Rücküberweisungen
28. August 2014Akmal Mehr wohnt seit drei Jahren in Deutschland. Der 29-Jährige Pakistaner studiert Medienwissenschaften in Bonn. Zusammen mit seiner Frau wohnt er in einer kleinen Einzimmerwohnung. Er könnte sich eine größere leisten, wenn er nicht monatlich Geld nach Hause schicken müsste. Seit dem Tod seines Vaters ist Akmal als einziger Sohn einer sechsköpfigen Familie für den Unterhalt seiner Mutter zuständig. "Meine Mutter ist auf das Geld angewiesen, das ich ihr monatlich zuschicke. Sie hat keine andere Einkommensquelle."
Akmal ist nur ein Beispiel für Millionen Migranten, die ihre Familien in der Heimat finanziell unterstützen. Aber es sind nicht nur die Familien, deren Kinder im Ausland leben und arbeiten, die ohne dieses Geld nicht zu Recht kämen. Laut Weltbank machen Rücküberweisungen zum Beispiel die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts von Tadjikistan aus. In Pakistan sind es immerhin noch mehr als 6 Prozent.
Große Unterschiede in Gebühren
150 Euro überweist Akmal Mitte jedes Monats nach Hause. Seine 56-Jährige Mutter ist an Hepatitis C erkrankt und braucht das Geld unter anderem für ihre Medikamente. Und der heiße Sommer in seiner Heimat treibt zudem die Stromrechnung in die Höhe.
In den ersten zwei Jahren hat Akmal wie viele andere mit Moneygram Geld nach Pakistan geschickt. Für jede Überweisung musste er knapp 8 Euro Gebühren an die Geldtransferfirma zahlen. Damit liegt er noch am unteren Ende der Skala; für eine Überweisung einer ähnlichen Summe in die Ukraine muss man 12 Euro, nach Nigeria 12,50 Euro und nach Madagaskar oder Mexiko sogar 16 Euro zahlen.
Afrika stark betroffen
Laut einer Studie der Denkfabrik "Overseas Development Institute" (ODI) in London von Anfang 2014 kostet es doppelt so viel, Geld nach Afrika zu schicken als anderswohin auf der Welt. Dadurch verliere die Region 1,8 Milliarden Dollar pro Jahr. Das würde für die Einschulung von 14 Millionen Kindern oder die Versorgung von 21 Millionen Menschen mit sauberem Wasser reichen. Und es kann noch schlimmer werden.
"Wir haben keinen Wettbewerb auf diesem Markt. Auf globaler Ebene haben wir nur zwei Unternehmen, Moneygram und Western Union, denen zwei Drittel der Auszahlungsstellen in Afrika gehören. Das ist eine sehr hohe Marktkonzentration", erklärt Kevin Watkins, geschäftsführender Direktor von ODI, in einem Video zur Studie mit dem Titel "Rücküberweisungen: Die enormen Kosten in Geldtransfergebühren Afrikas."
Diese beiden Unternehmen handeln in der Regel Exklusivvereinbarungen aus. Diese verbieten es den Banken oder Agenten, die mit Moneygram oder Western Union zusammen arbeiten, auch für andere Geldtransfer-Unternehmen zu arbeiten. Dies erschwere den Markteintritt, so Watkins von ODI.
Es kann noch teurer werden
"Seitdem ich in Deutschland bin, haben sich die Preise kaum geändert. Wenigstens nicht für Pakistan", sagt Akmal mit einem Hauch von Freude in seiner Stimme. Das könnte sich jedoch bald ändern.
Es ist noch nicht lange her, dass die französische Großbank BNP Paribas in den Schlagzeilen stand. Sie musste für ihre Geschäfte mit dem Sudan und Iran eine Rekordstrafe von 8,9 Milliarden US-Dollar an die amerikanische Staatsanwaltschaft überweisen. Die britische HSBC stellte nach einer Strafzahlung von 1,9 Milliarden Dollar für Verstöße gegen das Geldwäschegesetz bereits im Jahr 2013 alle Rücküberweisungen nach Mexiko ein.
Die Banken werden aber nicht nur für direkte Geschäfte mit sanktionierten Ländern oder kriminellen Organisationen bestraft. Auch wenn eine problematische Überweisung ins Ausland über das Konto einer Bargeldtransferfirma bei einer Bank stattfindet, ist die Bank dafür verantwortlich. Aufgrund der erheblichen Strafen wollen nun immer weniger Banken dieses Risiko eingehen.
Unangemessenes Verhalten
"Für mich ist es eine übertriebene Reaktion auf die Risiken. Ein leichter Ausweg," sagt Jorge Guerrero, Chef der Firma Optimal Compass, die sich auf die Beratung zur Verhinderung von Geldwäsche und Einhaltung entsprechender Gesetze spezialisiert hat.
Wenn die Banken alle ihre Überweisungen in ein bestimmtes Land einstellen, können auch die Geldtransfer-Unternehmen keine Überweisungen mehr in dieses Land durchführen, erklärt Guerrero. Dies verschärfe sogar das Risiko der Geldwäsche. Auswanderer würden dann auf informelle Kanäle ausweichen, die viel schwieriger zu kontrollieren seien, um weiterhin Geld in ihre Heimat zu schicken.
Für Akmal hingegen ist es erstmal einfacher geworden, seine Mutter zu unterstützen. Vor kurzem hat der junge Student herausgefunden, dass eine pakistanische Bank eine Filiale in der deutschen Finanzmetropole Frankfurt am Main betreibt. Von seinem Konto bei dieser Bank kann er umsonst Geld nach Pakistan überweisen. "Bei dieser Bank spare ich fast 100 Euro pro Jahr", freut sich Akmal, "diese Summe macht für mich und meine Familie eine Menge aus."