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Schicksal von Ordensschwestern unklar

Naomi Conrad, Berlin7. Dezember 2013

Nach der Eroberung der vorwiegend von Christen bewohnten syrischen Stadt Maalula wächst die Sorge um das Schicksal der dortigen Nonnen: Wurden sie von Islamisten verschleppt - oder gerettet?

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Damaskus Syrien Maalula
Bild: picture-alliance/akg-images/Hedda Eid

In Syrien verschwinden zwölf Nonnen - und schon ist im Bürgerkriegsland ein Propagandakampf um ihren Verbleib entfacht: Wurden sie, kurz nachdem die Rebellen die vorwiegend von Christen bewohnte Kleinstadt Maalula erobert hatten, von Kämpfern der islamistischen Al-Nusra-Brigade der Opposition verschleppt? Die regimetreue Zeitung Al-Watan berichtet, die Al-Nusra-Kämpfer würden sie als "menschlichen Schutzschild" benutzen. Ein Sprecher der libanesischen Hisbollah, die auf Seiten des Assad-Regimes kämpft, beschuldigte auf Nachfrage der DW explizit die Al-Kaida nahen Rebellen. Oder wurden die Ordensschwestern - so die Version der Regimegegner - angesichts der anhaltenden Kämpfe zu ihrem eigenen Schutz von der Opposition in Sicherheit gebracht?

"Wir haben bis jetzt keinerlei Lebenszeichen von den Schwestern erhalten", sagte der syrisch-orthodoxe Erzbischof von Homs und Hama, Selwanos Boutros Alnemeh am Donnerstag (05.12.2013) der Deutschen Welle. Angeblich würden sich die Schwestern, deren Verbleib seit Montag ungewiss ist, an einem sicheren Ort in der Ortschaft Jabrud, einem Vorort von Damaskus, aufhalten, "aber dafür haben wir bisher keine Bestätigung."

"Definitiv nicht gekidnappt"

Selwanos Boutros Alnemeh, der für Gespräche aus Syrien nach Berlin gereist war, appellierte an die internationale Gemeinschaft, alles zu tun, um die entführten Schwestern wieder freizubekommen. "Diese Entführung hat große Ängste bei den Christen in Syrien hervorgerufen." Das Kloster der heiligen Thekla, aus dem die Frauen verschleppt wurden, war bereits im September in Gefechte zwischen Regierungstruppen und Al-Nusra-Front verwickelt. Maalula liegt in den Bergen nördlich von Damaskus und war vor dem Bürgerkrieg ein beliebtes Touristenziel und aufgrund seiner Kirchen und Höhlenklöster ein wichtiger Pilgerort für Christen. Die überwiegend griechisch-katholischen Christen sprechen noch Aramäisch, die Sprache, die zur Zeit von Jesus Christus verbreitet war. Aufgrund der anhaltenden Gefechte sind mittlerweile fast alle Bewohner aus der Stadt geflohen.

Krieger in Syrien ARCHIVBILD von 04.04.2013 (Foto: Guillaume Briquet/AFP/Getty Images)
In Syrien sind Al-Kaida nahe Gruppen auf dem VormarschBild: Guillaume Briquet/AFP/Getty Images

Der syrische Erzbischof rief auch Deutschland auf, dabei zu helfen, dass nicht noch mehr Christen aus Syrien vertrieben werden: "Seit dem Beginn der Kämpfe in Syrien haben die Christen immer versucht, zwischen den Fronten zu vermitteln", so der Geistliche: "Die Christen wollen dieses Land nicht verlassen."

"Die Schwestern sind definitiv nicht gekidnappt worden", erklärte hingegen Sadiq Al-Mousslie. Das sei lediglich die Rhetorik des Regimes, die "der Vatikan bedauerlicherweise so übernommen hat", so das Mitglied des zur oppositionellen Nationalen Koalition gehörenden Syrischen Nationalrats in Deutschland. Das Regime versuche, durch gezielt gestreute Fehlinformationen den Eindruck zu erwecken, dass Christen besonders gefährdet seien. Damit solle die Opposition geschwächt und die Unterstützung aus dem Ausland unterlaufen werden.

Religiöse Minderheiten zwischen den Fronten

Menschenrechtsorganisationen warnen seit Monaten, dass bei den Kämpfen in Syrien religiöse Minderheiten zunehmend zwischen die Fronten geraten. Es komme immer wieder zu Gewalt, Misshandlungen und sogar Hinrichtungen in Dörfern und Städten, die von Minderheiten bewohnt sind, bestätigt Ruth Jüttner von Amnesty International. Die Nahost-Expertin betont allerdings, dass beide Seiten Kriegsverbrechen begehen würden und auch alawitische und sunnitische Minderheitendörfer betroffen seien.

Amnesty: Mehr Hilfe für syrische Flüchtlinge

Dass es "vereinzelte Angriffe durch kranke Menschen" auf Christen gegeben hat, will Sadiq Al-Mousslie nicht ausschließen. Dass es sich dabei aber um gezielte Angriffe der Opposition auf Christen gehandelt hätte, bestreitet er. Im Gegenteil: In seiner Version hätten die Kämpfer ihr Leben riskiert, um die Nonnen angesichts der anhaltenden Gefechte in Maalula in Sicherheit zu bringen: "Mehrere Kämpfer sind dabei verletzt worden." Er habe über Aktivisten vor Ort Kontakt zu einem Rebellenführer in der Region, der ihm versichert habe, dass die zwölf Ordensschwestern in Sicherheit seien. Man habe sie in Jabrud in Sicherheit gebracht. Genauere Angaben wolle Al-Mousslie allerdings nicht machen, um ihre Sicherheit nicht zu gefährden. Die Rebellen würden bald Verhandlungen mit den Vereinten Nationen aufnehmen, um die Nonnen möglichst bald außerhalb der umkämpften Gebiete zu bringen, so das Mitglied des Syrischen Nationalrats in Deutschland.

Die Versuche der DW, Kontakt zu den Nonnen aufzunehmen, um zu verifizieren, welche Version stimmt, blieben bislang erfolglos.

Am Freitagmittag (06.12.2013) meldeten die Nachrichtenagenturen dpa und KNA, ein Sprecher der Rebellengruppe "Ahrar-al-Kalamun-Brigade" verlange im Gegenzug für eine Freilassung der Ordensschwestern die Freilassung von 1000 Frauen aus syrischen Gefängnissen. Die Agenturen berufen sich dabei ihrerseits auf die libanesischen Zeitungen "Al-Sharq Al-Awsat" bzw. "Daily Star". Die Äbtissin des Klosters Mar Tikla habe über ein Satellitentelefon mit dem Vatikan telefoniert, um die Forderung der Entführer zu übermitteln.

Am Freitagabend strahlte der Sender Al-Dschasira hingegen ein Video aus, in dem die Nonnen ihre angebliche Entführung bestreiten. "Eine Gruppe hat uns hierhin gebracht und beschützt", sagt dort eine der Frauen. Unklar bleibt auf den Aufnahmen allerdings, von wem sie stammen, wo sie entstanden und ob die Nonnen ihre Aussage aus freien Stücken machen.