Das Ende einer Laufbahn
24. Juli 2014In seinen letzten Tagen im Amt des israelischen Staatspräsidenten hatte Schimon Peres noch einmal richtig viel zu tun. Er musste nicht nur zahlreiche Staatsgäste begrüßen, die Israel in dieser Zeit der Krise besuchen - darunter auch der amerikanische Außenminister John Kerry. Vor allem musste er seinem Volk Mut zusprechen, die Familien der gefallenen Soldaten trösten und Verletzte im Krankenhaus besuchen.
Für den müde wirkenden 90-Jährigen waren dies sicher keine leichten Aufgaben zum Ende seiner Amtszeit. Dennoch kann es für ihn keinen Zweifel geben, dass der Krieg gegen die Hamas ein gerechter und notwendiger Krieg ist. Den Israelis aufgezwungen von einer Terrororganisation. Natürlich wolle er ein Ende der Kämpfe. "Doch es kann keinen Kompromiss mit dem Terror geben", sagt Peres. "Ein Waffenstillstand muss auf dieser Grundlage geschlossen werden: keine Raketen mehr und keinen Terror mehr."
Sieben Jahre lang hat Peres als Staatsoberhaupt gedient, respektiert von den Bürgern, aber nicht geliebt. Lange Zeit galt er in der israelischen Politik als der ewige Loser, der Politiker, der viele Funktionen erfüllte, aber dem es nie gelingen wollte, ein Amt durch Wahl zu erringen. Unvergessen sein Auftritt bei einem Parteitag seiner Arbeitspartei im Mai 1997 nach einer verlorenen Wahl. Damals rief Peres den Delegierten zu: "Bin ich etwa ein Loser?" Ein Ja, war die Antwort.
Kritik aus dem linken Lager
Erst im Jahr 2007 schaffte Peres es im zweiten Anlauf in das höchste Amt im Staate. Damals verließ ihn seine Ehefrau Sonya, nach 62 Jahren an seiner Seite. Sie hatte sich auf ein Leben im Ruhestand gefreut und wollte ihrem Mann nicht in das Haus des Präsidenten in Jerusalem folgen. Ein Haus, das auch Peres selbst, nach eigenen Worten, als goldenen Käfig empfand.
Peres galt als der eigentliche Architekt der Osloer Verträge mit den Palästinensern. Er wurde dafür, an der Seite von Ministerpräsident Jitzchak Rabin und PLO-Chef Jassir Arafat mit dem Friedensnobelpreis belohnt. Später trat er aus der Arbeitspartei aus und schloss sich seinem einstigen politischen Gegner, dem damaligen Ministerpräsidenten Ariel Scharon an. Bei der kleinen Gruppe der israelischen Linken ist er seither als Opportunist verschrien. Der Journalist Uri Avneri kennt Peres seit Jahrzehnten. Sie sind beide Jahrgang 1923. "Peres ist ein unernster Mensch", sagt Avneri. "Ein Mensch ohne wirklichen Inhalt, ohne Prinzipien oder Werte. Und so war er immer." Er könne nicht von der Macht lassen, so Avneris Vorwurf an Peres, der auch im Alter von fast 91 Jahren eine Rückkehr in die Politik für möglich hält.
Im Ausland verehrt
Das rechte Lager zeichnet dagegen ein anderes Bild: Peres sei ein verklärter Optimist, ein Träumer, der einen "neuen Nahen Osten" heraufbeschwören wolle, den es doch niemals geben könne. Peres lässt die Kritik unberührt. Er schaue nicht zurück, sagte er in einem ARD-Interview 2013. "Die Vergangenheit ist tot", sagte er damals. Es mache keinen Sinn sich damit auseinanderzusetzen. Er setze seine Energie lieber für das ein, was morgen kommt.
Peres reißt eine Lücke mit seinem Ausscheiden aus dem Amt für Israels Ansehen im Ausland. Wie kein anderer lebender israelischer Politiker genießt er dort Anerkennung und Verehrung. Im Juni war Peres auf Einladung von Papst Franziskus in Rom. Zusammen mit Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas betete er dort für den Frieden. Seine Worte in der ewigen Stadt könnten gut als Bilanz seines langen politischen Lebens gelten: "Freunde, ich war jung, jetzt bin ich alt. Ich habe den Krieg erlebt und vom Frieden gekostet", sagte er in Rom. "Niemals will ich die leidtragenden Familien vergessen, die Eltern und Kinder, die den Preis des Krieges zahlen. Und nie darf ich aufhören, um Frieden zu werben für die kommenden Generationen."
Er scheide nun aus dem aktiven Dienst aus, sagte Peres dieser Tage. Ab morgen stehe er seinem Land als Reservist zur Verfügung.