Rom verschiebt die Schwarze Null auf später
12. Oktober 2018Italiens Parlament hat das Haushaltsgesetz der Regierung verabschiedet. Allen Warnungen der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zum Trotz. Der Senat stimmte dem Budget mit 165 zu 107 Stimmen zu, das Unterhaus folgte mit 331 zu 191 Stimmen. Der Haushaltsplan lege "den Grundstein für einen Kurswechsel in der italienischen Politik", erklärte die regierende Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) von Vize-Regierungschef Luigi Di Maio.
Die populistische Partei, die mit der fremdenfeindlichen Lega koaliert, kündigte ein Ende der Sparpolitik an. Das Gesetz sieht für 2019 ein Haushaltsdefizit von 2,4 Prozent vor, das 2020 auf 2,1 Prozent und 2021 auf 1,8 Prozent sinken soll. Mit dem Geld sollen neben einem früheren Renteneintritt auch ein Grundeinkommen und Steuersenkungen finanziert werden, sowie mehr Investitionen. Damit will die römische Regierung die Wirtschaft des Landes ankurbeln.
Wirtschaftswunder oder Schuldenkrise?
Ökonomen sind skeptisch, ob die Pläne aufgehen oder letztlich zu einer neuen Schuldenkrise in Europa führen. Denn Italien hat einen enormen Schuldenberg von etwa 2,3 Billionen Euro angehäuft, das sind mehr als 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). In der EU sind nach gemeinsam vereinbarten Regeln lediglich 60 Prozent erlaubt, um die Finanzstabilität nicht zu gefährden. Deshalb hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) noch einmal eindringlich vor einer zu laxen Haushaltspolitik in Rom gewarnt. "Die italienische Regierung muss mit der hohen Staatsverschuldung umgehen", sagte der Vizekanzler dem "Handelsblatt". "Diese Verantwortung kann ihr niemand abnehmen".
Nach Ansicht von EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici kommt der Etat vor allem die Bevölkerung teuer zu stehen: "Wer wird am Ende dafür bezahlen, wenn die Verschuldung zunimmt? Die italienischen Bürger. Ein Etat, der die Staatsverschuldung steigert, ist ein Haushalt gegen das italienische Volk."
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, rief Italien ebenfalls vergeblich zur Haushaltsdisziplin auf. Rom müsse die "Regeln des Clubs" - der Europäischen Union - respektieren, sagte sie bei der IWF-Jahrestagung auf der indonesischen Insel Bali.
Frisches Geld wird teuer
Italien muss seinen Haushaltsplan bis Montag zur Überprüfung bei der EU-Kommission einreichen. Die Behörde hatte Italien schon im vergangenen Jahr wegen der schwierigen Finanzlage unter Beobachtung gestellt.
Und auch viele Investoren sind verschreckt: Italien musste am Donnerstag bei der Ausgabe neuer Staatsanleihen teilweise mit den höchsten Zinsen seit fünf Jahren locken, um die Papiere losschlagen zu können. Das Land verkaufte insgesamt Bonds im Volumen von 6,5 Milliarden Euro und musste dafür bis zu 3,79 Prozent bieten. Zum Vergleich: Deutschland zahlt aktuell nur rund 1,1 Prozent.
rb/stu (afp, rtr)