Schöne neue Welt? Vom Leben mit Robotern
21. Januar 2019"Hi, AI" von Isa Willinger kommt am 7. März in die deutschen Kinos. DW-Autor Jochen Kürten sprach mit der Regisseurin im Januar beim Saarbrücker Filmfestival Max Ophüls Preis, wo "Hi, AI" Premiere feierte und als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde. Der Film ist auch im Rennen um den Deutschen Filmpreis. Darüber hinaus liegen mehrere Einladungen ausländischer Filmfestivals vor.
Deutsche Welle: Sie beschreiben in Ihrem Film ein paar Beispiele aus Japan, den USA und anderen Ländern. Nehmen Sie uns mal mit auf Ihre Reise zu den Robotern. Was genau stellen Sie uns in Ihrem Film vor? Beginnen wir mit Amerika...
Isa Willinger: In Amerika erlebt man, wie ein Mann eine Roboter-Frau (unser Bild oben, Anm. d. Red.) kennenlernt. Er holt sie an der Fabrik ab und verbringt dann mit ihr die erste Woche dieser "Beziehung". Er geht mit ihr auf eine Reise, einen Road-Trip durch die USA. Wir begleiten die beiden, sehen, wie sie sich kennenlernen und wie sie versuchen, eine Form von Beziehung miteinander zu finden.
Eine weitere Begegnung Mensch-Roboter schildern Sie in Japan…
In Japan sind wir bei einer Familie, die einen Roboter bekommt. Der wird vor allem für die Oma angeschafft, die immer sehr viel Zeit tagsüber allein verbringt. Auch da erleben wir den Anfang dieser Beziehung, wie der Roboter "Pepper" zu Hause ankommt. Wir beobachten - analog zur ersten Geschichte in den USA - die erste Woche dieser Beziehung zwischen der Oma und dem Roboter und deren Versuch, eine Art Freundschaft aufzubauen.
Was hat Sie grundsätzlich an Robotern und Künstlicher Intelligenz interessiert?
Ich habe vor drei Jahren angefangen an dem Thema zu arbeiten. Da war Künstliche Intelligenz in den Medien noch gar nicht so verbreitet, wie das jetzt der Fall ist. Ich hatte ursprünglich ein visuelles Interesse an Robotern, die mir wahnsinnig filmisch erschienen, weil die Art und Weise, wie sie sich bewegen, wie sie sprechen, mich sehr interessierten.
Da entstand die Idee, dass man verschiedene Roboter, die es auf der Welt heutzutage schon gibt, aufsucht, und die dann im Film so verdichtet, dass man das Gefühl bekommt, man wäre in einer Art Zukunftswelt, wo diese Roboter schon überall vor Ort sind.
Dann habe ich angefangen, mehr über diese Thematik zu lesen. Das ist ein riesiges Zukunftsthema, eine der ganz großen Fragen, vor denen wir in der Gesellschaft stehen. Da wurde der Reiz, sich damit zu beschäftigen und einen Film zu machen noch sehr viel größer. Dann hat es nicht lange gedauert und das Thema war stark in den Medien und hat eine große Wichtigkeit bekommen. Da war es schön, dass ich am Thema schon früher dran war und auch das Treatment schon geschrieben hatte und das auf den Tisch von Redaktionen und Filmförderern legen konnte. Das Timing war sehr gut.
Wie muss man sich das vorstellen? Steckt da schon eine Industrie dahinter oder handelt es sich eher um kleine Spezialfirmen, die Roboter entwickeln?
Das ist eine Riesen-Industrie, das ist das, wo man im Silicon Valley jetzt hinein investiert. Robotik ist dort die neue Zukunfts-Industrie. Die ganzen großen Technologie-Konzerne - Amazon, Apple, Microsoft - investieren da wahnsinnig viel Geld rein. Es gibt den bekannten Ausspruch von Marc Raibert von "Boston Dynamics" ("Boston Dynamics" ist ein US-Robotik-Unternehmen, das v.a. Laufroboter entwickelt; Marc Raibert hat es 1992 gegründet, Anm. d. Red.): "Roboter werden wichtiger werden als das Internet!" Genau in diese Richtung denken die Investoren auch. Das ist ein riesiger neuer Wirtschaftszweig, der da gerade entsteht.
…und die Möglichkeiten der Roboter sind ja auch vielfältig, das zeigen Sie in Ihrem Film eindrücklich. Was werden die Roboter in Zukunft alles machen?
Roboter werden in alle möglichen Bereiche eindringen. Es gibt schon jetzt Roboter in Küchen, in Warenhäusern. Da werden verstärkt humanoide Roboter eingesetzt. Auch am Fließband, da gibt es erste Realversuche, wo Roboter neben Menschen am Fließband arbeiten. Im Gegensatz zu Industrie-Robotern, die wir ja schon seit Jahrzehnten kennen, verfügen humanoide Roboter über flexible Gelenke, ähnlich den Menschen. Sie sind deshalb auch nicht so gefährlich für die Menschen, was die Verletzungsgefahr betrifft.
Dann werden sie natürlich im sozialen Bereich eingesetzt. In der Altenpflege ist das ein ganz großes Thema. Und dann gibt es eben auch diese spielerischen Companion-Roboter.
Was wir jetzt schon sehen, was schon eine relativ große Anwendung hat, sind diese Amazon-Echo und Google-Home-Sachen, wo zu Hause ein Lautsprecher steht, der auf Sprache reagiert. Dieser Lautsprecher wird sich wahrscheinlich auch irgendwann durch die Wohnung bewegen können - und, wenn man das möchte, auch ein Gesicht haben. Dann ist das eben ein humanoider Roboter, der all diese Funktionen erfüllt: die Verbindung mit dem Internet, ein bisschen Kommunikation, ein bisschen Small-Talk, ein bisschen Einsamkeit vertreiben, ein bisschen Spielerei.
Mussten Sie da auch nicht ein wenig frösteln bei dem Gedanken?
Das Frösteln hatte ich ganz am Anfang, als ich begann, mich mit dem Thema zu beschäftigen. Wie wahrscheinlich bei vielen von uns, war da so eine Mischung aus Faszination und Ängsten. Je mehr ich mich aber damit beschäftigt habe, desto mehr habe ich dieses Frösteln verloren. Der Blick auf die ganze Thematik wird dann sehr viel differenzierter. Man versteht, dass es auch sehr viele sinnvolle Anwendungen gibt.
Ich glaube, der Schlüssel-Gedanke ist eigentlich, dass so ein Roboter nicht einen Menschen ersetzt, sondern - zum Beispiel im Falle einer älteren Person - die vielen Stunden vorm Fernseher ersetzen kann. Die Oma macht dann mehr interaktive Sachen, spielt Spiele etc.. Da gibt es viele positive Anwendungen.