Schwere Kämpfe erschüttern Libyens Hauptstadt
27. August 2022Die Kämpfe hatten am Freitagabend begonnen und breiteten sich am Samstag auf weitere Stadtviertel aus. Mehrere Krankenhäuser wurden beschossen, Krankenwagen konnten laut Gesundheitsministerium nicht in die umkämpften Stadtteile vordringen.
Keine Ruhe nach dem Sturz von Gaddafi
Seit dem Sturz und dem gewaltsamen Tod des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 wird Libyen von Gewalt und Machtkämpfen erschüttert. Seit März kämpfen zwei rivalisierende Regierungen um die Macht, im Mai kam es dabei nach einem gescheiterten Putschversuch in Tripolis erstmals zu schweren Kämpfen.
Auslöser war der Versuch des vom Parlament in Tobruk ernannten Ministerpräsidenten Fathi Baschagha, die international anerkannte Übergangsregierung unter Ministerpräsident Abdelhamid Dbeibah aus Tripolis zu vertreiben. Hintergrund des Machtkampfes: Ursprünglich sollten in Libyen in Dezember 2021 Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattfinden. Sie wurden jedoch auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Parlament in Tobruk berief daraufhin im Februar Ex-Innenminister Baschagha an die Spitze einer Übergangsregierung, um den seit Anfang 2021 amtierenden Regierungschef Dbeibah abzulösen. Dieser will die Macht jedoch nur an eine vom Volk gewählte Regierung abtreten.
Die eine Seite beschuldigt die andere
Für die neuerlichen Kämpfe machten sich beide Seiten gegenseitig verantwortlich. Dbeibahs Regierung in Tripolis warf Baschagha vor, "im letzten Moment" aus Verhandlungen über Wahlen ausgestiegen zu sein. Kurz darauf hätten die Kämpfe begonnen. Baschagha bestritt, dass es diese Gespräche überhaupt gegeben habe und warf seinem Gegner vor, sich "an die Macht zu klammern".
Die jüngsten Kämpfe vertiefen die Sorge, dass sich die politische Krise zu einem größeren Konflikt auswachsen könnte. Die UN-Mission in Libyen rief zur "sofortigen Einstellung der Feindseligkeiten" auf, die US-Botschaft äußerte sich "sehr besorgt". Auch der Experte Emadeddin Badi von der US-Denkfabrik Atlantic Council warnte vor einer Eskalation. "Kriege in den Städten" mit ihren Verheerungen für die Menschen und die zivile Infrastruktur hätten ihre "eigene Logik", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
haz/wa (afp, rtr)