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Rätselraten um "verschwundene" Flüchtlinge

27. Februar 2016

Das Behördenchaos in der Flüchtlingskrise nimmt kein Ende. Zehntausende sind nicht mehr aufzufinden. Was ist aus ihnen geworden? Sind sie untergetaucht, weitergereist oder falsch registriert?

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Deutschland Registrierung von Flüchtlingen (Foto: Armin Weigel/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/A. Weigel

Bei der Registrierung und Verteilung von Flüchtlingen in Deutschland gibt es einem Zeitungsbericht zufolge deutliche Defizite. Am Freitag hatte die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, dass knapp jeder achte registrierte Flüchtling vom Radar der Behörden verschwindet. Im vergangenen Jahr kamen rund 13 Prozent der als Asylbewerber registrierten Menschen nicht bei der zuständigen Erstaufnahmeeinrichtung an. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor. Insgesamt waren 2015 etwa 1,1 Millionen Flüchtlingeerstmals im sogenannten EASY-System erfasst worden, einem System zur Erstverteilung von Asylsuchenden. Somit geht es also um rund 142.000 Menschen.

Als mögliche Gründe nenne das Ministerium unter anderem Weiterreisen in andere Länder und ein Untertauchen in die Illegalität. Auch Menschen, die bei Verwandten unterkommen, könnten darunterfallen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.

Doppelte Registrierungen ohne persönliche Daten

Doch auch eine Lücke in einer Erfassungssoftware könnte für das Verschwinden verantwortlich sein, räumte Johannes Dimroth, Sprecher des Innenministeriums ein. EASY sei ein Instrument zur Verteilung auf die Bundesländer, allerdings ohne hierbei personenbezogene Daten erfassen zu müssen, erklärte er in Berlin. Bei diesem System komme es zu Doppelregistrierungen sowie auch zur Erfassung von Flüchtlingen, die gar nicht in Deutschland bleiben wollen, so Dimroth weiter. Erst seit Mitte Februar werde ein Fingerabdruck-Schnell-Abgleichsystem aufgebaut, mit dem zuständige Stellen dann unverzüglich feststellen könnten, ob zu einem Flüchtling bereits Daten vorhanden sind, teilte er mit.

Das Bundesinnenministerium wies darauf hin, dass das Problem von Flüchtlingen mit unbekanntem Aufenthaltsort lange bekannt sei und auch bereits Gegenmaßnahmen eingeleitet wurden. Dimroth verwies auf die flächendeckende Einführung des Ankunftsausweises für Flüchtlingesowie auf Erleichterungen für den Datenaustausch zwischen den Behörden. Diese Maßnahmen würden die Zahlen künftig sinken, sagte der Sprecher.

Reiseschwund statt "Untertauchen in die Illegalität"

Deutschland Flüchtlinge in Berlin (Foto: REUTERS/Fabrizio Bensch)
Überfüllte Aufnahmeeinrichtungen: Einige Flüchtlinge suchen bei ihren Angehörigen ObdachBild: Reuters/F. Bensch

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion Ulla Jelpke, die die Anfrage gestellt hatte, wandte sich gegen die Erklärung der Bunderegierung: "Von einem 'Untertauchen in die Illegalität' zu sprechen, ist missverständlich und unangebracht." Zum Teil gehe es um Menschen, die bei Freunden oder Verwandten unterkämen, "anstatt sich in Sammelunterkünften und Turnhallen zusammenpferchen zu lassen". Bei anderen gehe es um Familien, denen unterschiedliche Aufnahmeeinrichtungen zugeteilt worden seien und die nun versuchten, wieder zusammenzukommen. Die Linkspartei machte die Bundesregierung für Probleme bei der Registrierung von Asylbewerbern verantwortlich.

Längere Wartezeit und Rückstau bei Asylanträgen

Bei den Terminen, bei denen Asylsuchende einen Antrag bei einer Außenstelle des BAMF stellen konnten, kam es laut den Regierungsangaben zu einem Rückstau. Die Linken-Innenexpertin Jelpke kritisierte, es dauere mindestens drei Monate, ehe registrierte Flüchtlinge dazu kommen, einen formellen Asylantrag zu stellen. "Asylverfahren dauern also inklusive Wartezeit im Schnitt mindestens 8,2 Monate und nicht 5,2 Monate, wie die Bundesregierung uns weismachen will." Im ersten Quartal 2016 sollen die Anträge schneller angenommen werden, so die Regierung.

pab/stu (dpa, epd, Zeit.de)