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Schulbuchkommission

Peter Hille21. Februar 2007

Reibereien zwischen Deutschland und Polen sind in der Öffentlichkeit immer noch an der Tagesordnung. Da kann ein unaufgeregter Blick in die Vergangenheit hilfreich sein.

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Schwarz-weiß Aufnahme: Vertriebene bei Ankunft in Deutschland
Deutsch-polnische Geschichte: Vertriebene aus Polen bei ihrer Ankunft in DeutschlandBild: dpa

Es hat schon sehr viel schwierigere Phasen in den deutsch-polnischen Beziehungen gegeben, etwa zurzeit des Kalten Krieges, als die beiden Länder nur ganz langsam zur Entspannung fanden. Richtungsweisend war damals eine Gruppe von Historikern, die zunächst nur Schulbücher reformieren wollte und damit entscheidend zur Aussöhnung beitrug. Zum 35. Jubiläum dieser deutsch-polnischen Schulbuchkommission erinnert nun eine Ausstellung in Berlin an ihre Arbeit.

Gleich am Anfang der Ausstellung ist ein Fernsehbeitrag aus dem Jahr 1971 zu sehen. Deutsche Schüler lesen aus ihren Geschichtsbüchern vor: "Alles, was bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Schlesien geschaffen wurde, beruht auf deutscher Arbeit. Ordensritter waren einst in das dünn besiedelte Land gezogen, um das Christentum und die deutsche Kultur zu verbreiten." Polnische Historiker beklagten sich damals über diese Aussagen, da sie die neue polnische Westgrenze in Frage stellten.

Eine gemeinsame Kommission von Wissenschaftlern aus Deutschland und Polen sollte daraufhin die Schulbücher beider Länder überprüfen und verbessern. 1972 fand das erste Treffen in Warschau statt. Wladyslaw Markiewicz war damals Vorsitzender der polnischen Delegation: "Wir haben uns sofort gut verstanden. Und das war für uns eine unglaublich große Überraschung."

Streit zwischen polnischen und deutschen Historikern

Auf der ersten Sitzung sei beschlossen worden auf Deutsch zu sprechen, was die Arbeit erleichtert habe. Markiewicz ist heute 87 Jahre alt. Zur Eröffnung der Ausstellung über die deutsch-polnische Schulbuchkommission ist er aus Warschau nach Berlin gekommen. Fotografien, Zeitungsausschnitte und natürlich Schulbücher erinnern an die Arbeit der Kommission und an ihre schwierigen Diskussionen. "Es gab strittige Fragen wie die deutsche Kolonialisierung in Polen im Mittelalter", erzählt Markiewicz. Das sei immer eine peinliche Frage zwischen den deutschen und den polnischen Historikern gewesen.

Veränderte Darstellung des Nationalsozialismus

Die Lösung der Kommission war salomonisch. Die Kolonialisierung durch deutsche Ordensritter sei beides, militärische Eroberung und kulturelle Bereicherung gewesen. 1976 stellte die Kommission ihre Empfehlungen erstmals öffentlich vor, die Geschichts- und Geographiebücher beider Länder wurden nach und nach daran angepasst. Besonders wichtig für die deutsche Seite: in polnischen Geschichtsbüchern wird seitdem auch der innerdeutsche Widerstand gegen die Nationalsozialisten erwähnt, nicht mehr alle Deutschen werden als willige Helfer der Nazis dargestellt.

Wichtiger Beitrag zur deutsch-polnischen Aussöhnung

Doch die Kommission hat mehr als nur Schulbücher verändert, sagt Marek Prawda, Polens Botschafter in Berlin: "Die Schulbuchkommission steht für eine Phase, wo wirklich ein Dialog zwischen Deutschland und Polen stattfinden konnte. Bis dahin bestand der Dialog aus zwei Monologen." Die Schulbuchkommission sei sozusagen symptomatisch für diesen Perspektivwechsel geworden - und für die Fähigkeit, "die Sicht der anderen auch zu übernehmen und damit die Grundlage zu schaffen für eine sachliche politische Debatte, die Schritt für Schritt frei von ideologischen Zwängen wurde."

So habe die Schulbuchkommission den Prozess der Aussöhnung zwischen Deutschland und Polen angestoßen. Angesichts der aktuellen Spannungen zwischen den Nachbarn solle man sich wieder auf deren Arbeit besinnen, so der Botschafter. Nur ein offenes Gespräch bringe schließlich Verständigung. Die Geschichtsbücher seien mittlerweile frei von verzerrten Bildern des Nachbarn, sagt Wladyslaw Markiewicz. Sein Lebenswerk sei damit abgeschlossen. Nur die Darstellung polnischer Bauern in deutschen Geographiebüchern sehe er nicht so gerne. Denn die würden häufig immer noch mit einem Pferdefuhrwerk dargestellt, statt mit dem mittlerweile üblichen Diesel-Traktor.