Saudis planen Mega-Megacity bis 2025
24. Oktober 2017Saudi-Arabien will mit einer grenzüberschreitenden Industrie- und Geschäftszone die Weichen für eine Zukunft jenseits der Ölförderung stellen. Sein Land stehe unter Druck, innovative Ideen in kurzer Zeit zu liefern, sagte Kronprinz Mohammed bin Salman auf einer Podiumsdiskussion in der Hauptstadt Riad.
Das sunnitische Königreich plant, 500 Milliarden Dollar - umgerechnet 425 Milliarden Euro - in den Bau einer futuristischen Megastadt namens Neom am Roten Meer zu investieren. Neom soll mit 26.500 Quadratkilometern größer werden als das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Das Budget ist etwa so hoch wie das Bruttoinlandsprodukt von Polen. Die erste Bauphase soll 2025 abgeschlossen sein.
Riesige Brücke übers Rote Meer
Ein Deutscher wird das Vorhaben leiten: der frühere Siemens-Chef Klaus Kleinfeld. Der 59-Jährige war im April als Chef des US-Metallkonzerns Arconic unter dem Druck des Hedgefonds Elliott zurückgetreten. Auf der Podiumsdiskussion sagte Kleinfeld, er denke bei dem Projekt weniger an eine Stadt, sondern an viele Dörfer und Gemeinschaften, die zusammen "einen Haufen Geld verdienen" könnten. Nach dieser Äußerung lächelte der Kronprinz ihn breit an.
Neom soll im Nordwesten des Landes - in direkter Nähe der immer wieder von Terrorangriffen erschütterten ägyptischen Sinai-Halbinsel - aufgebaut werden. Geplant ist auch eine riesige Brücke über das Rote Meer nach Ägypten. Im Nachbarland könnte allerdings Unmut aufkommen, weil das Gebiet der künftigen Stadt auf Plänen auch die Inseln Tiran und Sanafir umfasst, die zwischen beiden Staaten umstritten sind.
Die ägyptische Regierung hatte 2016 ein Abkommen mit den Saudis unterzeichnet, wonach die beiden unbewohnten Eilande unter Kontrolle der Golfmonarchie gestellt werden. Das hatte wütende Proteste in der Bevölkerung ausgelöst.
Liberale Zone?
Das Neom-Projekt ist Teil des großangelegten Wirtschaftsumbaus "Vision 2030", mit dem neue wirtschaftliche Felder erschlossen werden sollen - angesichts knapper werdender Rohstoffe und dauerhaft niedriger Ölpreise. Das Königshaus erhofft sich vor allem, ausländische Investoren an Land zu ziehen.
Für die Mega-Wirtschaftszone soll nach offiziellen Angaben ein "separater Ordnungsrahmen" gelten, losgelöst von den strengen Gesetzen Saudi-Arabiens. Aber auch hier signalisierte der reformorientierte Kronprinz eine vorsichtige Öffnung. Mohammed erklärte: "Wir gehen zu dem zurück, wie wir waren: dem moderaten Islam."
"Wir werden den Extremismus beenden"
Sein Land wolle für alle Religionen und für die Welt offen sein, sagte der Vertreter des wahabitischen Herrscherhauses und fügte hinzu, vor 1979, dem Jahr der Besetzung der Großen Moschee in Mekka, sei Saudi-Arabien anders gewesen. Er versprach: "Wir werden den Extremismus sehr bald beenden." Mohammeds Äußerungen wurden als bislang direktester Angriff eines Spitzenpolitikers auf die einflusreichen konservativen Religionsgelehrten des Landes gewertet.
Der Königssohn hatte nach seiner Ernennung zum Kronprinzen im Juni einen Modernisierungskurs angekündigt. Er gilt als treibende Kraft bei der Entscheidung von König Salman, das Fahrverbot für Frauen aufzuheben. Mohammed deutete bereits an, in Kürze könnte auch das Kinoverbot fallen. Von seinen Reformen erhofft sich der 32-jährige Thronfolger nicht nur Anreize für ausländische Geldgeber, sondern auch höhere Zustimmungsraten bei jüngeren Saudis zum Königshaus.
Noch allerdings steht die Regierung wegen restriktiver Regeln international in der Kritik. So muss zum Beispiel ein männlicher Vormund - meist der Vater, Ehemann oder Bruder - erlauben, dass eine Frau studieren oder reisen darf. Und immer wieder werden Menschenrechte in Saudi-Arabien verletzt. Der seit 2012 inhaftierte Blogger Raif Badawi etwa wurde wegen kritischer Äußerungen im Internet zu zehn Jahren Haft und mehreren hundert Peitschenhieben verurteilt.
jj/qu (dpa, afp, rtr)