1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Schwache "Herbstoffensive" der AfD

Kay-Alexander Scholz, Berlin7. September 2015

Die angekündigte Herbstoffensive der AfD in Berlin fiel wenig stürmisch aus. Dabei bietet die Flüchtlingskrise eigentlich eine große Bühne für Rechtspopulisten. Neues Profil scheint die Partei nicht zu gewinnen.

https://p.dw.com/p/1GSJq
Frauke Petry Herbstoffensive AfD Berlin Deutschland
Bild: picture-alliance/dpa/Michael Kappeler

Was aus der Alternative für Deutschland (AfD) wird, ist eine der offenen Fragen in der Entwicklung der deutschen Parteienlandschaft. Die AfD gilt als deutsche Variante des europaweiten Rechtspopulismus, zu dem auch der Front National in Frankreich oder UKIP in Großbritannien gehören. Doch die deutsche Partei ist zerstritten. Im Frühsommer war Parteigründer Bernd Lucke gestürzt worden. Er gründete daraufhin mit Alfa eine eigene Partei, die derzeit versucht, eine bundesweite Basis aufzubauen. Im Ergebnis fiel die AfD in den Meinungsumfragen unter die Fünf-Prozent-Hürde, die bei Wahlen über den Parlamentseinzug entscheidet. Aus diesem Umfragetief kommt die AfD seitdem nicht wieder heraus. Und das, obwohl die europäische Flüchtlingskrise der AfD eigentlich Rückenwind geben könnte: Denn dieses Kernthema spitzen gerade populistische Parteien gerne zu.

AfD will sich "reaktivieren"

Für die erste Pressekonferenz nach der Parteispaltung hatte die neue AfD-Chefin Frauke Petry eine "Herbstoffensive" angekündigt. Doch die Pauken und Trompeten, die man damit verbindet, waren nicht zu hören. Immerhin: Eine landesweite Informationskampagne soll die Partei intern "reaktivieren". Eine vor der Sommerpause beworbene Unterschriftenaktion gegen die Griechenland-Politik soll verlängert werden. Der nächste Parteitag ist schon für November geplant.

Medial reaktivieren möchte sich die AfD mit einem Strategiepapier zur Asylpolitik, das in Berlin vorgestellt wurde. In dem Asylpapier steht ein halbes Dutzend Vorschläge, wie das "Asylchaos wieder unter Kontrolle zu bringen ist". Doch wirklich radikale oder aufsehenerregende Vorschläge sind es nicht.

Asylpolitik: Vorschläge ohne Alleinstellungsmerkmal

Die Hauptforderung, wieder Kontrollen an deutschen Grenzen einzuführen, steht auch in einem Positionspapier, das Innenpolitiker von CDU und CSU am Montag an die Presse gaben. Eine Ausweitung der Liste der "sicheren Herkunftsländer", ein anderer Vorschlag, wird bereits in der deutschen Politik diskutiert. Bundesinnenminister Thomas de Maiziere hatte sogar eine Art Automatismus vorgeschlagen für Staaten, deren Bürger in Deutschland in den meisten Fällen kein Asyl bekommen. Auch in Brüssel wird darüber gesprochen, so eine Liste vor allem auch auf afrikanische Staaten auszuweiten.

Über schnellere Asylverfahren wird auch schon gesprochen. Zwar geht die AfD mit dem Vorschlag eines "48-Stunden-Schnellverfahrens" weiter als bisher diskutierte Vorschläge. Doch es liegt derzeit am fehlenden Personal im Bundesamt für Migration, ohne das auch ein Schnellverfahren nicht funktionieren würde. Die Forderung, Sach- statt Geldleistungen zu gewähren, ist ein Ergebnis des Koalitionsausschusses vom Sonntag - also auch kein Alleinstellungsmerkmal der AfD. Der Vorschlag, die Kosten für Flüchtlingsunterkünfte vom deutschen EU-Beitrag abzuziehen, erscheint rechtlich schwer umsetzbar. Die AfD woll das Asylrecht ändern und ist für eine Diskussion über ein Einwanderungsgesetz. Doch das lehnen selbst viele in der Union ab, weil sie noch höhere Zahlen von Zuwanderern befürchten.

Frauke Petrys große Aufgabe: Wie weiter mit der AfD? (Foto: dpa)
Frauke Petrys große Aufgabe: Wie geht es weiter mit der AfD?Bild: picture-alliance/dpa/Michael Kappeler

Gleichzeitig gab es ein wenig scharfe Rhetorik vom dafür bekannten AfD-Vorsitzenden in Brandenburg, Alexander Gauland. Es gebe derzeit eine "Völkerwanderung". Aber Deutschland könne nicht eine Million Flüchtlinge integrieren, warnte Gauland und fragte: "Wie viele Flüchtlinge kann eine Gesellschaft verkraften?" Doch selbst diese Diskussion wird in Deutschland, wenngleich im Moment nicht allzu laut, auch von anderen Parteien geführt.

Schwieriger Spagat

Alles relativ moderate Töne, die die AfD anschlägt, wenig Zuspitzung: Das ist sicherlich auch deshalb so, weil die Parteiführung weiß, dass ein Rechtsschwenk weitere Stimmverluste bedeuten könnte. Andererseits ist die Flüchtlingskrise derzeit das große politische Thema und böte Raum für Profilierung. Doch das scheint der Parteiführung offenbar zu gefährlich. Auch Petry merkte man diese Unsicherheit an. Ihr Auftritt war nicht besonders überzeugend.

Interessanterweise tauchte auch der Thüringer AfD-Chef Bernd Höcke bei der Pressekonferenz auf, nahm aber nicht auf dem Podium Platz. Er ist für radikalere Worte bekannt - sagt momentan aber nichts. Am ehesten ließe sich Höcke in Richtung Front National einordnen. Die Vorsitzende der Partei, Marine Le Pen, sprach am Wochenende von einer "Überschwemmung durch Migranten und die fortgeschrittene Zersetzung der nationalen Identität" und billigte die Theorie vom "großen Bevölkerungsaustausch".