Fast normale Salzburger Festspiele
17. Juli 2021Obwohl die Salzburger 2020 nahezu die einzigen waren, die trotz Corona ihr 100. Jubiläum mit Publikum gefeiert haben, wird das Jubiläumsjahr 2021 verlängert. Die Salzburger Festspiele zählen zu den weltweit bedeutendsten Kulturfestivals für Oper, Schauspiel und Konzert. Mit umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen und einem verkürzten Programm gingen die Jubiläumsfestspiele im vergangen Jahr 30 Tage lang mit 110 Aufführungen über die Bühne.
Dennoch musste einiges ausfallen und das soll ab dem 17. Juli nachgeholt werden. "Wir sind zuversichtlich, dass wir mit unserem erprobten Präventionskonzept plus den seit dem letzten Jahr neu hinzugekommenen Sicherheitsmaßnahmen wieder erfolgreiche Festspiele anbieten können", sagte Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler im Vorfeld der diesjährigen Festspiele gegenüber der Presse. So wird in diesem Jahr auch das große Jubiläums-Fest für die Salzburger und Gäste nachgeholt, mit 59 Programmpunkte an 24 Spielorten.
Ein großes Fest für Alle
"Wir lassen uns das 100-Jahr-Jubiläum auch durch das Virus nicht verderben!" schreibt Rabl-Stadler in der Programmankündigung. "Bei unserem Fest zur Festspieleröffnung möchten wir die kulturelle Durststrecke der letzten Monate vergessen machen." Neben Musik aus Klassik und Unterhaltung in den Salzburger Straßen gibt es zahlreiche Möglichkeiten hinter die Kulissen zu schauen.
So halten Schauspieler aus dem berühmten "Jedermann" von Hugo von Hofmannsthal Lesungen im Schauspielhaus ab. Öffentlich zugänglich ist die Generalprobe des "War Requiem" unter der Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla, und im großen Festspielhaus kann man eine Bühnenorchesterprobe der Neuproduktion von Mozarts Oper "Don Giovanni" mit dem griechischen Star-Dirigenten Teodor Currentzis und Regisseur Romeo Castellucci erleben.
Der "Jedermann" mit neuen Gesichtern
Das Schauspiel "Jedermann - Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes" von Hugo von Hofmannsthal eröffnet traditionell die Salzburger Festspiele. "Jedermann" reflektiert erst im Angesicht des Todes die Fehler seines ausschweifenden Lebens.
Wer den Jedermann und die Frau an seiner Seite, die sogenannte "Buhlschaft", verkörpert, steht unter besonderer Beobachtung der Medien. Ein Gesprächsthema seit jeher: Welches Kleid wird die Buhlschaft tragen? Diesmal waren es allerdings die kurzen Haare der neuen Buhlschaft Verena Altenberger, die sie sich für eine Filmrolle als Krebspatientin abrasiert hatte. Auf eine Perücke will sie bei der Aufführung verzichten.
Wie die Schauspieler ihre Rolle prägen
Den Jedermann spielt in diesem Jahr Lars Eidinger. Er ist in Deutschland als langjähriges Ensemblemitglied der Berliner Schaubühne bekannt und hat das Publikum als Richard III und als Hamlet begeistert. Verena Altenberger hat unter anderem im Wiener Burgtheater gespielt und wurde als beste Schauspielerin für den Film "Die beste aller Welten" 2017 beim Internationalen Filmfestival in Moskau ausgezeichnet.
Caroline Peters, die im vergangenen Jahr die Buhlschaft spielte, nahm die Rolle der Geliebten mit Humor und Selbstbewusstsein. Verena Altenberger möchte das Leid und die Abhängigkeit dieser Frau darstellen, um sie dann aus diesen Fesseln zu befreien. Auch Lars Eidinger hat eine bestimmte Vorstellung von seiner Rolle. Er sieht sich nicht primär als der "sterbende reiche Mann". Für ihn verkörpert Jedermann die heutige Gesellschaft. "Ich bin der privilegierte, toxische Mann und stelle mich selbst in Frage", erläutert der Schauspieler im sogenannten "Terassentalk" der Festspiele.
Große Stars sind auch in der Pandemie dabei
Bis auf Ausnahmen würden alle Mitwirkenden aus dem Ausland anreisen können, hieß es seitens der Festspiele gegenüber der DW. Die russische Star-Sopranistin Anna Netrebko spielt und singt an der Seite von Yusif Eyvazov Puccinis Tosca, und der amerikanische Tenor Sean Panikkar verkörpert einen Emigranten in der Neuinszenierung von Luigi Nonos "Intolleranza 1960".
Der griechische Dirigent Teodor Currentzis wird mit seinem MusicAeterna Chor und Orchester die Neuinszenierung von Mozarts Oper "Don Giovanni" musikalisch gestalten. Für Regisseur Romeo Castellucci ist Don Giovanni ein großer unlösbarer Mythos. Er interpretiert den Frauenhelden als eine vieldeutige Gestalt voller Widersprüche und unerfülltem Verlangen. Auf Widersprüche in der Oper sollten sich die Zuschauer gefasst machen, sagte er im Interview mit dem Österreichischen Rundfunk.
Konzerte international geprägt
Prominente Konzertabende gibt es bei den Salzburger Festspielen diesmal mit dem West-Eastern Divan Orchestra unter Daniel Barenboim und den Wiener Philharmonikern unter den Dirigenten Riccardo Muti und Andris Nelsons. Benjamin Brittens großes "War Requiem" sollte eigentlich vom Birmingham Symphony Orchester aufgeführt werden. Das britische Orchester hatte das Stück 1962 in der wiederaufgebauten Kathedrale von Coventry uraufgeführt. Doch hier machte Corona den Festspielen einen Strich durch die Rechnung. Wegen der strengen Quarantäne-Regelungen bei Rückreisen nach Großbritannien kann das Orchester nicht anreisen.
Das Gustav Mahler Jugendorchester half aus und kontaktierte seine Mitglieder in ganz Europa. 91 Musikerinnen und Musiker aus 18 Ländern werden für das Projekt anreisen, passend zur Gründungsidee der Festspiele nach dem Ersten Weltkrieg, die europäischen Völker durch Musik einander wieder näher zu bringen. Hinzu kommen 100 Choristen des Wiener Singvereins. Die Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla wird das Konzert zu Beginn der Festspiele statt mit ihrem Orchester aus Birmingham mit dem Mahler Jugendorchester und dem ORF Radio-Sinfonieorchester aufführen.