Schau: "Schwarze Moderne - Afrika und die Avantgarde"
In einer Ausstellung im Picasso-Museum in Münster treten zeitgenössische afrikanische und afroamerikanische Künstler in einen Dialog mit Künstlern der Klassischen Moderne.
Pablo Picasso: "Trois Figures sous un arbre" (1907)
Künstlerinnen und Künstler der Klassischen Moderne waren oft inspiriert von afrikanischen Masken und Skulpturen. Werke von Pablo Picasso und anderen Avantgardisten des 20. Jahrhunderts sind nun in der Ausstellung "Schwarze Moderne - Afrika und die Avantgarde" im Picasso-Museum in Münster zu sehen. Der Einfluss afrikanischer Kunststile auf die Moderne ist nur ein Themenbereich der Ausstellung.
Chéri Samba: "Quel avenir pour notre art" (1997)
Der Ansatz von Kurator Alexander Gaudes geht weiter: Er hält der westlichen Kunstszene den Spiegel vor, indem er zeigt, wie zeitgenössische afrikanische Künstlerinnen und Künstler auf die Klassiker der Moderne reagieren. Chéri Samba aus der Demokratischen Republik Kongo nimmt augenzwinkernd den Dialog mit Picasso auf. Beide Künstler laufen hier mit einem Bild unter dem Arm aus einem Museum.
Chéri Samba: "J'aime la couleur" (2003)
Der 1954 geborene Samba malt häufig Selbstporträts. Diesen stellt er dann seine "Samba-Signatur" zur Seite. Das sind Texte, die dem Betrachter die Interpretation erleichtern und Botschaften aussenden. Auf "Ich liebe die Farbe" ist sie nur winzig. Auf einem anderen Teil des Triptychons mit Picasso deutlicher und mutig: er hinterfragt darin die Kunstauswahl in westlichen Museen.
Maître Syms: "Ça c'est quoi?" (2000)
Kein Zufall: Dieses Gemälde von Maître Syms ähnelt jenen von Chéri Samba. Syms war Schüler und Mitarbeiter von Samba in dessen Atelier in Kinshasa. Die Bilder in Syms Malerei "Was ist das?" verweisen auf Picasso und den Kubismus. Ein schwarzes Paar steht rätselnd davor. Ein afrikanischer Blick auf die europäische Moderne, die sich oft auf afrikanische Kunst berief.
Man Ray: "Noire et Blanche" (1926)
Man Rays berühmte Schwarzweiß-Fotografie zeigt die Französin Kiki de Montparnasse neben einer Maske von der Elfenbeinküste. Sie erschien erstmals zusammen mit einem Artikel über "exotische Kulturen" in der "Vogue" und vereint, was Sigmund Freud und Henry Morton Stanley jeweils unter dem "dunklen Kontinent" verstanden: Der Psychologe Freud die Frau, der Forschungsreisende Stanley Afrika.
John Edmonds: "Tête de Femme" (2018)
Der US-amerikanische Fotograf John Edmonds möchte mit seinen Arbeiten einen Dialog provozieren. Dass er ihn in dieser Fotografie aus dem Jahr 2018 mit Man Rays fast 100 Jahre älteren Vorlage aufnimmt, lässt sich nicht bestreiten. Der 1989 geborene Edmonds stellt der weißen Kiki auf seiner Farbfotografie eine schwarze Person gegenüber.
John Edmonds: "Two Spirits" (2019)
Mit der Fotografie "Two Spirits", die ebenfalls eine Maske in Szene setzt, analysiert Edmonds die Beziehung von schwarzem menschlichem Subjekt und afrikanischem Kunstobjekt. Ein Objekt, das heute "Kunst aus kolonialem Kontext" heißt, wenn es vor der Unabhängigkeit des jeweiligen afrikanischen Landes etwa von Ethnologen erworben wurde. Einer der Sammler afrikanischer Kunstwerke war Picasso.
Holzskulptur Blolo Bian der Baulé, Elfenbeinküste
Picasso hat nachweislich Werke wie diese Holzskulptur vom Volk der Baulé gesammelt. Einige seiner Zeitgenossen wurden durch den Kunsthändler Paul Guillaume in den 1920er Jahren auf Baulé-Kunst aufmerksam und integrierten sie in ihre eigenen Werke - darunter Hannah Höch und Man Ray. In Münster sind 40 indigene Kunstwerke aus Zentral- und Westafrika zu sehen. Darunter auch die Kultfigur Blolo Bian.
"Schwarze Moderne - Afrika und die Avantgarde"
Alle in der Münsteraner Schau gezeigten avantgardistischen Künstlerinnen und Künstler sollen laut Museumsleiter Markus Müller "in der schöpferischen Auseinandersetzung mit indigener afrikanischer Kunst eine stilistische Frischzellenkur" vollzogen haben. Ihre Werke, einige indigene afrikanische Kunststücke und zeitgenössische Repliken, sind bis zum 1. Mai 2022 in Münster erfahrbar.