Schöne neue Welt? Was künstlerische Dystopien über unsere Zukunft verraten
Der Kitzel des Grauens verkauft sich gut, gerade in Corona-Zeiten. Manch ein Literat, Künstler oder Filmemacher hat da düstere Zukunftsbilder gezeichnet.
Aldous Huxley: "Schöne neue Welt" (1932)
Anders als Utopien beschreiben Dystopien die Zukunft eher bedrohlich. Als Begleiterscheinung der Industriellen Revolution im 19. Jahrhundert wenden sie sich gegen die Technik- und Fortschrittsgläubigkeit jener Zeit. Wie Orwell mit "1984" schuf auch Aldous Huxley bereits 1932 mit "Brave New World" ("Schöne Neue Welt") eine Dystopie, die bis heute für die Schrecken totalitärer Herrschaft steht.
George Orwell: "1984" (1949)
Mit seinem Roman "1984", den er nach Kriegsende schrieb, schuf George Orwell (1903-1950) das visionäre Bild eines totalitären Überwachungsstaates, aus dem es kein Entrinnen gibt. Dabei konnte der englische Schriftsteller und Journalist nicht ahnen, welche Kontrollmöglichkeiten das Internet mal bieten würde. Unser Bild zeigt John Hurt in der Verfilmung von "1984" (GB), die 1984 in die Kinos kam.
H.G. Wells: "Zeitmaschine" (1895)
Herbert George Wells (1866-1946) war ein Pionier der Science-Fiction-Literatur. Mit seinem Roman "Die Zeitmaschine" aus dem Jahr 1895 hielt der britische Schriftsteller der viktorianischen Gesellschaft den Spiegel vor. Seinen Protagonisten (im Bild Rod Taylor in der Verfilmung "The Time Machine", USA/1959) lässt er mithilfe einer geheimen Erfindung in eine ungewisse Zukunft reisen.
Stanislaw Lem: "Der Futurologische Kongreß" (1971)
Atemberaubend, wie visionär der Pole Stanislaw Lem, geboren 1921 im heutigen Lemberg, technische Umwälzungen des 21. Jahrhunderts vorhergesehen hat. In Erzählungen und Romanen wie "Der Futurologische Kongreß", "Also sprach Golem" oder "Solaris" verhandelte er zentrale philosophische und ethische Fragen. Wohin führt die totale Automatisierung? Allzu optimistisch fiel seine Prognose nicht aus.
Ray Bradbury: "Fahrenheit 451" (1953)
Fahrenheit 451 ist die Temperatur, ab der sich Papier angeblich selbst entzündet. So nannte Ray Bradbury auch seinen Roman über ein Land, in dem es verboten ist, Bücher zu besitzen oder gar zu lesen. Freies Denken gilt darin als gefährlich und antisozial. In der Verfilmung von Regisseur Francois Truffaut (F/1966) steht die "Feuer-Wehr" parat, um das Übel mit Flammenwerfern auszulöschen.
Fritz Lang: "Metropolis" (1927)
Fritz Langs Stummfilm "Metropolis" von 1927 spielt in einer fiktiven Großstadt. Die Menschheit ist in zwei Klassen gespalten. Während die eine im Luxus schwelgt, schuftet die andere an riesigen Maschinen in der Unterwelt. Langs filmisches Opus fiel bei der Kritik durch. Heute gilt der Film des Regisseurs als Meisterwerk und dystopische Pioniertat. Kernfrage: Wohin führen technische Neuerungen?
Franz Kafka: "Der Process" (posthum 1925)
Das Werk Franz Kafkas (1883-1924) entzieht sich eindeutigen Interpretationen. Doch werden die Texte des Sprachpuristen, der gebürtiger Böhme deutscher Sprache war, häufig als dystopische Antworten auf eine entfremdende Bürokratie der Moderne gelesen. Das gilt zumal für seinen berühmten Roman "Der Process" von 1915. Sachzusammenhänge wie Kafka zu schildern, trägt heute den Beinamen "kafkaesk".
Margaret Atwood: "Der Report der Magd" (1985)
Diese ältere Dame, Jg. 1939, hat das literarische Genre der Dystopien ins Streaming-Zeitalter befördert: Die Kanadierin Margaret Atwood verheißt in ihren Romanen "Der Report der Magd" und "Zeuginnen" den Sieg des religiösen Fundamentalismus in einem Amerika nach der Klima-Apokalypse. Eine erfolgreiche TV-Adaption flimmert seit 2017 unter dem Titel "The Handmaid’s Tale" über die Bildschirme.
Thomas Morus: "Utopia" (1516)
Wo ist das Land, das seine Menschen glücklich macht und wohl versorgt? Thomas Morus (1478-1535) lebte im England des 16. Jahrhunderts, der Zeit der Renaissance und der Reformation und der Entdeckung der Neuen Welt. In Morus' Buch erzählt ein Seefahrer von einem Idealstaat, debattiert über Privateigentum und soziale Gleichheit. "Utopia" hat der Literaturgattung Utopischer Roman den Namen gegeben.