Schon wieder eine Militärrevolte in Burkina Faso
1. Oktober 2022Im westafrikanischen Burkina Faso hat das Militär acht Monate nach dem letzten Staatsstreich erneut geputscht. Eine Gruppe von Militärs verlas am Freitagabend eine Erklärung im nationalen Fernsehen, wonach Übergangspräsident Paul-Henri Sandaogo Damiba von seinen Ämtern entbunden wurde. Als neuer Anführer der Militärregierung wurde Hauptmann Ibrahim Traoré benannt.
Die rebellierenden Militärs verhängten eine nächtliche Ausgangssperre und kündigen an, dass die Landesgrenzen umgehend geschlossen würden. Auch werde die Verfassung außer Kraft gesetzt. Zuvor waren Schüsse am Amtssitz des Übergangspräsidenten zu hören gewesen.
Als Begründung für die Entmachtung Damibas nannten die Rebellen "die kontinuierliche Verschlechterung der Sicherheitslage" im Land. Er hatte bis zum Abend noch mitteilen lassen, Verhandlungen mit seinen Waffenbrüdern zu führen. In einer von seinem Büro veröffentlichten Mitteilung ist zudem von einer "Verstimmung gewisser Teile des Militärs" die Rede. Zugleich rief Damiba die Bevölkerung zu Ruhe und Besonnenheit auf.
Seit dem frühen Freitagmorgen waren in der burkinischen Hauptstadt Ouagadougou Soldaten an zentralen Orten auf Posten gegangen. Außerdem versperrten sie den Zugang zum Präsidentenpalast.
Bei einer Demonstration am Freitagmittag kritisierten die Teilnehmer Damibas Zusammenarbeit mit Frankreich, schwenkten russische Fahnen und forderten laut Berichten lokaler Medien seinen Rücktritt. Das Auswärtige Amt aktualisierte seine Reise- und Sicherheitshinweise und warnte vor einer weiter angespannten Gesamtlage und möglichen kurzfristigen Verschlechterungen.
Zweiter Putsch binnen acht Monaten
Damiba war erst Ende Januar durch einen Putsch gegen den gewählten Präsidenten Roch Marc Christian Kaboré an die Macht gekommen. Er hatte angekündigt, die Sicherheit in dem seit Jahren von Angriffen durch Dschihadisten erschütterten Land zu seiner Priorität zu machen. Die von Damiba angeführte Militärregierung konnte die Lage allerdings nicht beruhigen. Vielmehr nahmen die dschihadistischen Angriffe in den vergangenen Monaten zu, vor allem im Norden des Landes. Im nördlichen Grenzgebiet zu Mali und Niger hatte es im September zwei schwere Anschläge auf Versorgungskonvois gegeben. Dutzende Soldaten und Zivilisten wurden getötet.
Ulf Laessing, Leiter des Regionalprogramms Sahel der Konrad Adenauer Stiftung, erklärte: "Dschihadisten, die ursprünglich aus dem Norden kamen, davor sogar noch aus Mali, haben sich jetzt im ganzen Land ausgebreitet." Außerhalb der zwei großen Städte des Landes sei die Situation eigentlich fast außer Kontrolle, sagte er der Deutschen Welle. Der Staat habe da wenig zu sagen.
Die politische und humanitäre Lage in dem Sahelstaat mit rund 21 Millionen Einwohnern ist seit Jahren instabil. Bewaffnete Gruppen, von denen einige der Terrorgruppe "Islamischer Staat" oder dem Terrornetzwerk Al-Kaida angehören, sind dort sowie in den Nachbarstaaten Mali und Niger aktiv. Auch lang anhaltende Dürren und Hungerkrisen machen dem trotz reicher Goldvorkommen verarmten Land zu schaffen.
kle/nob/rb (afp, dpa, rtre, epd, Deutsche Welle)