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Unruhige Waffenruhe

Philipp Sandner24. Januar 2014

Der Vertrag von Addis Abeba verpflichtet beide Seiten, die Kämpfe einzustellen. Doch selbst, wenn die Waffen tatsächlich schweigen sollten - auf dem Weg zur Versöhnung wäre das erst der Anfang.

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Unterzeichnung Waffenstillstandabkommen für Südsudan Foto: EPA/STR
Bild: picture-alliance/dpa

Als am Donnerstagabend (23.01.2014) die Führer der Delegationen von Südsudans Präsident Salva Kiir und seinem geschassten Vize-Präsidenten Riek Machar im äthiopischen Addis Abeba ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichneten, äußerten sich beide Seiten zufrieden. "Es ist ein gutes Abkommen", sagte Rebellensprecher Mabior Garang de Mabior der DW. Zwar hätte die Delegation nicht alle Ziele erreichen können, "aber so ist das in Verhandlungen. Man bekommt nicht immer hundert Prozent von dem, was man sich vorstellt. Es ist ein Ergebnis, mit dem wir leben können."

Auch Regierungssprecher Michael Makuei Lueth sprach gegenüber der DW von einem "wichtigen Abkommen für die Menschen und die Regierung". Willkürliche Morde und Vertreibungen seien nicht im Sinne der Regierung. Juba werde sicherstellen, dass sich die Armee an den Waffenstillstand halte, sagte Lueth. Er bezweifle aber, dass die Rebellenführung ihre Kämpfer unter Kontrolle habe, die er als "undiszipliniert" bezeichnete. Tatsächlich warfen die Rebellen der Regierung schon am Freitag vor, die Waffenruhe zu missachten - die dementierte.

Wacklige Waffenruhe

Seit Anfang Januar hatten die Delegationen aus dem Südsudan in Addis Abeba, der Hauptstadt des Nachbarlands Äthiopien und Sitz der Afrikanischen Union (AU), verhandelt. Die Kämpfe zwischen Südsudans Regierungsarmee und den Rebellen, die seit Dezember tausende Tote gefordert hatten, waren indes weitergegangen. Verschärft hatte sich der Konflikt, als ugandische Truppen der südsudanesischen Armee zur Hilfe geeilt waren. Das Abkommen sieht nun vor, dass alle Kampfhandlungen binnen 24 Stunden eingestellt werden und Uganda seine Soldaten abzieht. Außerdem erklärt sich Südsudans Regierung bereit, elf Gefangene aus Machars Lager freizulassen, bevor - voraussichtlich am 7. Februar - die nächste Verhandlungsrunde über die Zukunft des Landes beginnt.

Ob sich die Konfliktparteien an die Abmachungen vom Donnerstag halten werden, daran äußerten Beobachter ihre Zweifel. Der äthiopische Diplomat Seyoum Mesfin, der vom ostafrikanischen Staatenbündnis IGAD als Vermittler eingesetzt wurde, mahnte bei der Unterzeichnung: "Es gibt viele Abkommen, die scheinbar in gutem Willen unterzeichnet werden. Doch die Zahl derer, die erfolgreich umgesetzt werden, ist sehr viel kleiner."

IGAD Treffen in Nairobi Foto: EPA
Wichtiger Vermittler: das IGAD-Bündnis von acht Staaten am Horn von AfrikaBild: picture-alliance/dpa

Eric Reeves ist jahrelang als Berater für Hilfsorganisationen im Sudan und Südsudan tätig gewesen. Er glaubt nicht daran, dass das Waffenstillstandsabkommen Erfolg haben wird. "Die Vorstellung, dass Riek Machar ein Gegengewicht zu Präsident Salva Kiir darstellt und dass er eine Miliz befehligt, ist völlig falsch", sagt der Sudan-Experte im DW-Interview. Wahrscheinlich kontrolliere er nicht einmal einen kleinen Teil der Rebellen. Zudem sei die Kommunikation zwischen einzelnen Aufständischen, die zum Teil in abgelegenen Gebieten aktiv seien, sehr schwierig.

Zerstrittene Weggefährten

Erst 2011 erlangte der Südsudan nach einem Referendum die Unabhängigkeit vom Sudan. Salva Kiir und Riek Machar hatten gemeinsam in der Befreiungsarmee des sudanesischen Volks (SPLA) jahrelang für die Unabhängigkeit gekämpft. Als Präsident und Vize übernahmen sie die Führung des neuen Staates. Doch im Juli 2013 kündigte Kiir die Zusammenarbeit auf, als er Machar und mit ihm die komplette Regierung absetzte. Am 16. Dezember des vergangenen Jahres kam es zu Kämpfen in Juba. Die Regierung sprach von einem Putschversuch unter Führung Machars. Seitdem ist das Land im Chaos versunken: Die Milizionäre, die noch vor wenigen Jahren gemeinsam für die Unabhängigkeit des Südsudan eintraten, bekämpfen sich nun gegenseitig.

"Die SPLA war nie eine homogene Gruppe", sagt Südsudan-Experte Reeves. "Sie war immer eine Art Sammelbecken für Milizen." Seine einzige Hoffnung, damit das Waffenstillstandabkommen doch noch Erfolg hat: Die Bevölkerung könne - über ihre ethnischen oder familiären Zugehörigkeiten - Druck auf die Konfliktparteien ausüben.

Flüchtlinge im Südsudan Foto: REUTERS/Edward Echwalu
Hunderttausende Südsudanesen sind auf der FluchtBild: Reuters

Ohnehin ist die Waffenruhe nur der Anfang. Der Weg zu einem echten Kompromiss ist noch weit. Dafür müsse ein nationaler Dialog her, der niemanden ausschließt, sagte IGAD-Unterhändler Seyoum Mesfin am Donnerstag - und betonte: "Die Herausforderungen werden in der Nachkriegszeit noch größer sein als zu Kriegszeiten."