstoß der gesamten Euro-5 und Euro-6-Flotte der Dieselmotoren wirksam zu senken - und um die Frage, wer das bezahlt. Ein Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts hatte am Freitag Millionen Dieselfahrer - und potentielle Wähler - beunruhigt. Demnach müssen Besitzer älterer Dieselautos weiter mit Fahrverboten rechnen.
Wenige Monate vor der Bundestagswahl ist der Diesel-Gipfel für die Politik auch eine Gelegenheit, Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Und da will offenbar niemand hintanstehen. Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), die auf vielen Fotos von ihrem jüngsten VW-Besuch überaus freundlich wirkte, versucht angesichts starker Töne aus der CSU, nicht zu weich zu erscheinen. So stimmte sie die Industrievertreter für Mittwoch auf ein ungemütliches Treffen ein. Der Gipfel werde "kein gemütliches Kaffeekränzchen", sagte Hendricks.
jj/nin (dpa, afp, rtr)