Sahra Wagenknecht gründet neue Partei
23. Oktober 2023Die Politikerin Sahra Wagenknecht verlässt die Linke und gründet ihre eigene Partei. "Wir haben uns zur Gründung einer neuen Partei entschieden, weil wir überzeugt sind, so wie es derzeit läuft, darf es nicht weitergehen", sagte Wagenknecht in Berlin. "Denn sonst werden wir unser Land in zehn Jahren wahrscheinlich nicht wiedererkennen."
Gründung der Partei Anfang 2024
Die Partei soll Anfang 2024 offiziell entstehen und bei der Europawahl im Juni 2024 antreten. Bis zur Gründung wollen Wagenknecht und ihre Mitstreiter mit Mandat weiter in der Linken-Bundestagsfraktion bleiben, wie sie deutlich machten. Wagenknecht begründete das auch mit Rücksicht auf Beschäftigte in der Fraktion und einem "geordneten Übergang". Spätestens ab Januar werde die Linken-Bundestagsfraktion aber nicht mehr bestehen können, fügte die 54-Jährige hinzu.
Die Fraktion hat nur 38 Abgeordnete. Wenn mehr als zwei von ihnen austreten oder ausgeschlossen werden, verliert sie den Fraktionsstatus und kann nur noch als Gruppe weitermachen, die im Bundestag weniger Rechte als eine Fraktion besitzt.
Die Linken-Spitze forderte Wagenknecht und ihre Unterstützer zur Abgabe ihrer Mandate auf. "Es ist doch klar, dass diejenigen, die sich an der Bildung einer Konkurrenzpartei beteiligen, in unserer Partei nichts mehr zu suchen haben und rausfliegen werden", sagte Parteichef Martin Schirdewan in der ZDF-Sendung "Berlin direkt".
Wagenknecht hatte bereits seit Monaten Erwägungen zur Gründung der Partei angestellt. Vor einigen Wochen hatten ihre Unterstützer dann den Verein "Bündnis Sahra Wagenknecht - Für Vernunft und Gerechtigkeit" registrieren lassen. Dieser soll nun Spenden für die Parteigründung einsammeln. Vorsitzende ist die bisherige Fraktionsvorsitzende der Linken, Amira Mohamed Ali. Geschäftsführer ist der frühere Geschäftsführer der Linken in NRW, Lukas Schön, Schatzmeister der Millionär Ralph Suikat.
Der Verein wurde gegründet, um die neue Partei vorzubereiten. In Deutschland werde seit Jahren "an den Wünschen der Mehrheit vorbei regiert", hieß es in einer schriftlichen Erklärung. Statt Leistung zu belohnen, werde von den Fleißigen zu den oberen Zehntausend umverteilt. Lobbywünsche würden bedient und öffentliche Kassen geleert. Beklagt wird auch ein "autoritärer Politikstil". Industrie und Mittelstand stünden auf dem Spiel.
"Politisch blieb uns keine andere Wahl"
Wagenknecht kritisierte erneut scharf die Ampel-Koalition, die Deutschland schlecht regiere. Der Bundestagsabgeordnete Christian Leye sagte, Wagenknecht und ihre Unterstützer hätten sich zu der Parteigründung entschlossen, weil "uns politisch keine andere Wahl bleibt". Er sprach von einer undurchdachten Politik, schlechten Schulen und maroden Brücken.
Einer Insa-Umfrage für "Bild am Sonntag" zufolge könnten sich 27 Prozent der Befragten in Deutschland vorstellen, eine Wagenknecht-Partei zu wählen. Wahlumfragen sind aber generell mit Unsicherheiten behaftet.
nob/sti (afp, dpa)