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Schrottplatz Bundeswehr

Nina Werkhäuser24. September 2014

Von Afghanistan bis Afrika ist die Bundeswehr im Einsatz - und fährt dabei auf Verschleiß. Vor allem Transportflugzeuge und Hubschrauber sind mehr in der Werkstatt als in der Luft.

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Ein Bundeswehr-Helm hängt im Innenraum einer Transall (Foto: DW)
Bild: DW/S. Blanchard

Eingestiegen wird über die Laderampe, dann heißt es Platz nehmen auf olivgrünem Segeltuch zwischen Containern und militärischem Gerät. Jetzt laufen die beiden Propeller mit Getöse warm, ihre Vibration erfasst den gesamten Innenraum der C-160 Transall, die wie ein Dinosaurier der Fluggeschichte wirkt. Schließlich ist sie älter als die meisten Soldaten, die mit ihr fliegen - 1963 ging die Maschine, gemeinsam entwickelt von der deutsch-französischen Transporter-Allianz (Transall), zum ersten Mal in die Luft.

Damals ahnten die Konstrukteure nicht, dass die Transall ein halbes Jahrhundert später immer noch im Einsatz sein würde. Zumindest dann, wenn das in die Jahre gekommene "Arbeitspferd" gerade nicht lahmt. Es kommt häufiger vor, dass Offiziere der Luftwaffe hektisch in eine Lufthansa-Maschine umsteigen müssen, weil ihre Transall ausgefallen ist. Eine defekte Transall verzögerte auch den Flug deutscher Militärausbilder in die Kurdengebiete im Nordirak: Wegen der Panne mussten die Soldaten eine andere Maschine nehmen, für die zunächst keine Einfluggenehmigung in den Irak vorlag.

Anspruch und Wirklichkeit

Laut Medienberichten sind nur noch 20-25 der 57 Transall-Maschinen voll einsatzbereit. Das Material ist ermüdet, die Technik trotz etlicher Nachrüstungen veraltet und anfällig. Einige Ersatzteile sind nur durch das Ausschlachten kaputter Maschinen zu bekommen. "Nach wie vor belasten nicht ausreichende Lufttransportkapazitäten die Verlegung der Soldaten in den Einsatz", schrieb der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus, in seinem Jahresbericht 2013.

Drei Soldaten und eine Transall-Maschine auf dem Nato-Flugplatz in Hohn (Foto: dpa)
Im Dauer-Einsatz: Die C-160 TransallBild: picture-alliance/dpa/D. Reinhardt

Auch jenseits des Transports der eigenen Truppen bietet die Bundesregierung die Transall häufig für den Transport von Material in internationalen Missionen an, etwa bei der Luftbrücke für die Ebola-Gebiete. Die betagten Maschinen heben aber nicht immer zuverlässig ab und fliegen vollbeladen überdies nur 1200 Kilometer weit. Für weitere Einsätze auf anderen Kontinenten ist Deutschland also nur bedingt gerüstet.

Probleme auch bei den Hubschraubern

Doch nicht nur die Transall ist betroffen, sondern fast die gesamte Palette militärischen Fluggeräts. Die Transporthubschrauber NH90 und der Marinehubschrauber "Sea King" sind mehr in der Werkstatt als in der Luft. Beim Marinehubschrauber "Sea Lynx"' wurden unlängst Risse im Heck festgestellt, weshalb er zurzeit nicht in der Anti-Piraterie-Mission "Atalanta" zum Einsatz kommt.

Soldaten reparieren einen Hubschrauber, (Foto: dpa)
Immer wieder reparieren Soldaten defekte HubschrauberBild: picture-alliance/dpa/Carsten Rehder

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) spricht von einer "Umbruchphase" bei den Luftfahrzeugen und "Engpässen" aufgrund der Reparaturen. Dessen ungeachtet könne die Bundeswehr aber alle Einsätze zuverlässig bestreiten. "Die Bundeswehr beweist täglich in den weltweit 17 Auslandseinsätzen, dass sie hoch leistungsfähig ist", kommentierte die Ministerin den Zustand des Materials. Ob das veraltete Gerät allerdings massenhaft hochqualifizierte junge Menschen zur Bundeswehr lockt, wie von der Leyen hofft, bezweifeln Fachpolitiker im Bundestag.

Dort klingeln nicht nur angesichts der Mangelverwaltung die Alarmglocken, sondern auch wegen der fehlenden Transparenz des Ministeriums. Sie habe erst mit dreimonatiger Verspätung von den Mängeln beim "Sea Lynx" erfahren, beklagte Agnieszka Brugger, die für die Grünen im Verteidigungsausschuss sitzt. Seit dem Desaster mit der Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" pocht das Parlament mehr als zuvor auf zeitnahe Aufklärung, wenn Waffensysteme ausfallen oder teure Rüstungsprojekte ins Stocken geraten.

Jahrelanges Warten

Es war nicht geplant, dass die Transall heute noch im Einsatz ist. Doch ihr Nachfolger, der Airbus A400M, lässt auf sich warten. Mehrere europäische Nationen haben den Transporter gemeinsam entwickeln lassen, 53 Stück hat die Bundeswehr bestellt. Die viermotorige Turboprop-Maschine übertrifft die Transall an Reichweite und Nutzlast um rund das Doppelte. Doch die Auslieferung des A400M verzögert sich seit Jahren wegen technischer Probleme und Streitigkeiten über Kosten und Ausstattung.

Im November soll die Bundeswehr den ersten A400M bekommen. Das Verteidigungsministerium ist skeptisch, dass das Transportflugzeug die gewünschten Anforderungen erfüllen wird. "Wir werden es auseinandernehmen, werden es wieder zusammensetzen, werden uns alles anschauen und die Fähigkeiten testen", sagte Jens Flosdorff, Sprecher von Ministerin von der Leyen. Erst danach werde die Bundesregierung entscheiden, ob sie die Flugzeuge tatsächlich abnimmt. Bis dahin stehen der "alten Dame" Transall ganz sicher noch einige Flugstunden bevor.

Verteidigungsministerin von der Leyen im Bundestag (Foto: dpa)
Wartet auf neues Fluggerät: Ursula von der LeyenBild: picture-alliance/dpa