Schalke 04: Die Nerven liegen blank
22. September 2018Es war bewundernswert, welch starken Rückhalt die Fans des FC Schalke 04 ihrem Team gaben. Über die gesamte Spielzeit sangen sie, feuerten ihr Team an und warfen stimmlich so viel rein, dass manch einer der Zuschauer noch ein paar Tage brauchen dürfte, bis seine Stimme wieder gut zu verstehen sein wird. Genutzt hat das allerdings wenig. Beim 0:2 gegen den FC Bayern war das Team von Trainer Domenico Tedesco so chancenlos, wie man die Mannschaft schon lange nicht mehr gesehen hat.
Der FC Bayern war den Schalkern in allen Belangen überlegen. "In der ersten Hälfte hatten wir ein paar gute Balleroberungen, da hätten wir dann mehr draus machen können. In der zweiten Hälfte wurde es dann schwerer", sagte Schalkes Mittelfeldspieler Sebastian Rudy, der erneut unauffällig agierte. Die vierte Pleite in Folge ist damit perfekt. Und die Schalker sind noch tiefer in einen Abwärtsstrudel gerutscht.
Schlimmste Befürchtungen
Lediglich eine ernsthafte Torannäherung gelang den Königsblauen durch Franco Di Santo. Das war's. "Es gab nur eine Chance für die Schalker. Das spricht für uns", sagte Bayern-Trainer Niko Kovac. Für seinen Schalker Kollegen Tedesco dürften in dieser Partie die schlimmsten Befürchtungen wahr geworden sein. Nach einer Ecke brachte James Rodriguez die Münchner bereits nach acht Minuten per Kopfball in Führung. Es war bereits der dritte Kopfball-Gegentreffer nach einem Eckball in dieser noch jungen Spielzeit.
Und das bei drei hünenhaften Innenverteidigern wie Naldo, Salif Sané und Matija Nastasic, die eigentlich genau in dieser Disziplin ihre Paraderollen haben sollten. "Wir haben sehr viele Zweikampfspieler, sehr große Spieler bei uns drin. Wir kriegen zu viele Tore. Das müssen wir einfach besser machen“, sagte Schalke-Torwart und -Kapitän Ralf Fährmann, der schon ein wenig verzweifelt ob dieser neuerlichen Schwächen wirkte. Robert Lewandowski sorgte schließlich nach 64 Minuten per Elfmeter für die endgültige Entscheidung zugunsten der Bayern.
Trainer Tedesco versuchte auch nach der vierten Bundesliga-Niederlage noch, Optimismus zu versprühen. "Wir haben es mehr als ordentlich gemacht. Uns hat nur der letzte Punch gefehlt", sagte der 33-Jährige. "Wir haben in dieser Woche gegen Bayern und Porto gezeigt, dass wir auf diesem Niveau mithalten können." Er wirkte überzeugt von seinen Worten.
Di Santo schießt übers Ziel hinaus
Allerdings sind die Nerven bei den Schalkern bereits gereizter, als sie es sich wohl selbst eingestehen wollen. Franco Di Santo war zumindest alles andere als zufrieden, als er von Tedesco nach 65 Minuten ausgewechselt wurde. Der Offensivspieler schimpfte, gestikulierte und diskutierte mit dem Trainer und schien ihm zudem eine Beleidigung zugerufen zu haben. "Es war so laut, ich habe es ehrlich gesagt nicht genau verstanden", sagte Tedesco, fügte jedoch hinzu: "So etwas gibt es bei uns nicht. Wir sind eine saubere Mannschaft. Ich verlange Respekt untereinander."
Der Argentinier dürfte in den nächsten Tagen eine empfindliche Strafe von seinem Coach erhalten, der allerdings erst eine Nacht Bedenkzeit einforderte und noch ein Gespräch mit Di Santo führen wollte. Noch am Abend entschuldigte sich der Spieler via Twitter bei seinem Trainer, seinen Mitspielern und den Fans: "Ich sehe ein, dass ich mich falsch verhalten habe. Und es gibt nichts, um meinen Fehler zu rechtfertigen."
Alles andere als beruhigend dürfte der emotionale Ausbruch Di Santos sowohl für die Anhänger der Schalker, als auch für die direkt Beteiligten sein. In dieser angespannten Lage benötigen die Königsblauen dringend ein Erfolgserlebnis, damit die Stimmung nicht völlig kippt. Noch ist der Kredit nicht verspielt, den sich das Team in der vergangenen Saison mit viel Einsatz erkämpft hat. Doch die ersten internen Probleme kommen bereits an die Öffentlichkeit. Es bröckelt.
Am Dienstag muss der Ruhrgebietsklub beim SC Freiburg antreten. Der Blick auf die Tabelle sei derzeit nicht so entscheidend, sagte Neuzugang Rudy nach dem Spiel gegen seinen alten Verein, den FC Bayern. "Es zählt, dass wir uns Woche für Woche steigern und nochmal eine Schippe drauflegen". Wenn es doch nur so einfach wäre.