Frauen ziehen in Gemeinderäte ein
13. Dezember 2015Bei der Abstimmung am Samstag durften Frauen zum ersten Mal in der Geschichte des islamisch-konservativen Königreichs kandidieren und wählen.
In der Hauptstadt Riad holten laut der staatlichen Nachrichtenagentur SPA drei Frauen Sitze. In der Hafenstadt Dschidda im Westen des Landes seien zwei Frauen gewählt worden, meldete die Nachrichtenseite Okaz. Eine weitere Frau zog in das Lokalparlament von Mekka ein. Auch aus anderen Städten gab es Berichte über Erfolge von Kandidatinnen bei den Wahlen für 284 Gemeinderäte.
In Dschidda bekamen Okaz zufolge die Unternehmerinnen Lama Abdulasis al-Sulaiman und Rascha Hifsi ausreichend Stimmen. Abdulasis al-Sulaiman war bereits als erste Frau in den Vorstand der lokalen Industrie- und Handelskammer gewählt worden. Hifsi sagte dem Sender Al-Arabija, die Erwartungen vor den Wahlen seien gering gewesen, weil es Hemmnisse gegeben habe. Kandidatinnen hätten etwa nicht direkt in Kontakt mit Wählern treten können. Menschenrechtler und Aktivistinnen begrüßten die Abstimmung als wichtigen Schritt für mehr Gleichberechtigung.
Rund 1,5 Millionen Menschen entschieden über die Zusammensetzung der Gemeinderäte. Unter den mehr als 6900 Bewerbern waren nach offiziellen Angaben etwa 980 Frauen.
Hohe bürokratische und logistische Hürden
Schon vor der Wahl hatte es Kritik gegeben, dass es für Frauen hohe bürokratische und logistische Hürden gebe, um sich als Kandidatin aufstellen oder als Wählerin registrieren zu lassen. Wegen der strengen Trennung der Geschlechter in dem Land durften sie nicht zusammen mit Männern im Wahlkampf auftreten. Sie mussten in eigenen Wahllokalen abstimmen. In den Gemeinderäten dürfen die gewählten Kandidatinnen nicht zusammen mit ihren männlichen Kollegen an den Sitzungen teilnehmen.
Dennoch begrüßten Menschenrechtler die Abstimmung generell als Fortschritt für die Rechte der Frauen in dem Königreich, in dem eine besonders strenge Auslegung des islamischen Gesetzes der Scharia gilt. Die Frauenrechtsaktivistin Hatun al-Fasi sprach im Kurznachrichtendienst Twitter von einem "neuen Tag für die saudische Frau". Dagegen beklagte die Aktivistin Ludschain al-Hathlul via Twitter, ihr Name sei nicht auf der Kandidatenliste gewesen, obwohl der zuständige Ausschuss ihre Kandidatur genehmigt habe.
Kein Autofahren, keine Reisen...
Saudi-Arabien war der letzte Staat der Welt, der bislang Männern das Wahlrecht vorbehielt. Frauen unterliegen dort allerdings nach wie vor zahlreichen Einschränkungen. So dürfen sie nicht Autofahren und ohne die Einwilligung eines männlichen Verwandten auch nicht arbeiten, reisen oder heiraten.
Der im Frühjahr verstorbene König Abdullah hatte 2011 verfügt, dass bei dieser Abstimmung auch Frauen ein Wahlrecht haben. Allerdings entschieden die Einwohner nur über zwei Drittel der Vertreter in den Gemeinderäten. Die übrigen Mitglieder werden von der Regierung bestimmt. Zudem verfügen die Räte nur über geringen politischen Einfluss. Sie sind das einzige Gremium in der absoluten Monarchie, das vom Volk gewählt wird.
se/sti (afp, dpa)