Schwimmende Felder in Bangladesch
Eine 200 Jahre alte Technik erlebt ein Revival: Immer mehr Menschen im Ganges-Delta bauen Gemüse auf Flößen an. So begegnen sie den Herausforderungen der stark ausgedehnten Hochwassersaison in Zeiten des Klimawandels.
Beete aus Wasserhyazinthen
Die schwimmenden Beete werden über den Belua-Fluss getrieben, gesteuert durch Seile und Menschenkraft. Um dem steigenden Wasserpegel und den länger andauernden Hochwasserperioden zu begegnen, setzen immer mehr Menschen auf die alte Technik: Aus den Stielen invasiver Wasserhyazinthen bauen sie Flöße, auf denen Gemüsesetzlinge sicher wachsen können.
Fester Boden ist Mangelware
Während der Monsunsaison ist trockenes Land Mangelware. Im Distrikt Pirojpur dauerte die Hochwassersaison früher fünf Monate, inzwischen sind es zehn Monate. Der steigende Wasserpegel bedroht die Ernte. Die Floßtechnik hilft so auch, die Nahrungsmittelsicherheit in dem niedrig liegenden Bangladesch zu sichern. Angebaut werden Gurken, Radieschen, Papayas, Tomaten und Kürbisse.
Kürbisse hängen von der Decke
Die länglichen Kürbisse bringt Mohammad Selim mit einem Seil vor dem Wasser in Sicherheit. Mostafa, ebenfalls Landwirt, berichtet der Agentur Reuters: "Mein Vater und meine Vorväter haben das schon so gemacht. Aber die Arbeit ist nicht so einfach. Also habe ich zunächst versucht, als Obstverkäufer zu arbeiten, aber ich habe mich verschuldet." Mit den Flößen hatte er Erfolg.
Die harte Arbeit der Bäuerinnen
Murshida Begum, ihre Tochter und ihre Nachbarinnen bereiten den Verkauf von Setzlingen vor. Für die Verpackung schneiden sie Blätter in feine Streifen. Die Arbeit ist hart, Murshida Begum berichtet von Juckreiz und wunden Stellen auf ihren Händen, die die Wasserhyazinthen verursachen.
Bündelweise Wassersalat
Im nächsten Arbeitsschritt wird Wassersalat mit den Streifen zu Kugeln gebunden. In den Jahren 2000 bis 2019 stand Bangladesch auf Platz 7 der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder, laut dem Climate Risk Index 2021 der Organisation Germanwatch. Mehr als ein Viertel der Bevölkerung Bangladeschs lebt in Küstenregionen. Auch Wirbelstürme und Küstenerosion bedrohen die Menschen.
Kugelige Setzlinge
Murshida Begum und ihr Ehemann Mohammad Ibrahim beladen ihr Boot mit den kugelförmigen Setzlingen, um sie zu ihren schwimmenden Floßfarmen zu transportieren. Sie nutzen die Setzlinge aber nicht nur für den eigenen Anbau, sie verkaufen sie auch.
Gehandelt wird an Bord
Mohammad Ibrahim bietet seine Setzlinge direkt von seinem Boot aus an. Laut Experten könnte Bangladesch in den kommenden zwei Jahrzehnten mehr als ein Zehntel seines Landes an den steigenden Meeresspiegel verlieren. Das tiefliegende südliche und südwestliche Ganges-Delta wird von hunderten Flüssen durchzogen - und reagiert besonders sensibel auf Änderungen im Wasserhaushalt.
Schwimmender Markt
Zweimal in der Woche verkaufen die Händler ihr Gemüse, ihr Obst und ihre Setzlinge auf dem Markt in Pirojpur. Der Weg hierher ist mühselig - es dauert zwei Monate, ein Floß zu bauen und es muss nach drei bis vier Monaten bereits ersetzt werden. Aber der Ertrag belohnt die Mühe.
Kinder mögen Markttage
Ratul Islam und seine Freunde spielen vor einem Geschäft in der Nähe des Markts. Der Landwirtschaftsbeauftragte Digbijoy Hazra berichtet, dass die Anzahl der Farmer, die auf die Floßtechnik setzen, von 4500 vor fünf Jahren auf heute 6000 angewachsen ist. In Nazirpur ist die so bewirtschaftete Fläche in der Zeit von 80 auf 120 Hektar gestiegen.
Erinnerung und Gegenwart
Mohammad Ibrahim berichtet: "Ich kann mich noch erinnern, wie ich Fußball auf dem Land gespielt habe, das jetzt auch bei normaler Strömung unter Wasser steht." Und die 30-jährige Kajol Begum sagt: "Die Arbeit ist so hart und schmerzhaft. Aber was soll ich tun, wenn die meiste Zeit überall Wasser ist?"