Nur eine Abstimmung im Norden?
7. Mai 2017Mehr als drei Prozentpunkte hat die SPD im Vergleich zur vorigen Wahl im nördlichsten Bundesland verloren. "Das ist heute ein bitterer Tag für die Sozialdemokratie, ein bitterer Tag für meine Regierung, ein bitterer Tag für mich", sagte Regierungschef Torsten Albig. Trotz der Niederlage könne er sich aber eine Regierungsbeteiligung in möglichen Koalitionen mit CDU, FDP oder den Grünen vorstellen. SPD-Landeschef Ralf Stegner, seines Zeichens auch stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei, sprach ebenfalls von einem bitteren Tag für die Sozialdemokraten. Stegner betonte aber, das Ergebnis spiegele nicht den Bundestrend wider.
Martin Schulz - enttäuscht, aber kämpferisch
Mit Spannung wurde vor allem die Reaktion von Martin Schulz, SPD-Kanzlerkandidat und seitdem großer Hoffnungsträger der Sozialdemokraten, erwartet. "Ich ärgere mich höllisch", sagte Schulz, "das ist etwas, was unter die Haut geht und was uns traurig macht." Der CDU-Kandidat Daniel Günther habe eine "beachtliche Aufholjagd hingelegt", sagte Schulz.
Gleichzeitig gab sich der SPD-Kanzlerkandidat kämpferisch. "Man verliert schon mal Etappen, aber es kommt am Ende auf den langen Atem für den Gesamtsieg an." Schulz rief seine Partei auf, sich nun auf die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am kommenden Sonntag zu konzentrieren. Es gehe darum, "den Zusammenhalt in diesem Land" zu bewahren.
CDU setzt auf Rückenwind für NRW
CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn konnte sich eine gewisse Gehässigkeit nicht verkneifen. "Der Schulz-Zug ist von 100 auf 0 in nur zwei Landtagswahlen", kommentierte Spahn das Ergebnis der Schleswig-Holstein-Wahl.In der nordrhein-westfälischen CDU blickt man vor allem nach vorne - auf die Landtagswahl dort am kommenden Sonntag - und ist zuversichtlich, mit dem Rückenwind aus Schleswig-Holstein ein gutes Ergebnis einzufahren. "Wir kämpfen um Platz 1", sagte NRW-CDU-Chef und Spitzenkandidat Armin Laschet. Man werde alles geben, damit der Wechsel auch in Nordrhein-Westfalen gelinge.
Grüne sehen sich als Regierungsmacher
Auch die Grünen, die als drittstärkste Kraft in den Kieler Landtag einziehen, hoffen auf Rückenwind für die NRW-Wahl und freuen sich über ihr fast unverändert gutes Abschneiden. Der Fokus des populären grünen Landesumweltministers Robert Habeck auf die zukunftsweisenden Themen Ökologie und Energiewende sei richtig gewesen. Es lohne sich, grün zu wählen, weil "wir Möglichkeiten für die Regierungsbildung eröffnen".
FDP zweistellig und offen für gelb-grün
Für die FDP ist der Wahlausgang im Norden ein Traumergebnis: Laut Hochrechnungen kommen die Liberalen um den wortgewaltigen Spitzenkandidaten Wolfgang Kubicki auf bis zu elf Prozent. Ein gewaltiger Schwung für die zwischenzeitlich totgesagte Partei für die noch anstehenden Urnengänge in NRW und im Bund. Auch FDP-Bundeschef Christian Lindner betont: Der Ausgang der Wahl im Norden sei "Motivation für uns über Schleswig-Holstein hinaus". Anders als in NRW schließen weder Lindner noch Kubicki ein Regierungsbündnis mit den Grünen in Schleswig-Holstein aus.
AfD erstmals im Kieler Landtag
Die AfD, die den Hochrechnungen zufolge knapp in den Landtag in Kiel hineingewählt wurde, rechnet bei der NRW- und bei der Bundestagswahl mit einem besseren Abschneiden als im Norden. Der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen wertete das gute Abschneiden der FDP in Schleswig-Holstein als ein "regionales Ereignis". Dem Wahlsieger CDU habe im Norden nicht nur der Neuheitswert seines Kandidaten Daniel Günther geholfen, sondern auch "die sehr krass linke Positionierung der schleswig-holsteinischen SPD".
cw/mak (dpa, afp, rtr)