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"Ich bin am Tod Schleyers mitschuldig"

26. April 2013

Helmut Schmidt widersetzte sich 1977 als Kanzler dem Erpressungsversuch der RAF - wenig später wurde Hanns Martin Schleyer ermordet. Jetzt erfolgte die späte Versöhnung: Die Schleyer-Stiftung ehrte den Sozialdemokraten.

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Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt sitzt am 26.04.2013 in Stuttgart (Baden-Württemberg) bei der Hanns Martin Schleyer-Preis Verleihung in der ersten Reihe. (Foto:dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der Alt-Bundeskanzler nahm den Hanns-Martin-Schleyer-Preis nach eigenen Worten "tief berührt" entgegen. Schmidt wurde für "hervorragende Verdienste um die Festigung und Förderung der Grundlagen eines freiheitlichen Gemeinwesens" geehrt. Sein langjähriger politischer Wegbegleiter, Frankreichs ehemaliger Staatspräsident Valéry Giscard d'Estaing (87), würdigte den 94-Jährigen als "großen Kanzler". Neben dem Altkanzler wurde der ehemalige Nestlé-Chef Helmut Maucher ausgezeichnet.

Schmidt übernimmt Verantwortung

Der SPD-Politiker übernahm in Stuttgart erneut eine Mitverantwortung dafür, dass der damalige Arbeitgeberpräsident Schleyer 1977 von der Roten-Armee-Fraktion (RAF) nach der Entführung ermordet wurde. "Wohl aber ist mir sehr klar bewusst, dass ich - trotz aller redlichen Bemühungen - am Tode Hanns Martin Schleyers mitschuldig bin. Denn theoretisch hätten wir auf das Austauschangebot der RAF eingehen können", sagte Schmidt.

Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (l) und der ehemalige französische Präsident Valéry Giscard d'Estaing unterhalten sich am in Stuttgart (Baden-Württemberg) bei der Hanns Martin Schleyer-Preis Verleihung. (Foto:dpa)
Alt-Bundeskanzler Schmidt (l) und sein langjähriger politischer Wegbegleiter Giscard d'EstaingBild: picture-alliance/dpa

Schmidt hatte sich damals geweigert, Schleyer gegen gefangene RAF-Terroristen auszutauschen. Schleyers Witwe Waltrude warf dem Kanzler seinerzeit vor, das Leben ihres Mannes für die Staatsräson geopfert zu haben. Sie starb 2008. Umso größer erscheint die Geste von Schleyers Sohn Hanns Eberhard den Alt-Bundeskanzler selbst für den nach seinem Vater benannten Preis vorzuschlagen.

Eine späte Versöhnung

Es ist eine späte Versöhnung, mit der die Familie Schleyer ihren Frieden mit Helmut Schmidt macht. Dieser zeigte dann doch Emotionen: "Umso mehr möchte ich mich vor der heutigen Entscheidung der Familie Schleyer verbeugen. Es rührt mich heute zutiefst, dass die Familie Schleyer öffentlich ihren Respekt gegenüber meiner damaligen Haltung zum Ausdruck bringt."

Bundeskanzler und Außenminister Helmut Schmidt (SPD) spricht am 30.09.1982 in Bonn zu Vertretern des Diplomatischen Corps. (Foto: picture-alliance/Heinrich Sanden)
Bundeskanzler Schmidt widersetze sich 1977 dem Erpressungsversuch der RAFBild: picture-alliance/Heinrich Sanden

In der Begründung der Stiftung für die Auszeichnung heißt es: "Eine besondere Herausforderung für unseren Rechtsstaat wie auch für Bundeskanzler Helmut Schmidt war das Jahr 1977. Die Unausweichlichkeit entscheiden zu müssen, forderte besonders von ihm persönlich in kaum vorstellbarem Maße Abwägung, Gewissensprüfung und Mut."

Drei Erlebnisse

Schmidt bekannte, drei Erlebnisse hätten sein Leben bis in die Grundfesten erschüttert. "Zum einen der Tod meiner Frau. Zum anderen - viele Jahrzehnte davor - mein Besuch in Auschwitz. Und drittens die monatelange Kette von mörderischen Ereignissen, die mit Hanns Martin Schleyers Namen verbunden bleibt."

Mit dem Hanns-Martin-Schleyer-Preis zeichnet die Stiftung nach eigenen Angaben Menschen für hervorragende Verdienste um die Festigung und Förderung der Grundlagen eines freiheitlichen Gemeinwesens aus. Zu den Geehrten des früher mit 12 000 Euro verbundenen Preises zählen Altkanzler Helmut Kohl (2009) und der Historiker Golo Mann (1988). Der Preis wurde zum fünften Todestag von Hanns-Martin Schleyer gestiftet.

GD/haz (dpa, swr)