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Schach-WM: Carlsen liegt zur Halbzeit vorne

Holger Hank
4. Dezember 2021

Titelverteidiger Magnus Carlsen kontrolliert nach einem spektakulären Sieg das Match gegen Herausforderer Jan Nepomniachtchi. Nach einer Remisserie zum Start hat die WM jetzt Fahrt aufgenommen.

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Alles unter Kontrolle: Weltmeister Magnus Carlsen führt mit 4:3Bild: FIDE - Eric Rosen

Es war die längste Partie in der WM-Geschichte: 136 Züge, sieben Stunden und 47 Minuten: "Irgendwann habe ich mir gedacht, ich sollte die Partie so lang wie möglich hinziehen", berichtete der siegreiche Weltmeister nach der Marathon-Partie in Runde sechs am Freitag. "Mein Ziel war, dass wir in der kritischen Phase so müde wir möglich sind. Das war eine gute Strategie", so der Weltmeister, der für seine mentale und körperliche Fitness bekannt ist. Nach diesem Schach-Krimi mit beiderseitiger Zeitnot war für beide Spieler dann in der siebten Runde erst einmal Durchatmen angesagt.

Herausforderer Jan Nepomniachtchi gelang es nicht, direkt zurückzuschlagen. Er musste ein viertes Remis mit den, einen leichten Vorteil versprechenden, weißen Steinen zulassen. Nach sieben von 14 Partien führt daher der norwegische Champion in Dubai zur Halbzeit mit 4:3 gegen den russischen Großmeister.

Gute Vorbereitung, wenig Fehler

Fest steht: Die Schach-WM 2021 ist nach einer Woche in Schwung gekommen. Dabei hatte es zunächst so ausgesehen, als würde auch dieses WM-Match wieder vor allem Unentschieden produzieren. Denn wie erwartet, haben die Spieler die ersten Runden vor allem dazu genutzt, die Vorbereitung ihrer Sekundanten-Teams aufs Brett zu bringen und auf Lücken in der gegnerischen Vorbereitung zu hoffen. Dabei konnte Carlsen seinen russischen Herausforderer zwar hin und wieder mit trickreichen Zügen überraschen. Doch sein Gegner hielt dem Druck stand und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen - bis er in Runde sechs schließlich doch noch vom Weltmeister spektakulär niedergerungen wurde.

Reykjavik Schach-EM | Vincent Keymer
Vincent Keymer: 17 Jahre und Deutschlands bester SchachspielerBild: Thorsteinn Magnusson/Reykjavik Open 2021

Dabei konnte auch in den ersten Partien von Langeweile gar nicht die Rede sein, findet zum Beispiel Vincent Keymer, der aktuell beste Schachspieler in Deutschland. "Was man von außen immer unterschätzt ist, wie unheimlich viel Arbeit in diesen Partien steckt", sagte der 17-Jährige der DW. Der Schüler aus der Nähe von Mainz hat in den vergangenen Wochen in der Weltrangliste einen großen Sprung nach vorne gemacht und verfolgt die WM zu Hause am Computer: "Hinter jedem Spieler steht ein großes Team, das dazu beiträgt, dass man überhaupt so gut spielt", weiß Keymer.

Kommt "Nepo" zurück ins Match?

Doch auch wenn die Unentschieden für Feinschmecker und Profis ihren Reiz haben: Dank des Halbzeit-Vorsprungs des Weltmeisters wird Herausforderer Nepomniachtchi (Spitzname: "Nepo") ab jetzt die riskanteren Zugfolgen aus seinem Variantenkoffer holen müssen. Der Russe benötigt einen Sieg, um in den verbleibenden sieben Runden wieder aufzuschließen und zumindest einen Stichkampf im Schnellschach erzwingen zu können.

Umgekehrt wird der routinierte Weltmeister Carlsen in den nächsten eineinhalb Wochen auf Konter lauern. Ein weiterer Sieg - und der Titel dürfte ihm nicht mehr abzujagen sein.

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"Nepo": Gut mitgehalten, aber einmal verloren.Bild: FIDE - Niki Riga

In Dubai ist also für Spannung gesorgt. Das freut nicht nur die Schach-Fans, sondern auch die Funktionäre des Weltschachbunds FIDE. Denn je mehr Spektakel die beiden Spitzenspieler auf ihrem Schachbrett in der schallisolierten Glaskabine auf dem Expo-Gelände produzieren, desto größer ist die Chance, Live-Schach als Zuschauersport zu etablieren.

In der Corona-Pandemie hat Schach vor allem in Internet viele neue Freunde gefunden. Die Liveübertragungen auf diversen Internet-Portalen locken inzwischen Runde für Runde Hunderttausende vor die Computer-Bildschirme. Sollte Nepomniachtchi in den nächsten Tagen noch einmal zu Dauerweltmeister Carlsen aufschließen, dürften es noch einmal deutlich mehr werden.