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Schafft Costa Rica den Umstieg aufs Fahrrad?

21. Mai 2019

Costa Rica bekommt 98 Prozent seines Stroms aus grünen Quellen, hat aber gleichzeitig einen der größten CO2-Fußabdrücke in Mittelamerika. Es sind schlicht zu viele Autos auf den Straßen. Das will das Land jetzt ändern.

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Erick Solis mit seinem Fahrrad in Costa Rica
Bild: DW/L. Louis

Costa Rica hat weltweit den Ruf eines grünen Ökoparadieses. Das Land beheimatet mehr als 500.000 Tier- und Pflanzenarten — Touristen haben hier die Chance, Tapire, Faultiere und Rotaugenlaubfrösche zu sehen. Man könnte Wochen damit verbringen, Costa Ricas 28 Nationalparks zu besuchen, die etwa ein Viertel der Fläche des Landes bedecken.

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Costa Rica ist auch ein Pionier bei erneuerbaren Energien und bekommt bereits 98% seines Stroms von Wasserkraft, Biomasse, Geothermie, Wind und Sonne.

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Trotzdem hat das Land den zweitgrößten CO2-Fußabdruck Mittelamerikas.

Das liegt an der großen Automobildichte — 231 Autos kommen auf 1000 Einwohner.

Verglichen mit den 561 Autos pro 1000 Menschen in Deutschland oder den 756 in den USA mag das nicht schlecht klingen — in Lateinamerika aber bedeutet das die dritthöchste Auto-pro-Kopf-Dichte nach Mexiko und Argentinien.

Costa Ricas Verkehr generiert stolze 60% der gesamten CO2-Emissionen des Landes.

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Die Hauptstadt San José erstickt im Verkehr. Nur wenige Kilometer im Auto zurückzulegen kann Stunden dauern. Das führt auch zu einer miserablen Luftqualität, die die Regierung für einen Anstieg einer Reihe von Krankheiten — darunter Augen- und Hauterkrankungen sowie Atemwegserkrankungen wie Asthma, Bronchitis und Lungenhochdruck — verantwortlich macht.

Costa-Ricaner aufs Fahrrad bekommen

Die Regierung will die Luft in Costa Rica verbessern und das Land bis 2050 klimaneutral machen. Menschen aufs Fahrrad zu bekommen ist eine Möglichkeit, um beide Ziele zu erreichen.

Autos im Stau in San José, Costa Rica
Viel Stau bedeutet, dass auch kürzere Strecken viel Zeit brauchen und die Emissionen steigenBild: DW/Lisa Louis

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Neue, kürzlich im Parlament verabschiedete Gesetze, die noch dieses Jahr in Kraft treten sollen, gewähren Unternehmen Steuervergünstigungen, wenn sie Fahrradständer aufstellen und Fahrräder für ihre Mitarbeiter kaufen. Auch Gemeinden sollen dazu bewogen werden, auf allen neuen Straßen Fahrradwege anzulegen.

Gleichzeitig wird Fahrradsicherheit zum nationalen Ziel erklärt. Die Regierung wird dazu auch eine nationale Informationskampagne starten, um das Bewusstsein für Fahrradfahrer unter Autofahrern zu erhöhen.

"Wir möchten die Vorstellung unseres Volkes von Verkehr grundlegend verändern", sagt Carolina Hidalgo Herrera, Kongresspräsidentin der regierenden Mitte-links-Bürgeraktionspartei (PAC).

"Privatautos waren bisher eines der Haupttransportmittel", sagt sie. "Wir haben in den vergangenen 30 Jahren immer weiter neue Straßen gebaut, anstatt das System neu zu durchdenken und es mehr an die Bedürfnisse von Fußgängern und Radfahrern anzupassen."

Das schäbige Image des Fahrrads aufpolieren

Herrera fährt seit Jahren mit dem Rad zur Arbeit. Sie sagt, eine der größten Herausforderungen sei das Image des Radfahrens.

"Als ich anfing, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren, fragten mich meine Kollegen, ob ich finanzielle Probleme hätte, ob das der Grund dafür sei, dass ich nicht mit dem Auto kommen könne", erinnert sie sich. "Fahrradfahrer haben immer noch das Image, sie seien arm."

Verkehrsstau in San Jose, Costa Rica
In diesem Verkehrsstau sind keine Fahrräder in Sicht — zumindest noch nicht Bild: Imago Images/IP3press/V. Isore

Deshalb will sie mithilfe von Fahrrad-Botschaftern das Image des Radfahrens verbessern. Menschen wie Erick Solís, der seit 15 Jahren überall mit dem Fahrrad hinfährt und Mitglied der Ciclistas Urbanos Costa Rica, den urbanen Fahrradfahrern von Costa Rica, ist.

"Wir haben zum ersten Mal echte Verbündete in der Regierung", sagt er gegenüber DW. "Und der internationale Druck steigt, unsere CO2-Emissionen zu reduzieren. Die Menschen haben endlich verstanden, dass wir wirklich dringend handeln müssen."

Aber Solís bleibt vorsichtig — zumindest fürs Erste.

"Es gibt viel Bürokratie und manchmal fehlenden politischen Willen in Costa Rica und es kann Jahre dauern, bis Pläne umgesetzt werden", sagt er. "Manche Gesetze, die in den 1990er Jahren beschlossen wurden, sind immer noch nicht in Kraft getreten."

Der Arten-Korridor

Über das Fahrrad hinaus

Aber selbst wenn die Regierung handeln sollte und Costa-Ricaner ihre Liebe für das Radeln entdecken sollten, wird das nicht ausreichen, um das CO2-Problem des Landes zu lösen, sagt Leonardo Merino. Merino beschäftigt sich mit dem Thema Verkehr für Estado de la Nación, einen jährlich erscheinenden unabhängigen Bericht über Costa Ricas Sozial-, Wirtschafts- und Umweltpolitik.

"Viele Costa-Ricaner wohnen zu weit weg vom Zentrum, um mit dem Fahrrad zur Arbeit zu kommen", sagt er und fügt hinzu, dass San José in den vergangenen 30 Jahren nicht in die Höhe, sondern in die Breite gewachsen ist. "Deshalb ist es wichtig, mehr Jobs in den Außenbezirken zu schaffen."

Für Menschen, die am Stadtrand leben, wären öffentliche Verkehrsmittel die einzige Alternative zum Privatwagen. "Nur ist das oft keine Alternative, denn die sind ineffizient und nicht sicher", erklärt Merino. "Plus, Busse und Bahnen gehören selbst zu den größten Luftverschmutzern des Landes."

Die Regierung gibt zu, dass auch sauberere und effizientere öffentliche Verkehrsmittel Teil der Strategie für CO2-Neutralität sein müssen, zum Beispiel in Form von mehr Elektrobussen.

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Aber das braucht Zeit. Die Buslinien werden von Privatunternehmen betrieben und die Bedingungen, unter denen sie operieren, werden nur alle sechs Jahre neu verhandelt.