CDU und CSU auf Versöhnungskurs
5. Februar 2017So viel Versöhnliches kam schon lange nicht mehr vom Vorsitzenden der CSU und bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer: "Wir haben großes Interesse an einer starken Kanzlerin. Angela Merkel repräsentiert Deutschland nicht nur erstklassig, sondern führt auch auf internationaler Ebene", sagte Seehofer (Artikelbild oben) kürzlich in einem Zeitungsinterview.
Der Zank zwischen den Schwesterparteien - vergessen und vergeben? Friedliche Signale aus Bayern - das war lange nicht mehr so. Die letzten Monate waren geprägt von Streit, Demütigungen, Verletzungen, dem Zank über eine Obergrenze für Flüchtlinge.
Nun sagt der CSU-Parteivorsitzende: "Die Union ist eine politische Familie." Das stimmte zwar auch in den langen Zeiten des politischen Streits, gesagt hat das aber lange keiner mehr. Die Kanzlerin wird sich freuen. Nach dem Treffen am 5. und 6. Februar soll sie offiziell auch von der kleinen bayerischen Schwesterpartei als gemeinsame Kanzlerkandidatin gekürt werden. Lange Zeit stand in Frage, ob dieses Treffen der gemeinsamen Führungsspitze beider Parteien überhaupt stattfindet.
Streitpunkt "Obergrenze"
Der Streit zwischen den Schwesterparteien hatte sich an der Flüchtlingspolitik Merkels entzündet. Als im Herbst 2015 sehr viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen und die Kanzlerin diese willkommen hieß, brodelte es schon in Bayern. Die allermeisten der Hilfesuchenden kamen nämlich über die sogenannte Balkanroute. Und die endete an der deutschen Grenze - meistens in Bayern. Die Behörden in dem Bundesland, das schon seit 60 Jahren durchgehend von einem CSU-Ministerpräsidenten regiert wird, waren zunächst vollkommen überfordert. Ministerpräsident Seehofer hatte die Willkommensbotschaft von Kanzlerin Merkel an die Flüchtlinge von Anfang an harsch kritisiert.
Seehofer ließ den Streit eskalieren. Der zentrale Begriff: Obergrenze. Seine Forderung: Nicht mehr als 200.000 Flüchtlinge pro Jahr! Da konnte und wollte Merkel nicht mitmachen. Immer wieder machte Seehofer seine Position auch gegenüber der Kanzlerin und CDU-Vorsitzenden deutlich - mit deftigen Worten, gewagten Parolen und eindeutigen Gesten.
Der Streit kulminierte, als Seehofer beim CSU-Parteitag 2015 die Kanzlerin öffentlich düpierte. Als Merkel - ohne Mikrofon - neben dem Redner Horst Seehofer stand, ohrfeigte er sie verbal so harsch für ihre Flüchtlingspolitik, dass lange Funkstille zwischen den beiden Parteivorsitzenden herrschte. Der Eklat war da. Merkel brach darauf mit einer langen Tradition und besuchte nicht den Parteitag der CSU. So wie Seehofer dann auch nicht zum CDU-Treffen fuhr.
Das Motto nun: Gemeinsam für Merkel
Doch offenbar hat sich die bayerische Partei - und vor allem ihr Chef - nun eines Besseren besonnen. Die Einsicht hat ganz pragmatisch-politische Gründe: Die Christlich Soziale Union ist bundesweit nur in Bayern wählbar. Dort kann man nicht die CDU wählen. Ebenso ist die CSU in keinem der anderen Bundesländer als Partei wählbar. Die Schwesterparteien sind also auf Gedeih und Verderb eng miteinander verbunden, wollen sie bei den anstehenden Bundestagswahlen am 24. September die kommende Bundesregierung leiten.
Es gibt weitere Gründe: Seit Kurzem ist klar, dass der Kanzlerkandidat der SPD Martin Schulz sein wird. Die Union nimmt den Herausforderer und die Herausforderung ernst, denn schon jetzt sind die Umfragewerte für die SPD in die Höhe gegangen. Horst Seehofer sagt dazu: "Der Wahlkampf wird für die Union damit noch ein bisschen anspruchsvoller." Hinzu kommt, dass der Streit mit der Merkel-CDU Seehofer in seinem Bundesland politisch kaum etwas gebracht hat. Die Christsozialen stehen in Bayern derzeit nämlich bei 45 Prozent. Bei den Landtagswahlen 2013 waren es noch fast 48 Prozent.
Seehofer lässt das Sticheln nicht
Doch Horst Seehofer wäre nicht Horst Seehofer, wenn er nicht doch ein bisschen sticheln würde. In den kommenden Wochen, so der Parteichef, werde die CSU ihr eigenes Programm für die Bundestagswahlen erarbeiten; den sogenannten "Bayernplan". Und da werde dann auch wieder der Begriff der Obergrenze drinstehen, beschwört Seehofer.
Wie verbindlich diese Formulierung dann aber sein wird, ist noch völlig unklar. Außerdem: Auch schon im Wahlkampfjahr 2013 hatten die Christsozialen ihren eigenen "Bayernplan" formuliert und zogen dann doch brav an der Seite der mächtigen CDU in die Bundesregierung ein.