Rätselraten um Flug MH 370
17. März 2014Mittlerweile sind 26 Länder an der Suche nach dem verschollenen Malaysia Airlines-Flugzeug beteiligt - doch der wahre Grund für das Verschwinden der Boeing 777 ist noch immer ein Rätsel. Nach anhaltender Kritik an der Informationspolitik der malaysischen Behörden - vor allem aus China - sind weitere Experten aus China und Frankreich zum Ermittler-Team gestoßen. Die drei Fachleute aus Frankreich hatten 2009 den Absturz einer Air France-Maschine über dem Atlantik vor der brasilianischen Küste untersucht.
Am Wochenende waren die Wohnungen des Piloten und Copiloten durchsucht und die Behörden in den Heimatländern der ausländischen Passagiere um Hilfe bei der Ermittlungsarbeit gebeten worden. Obwohl die Regierung in Kuala Lumpur noch immer nicht von einer Entführung sprechen will, laufen die polizeilichen Ermittlungen auf Hochtouren.
Für den britischen Luftsicherheits-Experten Chris Yates kommt nur Fremdeinwirkung in Frage, wenn es um den plötzlichen Kurswechsel und das Verschwinden des Passagierflugzeugs geht: "Es gibt keinen natürlichen Grund für einen so dramatischen Kurswechsel. Dass der malaysische Premierminister Najib das Wort Entführung nicht aussprechen will, spiele überhaupt keine Rolle, erklärte Yates gegenüber der DW: "Die Tatsache, dass das Flugzeug so von seiner ursprünglichen Reiseroute abgewichen ist, kann nur bedeuten, dass es jemand unter seine Kontrolle gebracht haben muss." Ganz gleich, wer die Passagiermaschine in seine Gewalt gebracht habe, verfüge über "eine angemessene Flugausbildung und Wissen über Flugrouten", sagte Yates.
Flug unter dem Radar
Sein deutscher Kollege Heinrich Großbongardt sieht das ähnlich. Der unabhängige Luftfahrt-Experte kann sich nicht vorstellen, dass ein Flugzeug durch technisches Versagen 'unsichtbar' wird. "Genauso wenig kann ich mir vorstellen, dass die Besatzung durch eine betriebsbedingte Situation an Bord dazu gezwungen sein könnte, das Kommunikationssystem abzuschalten", was laut Großbongardt auf eine Entführung oder einen Terroranschlag als Ursache für das Verschwinden des Flugzeugs hindeutet. Allerdings hat bis jetzt keine Terrorgruppe die Verantwortung für einen Anschlag auf die 777 der Malaysia Airlines übernommen.
Großbongardt kann sich vorstellen, warum das Flugzeug stundenlang weiterfliegen konnte, ohne von einem Radar erfasst zu werden. "Eine Radarstation, die direkt am Meer liegt oder sich nur knapp über dem Meeresspiegel befindet, ist in der Lage, Flugzeuge zu erfassen, die in einer Höhe von 10.000 Metern fliegen." Je tiefer aber ein Flugzeug fliege und je weiter von der Küste entfernt, desto schwerer sei es auf einem Radar zu orten. "So machen das Militärjets, um feindlichem Radar zu entgehen."
Außerdem reiche durch die Erdkrümmung die Reichweite jedes Radars nur bis zum Horizont. Nach rund 400 Kilometern Entfernung von der Küste sei die Radarerfassung eines Flugzeugs durch ziviles oder militärisches Radar praktisch unmöglich, erklärt Großbongardt. "Hunderte Passagiermaschinen überqueren täglich den Atlantik oder Pazifik, indem sie Tausende Kilometer ohne Radarüberwachung zurücklegen", unterstreicht der Geschäftsführer der Hamburger Agentur 'Expairtise', die auf Luft- und Raumfahrt spezialisiert ist.
Mithilfe der NASA
In Dutzenden Ländern weltweit werden zurzeit Satelliten-Daten auf Hinweise nach dem verschollenen Flugzeug untersucht. Außerdem suchen mehr als zwei Millionen Internet-Nutzer über die Netz-Plattform Tomnod.com auf Satellitenfotos nach Anhaltspunkten für das Schicksal der Unglücksmaschine.
Mittlerweile hilft sogar die US-Raumfahrtbehörde NASA bei der Suche nach Flug MH370. Nach Angaben eines NASA-Sprechers werden derzeit unter anderem Bilder ausgewertet, die von Satelliten und der Internationalen Raumstation ISS aufgenommen wurden. Objekte, die größer sind als 30 Meter, könnten darauf identifiziert werden.
Für den Luftfahrt-Experten Großbongardt ist die akribische Auswertung aller verfügbaren Radar- und Satellitendaten entscheidend für die weitere Ermittlungsarbeit. Dass es überlebende Passagiere geben könnte, hält er allerdings für unwahrscheinlich. "Wir müssen davon ausgehen, dass das Flugzeug irgendwo ins Meer gestürzt ist. Jeder Absturz über Land hätte den 'Emergency Locator Transmitter' aktiviert, ein Gerät, das nach einem Absturz ein Signal sendet, das von Satelliten aufgefangen werden kann." Es sei unmöglich dieses Gerät abzuschalten, betont Großbongardt.
Der britische Sicherheits-Experte Yates glaubt, dass es nun darauf ankommt, möglichst schnell Hinweise auf die Absturzstelle zu finden. Denn Wrackteile, die nicht sofort im Meer versinken, würden durch Wind und Strömung relativ schnell vom übrigen Wrack weggetrieben. "Das könnte dazu führen, dass die Suche nach Flug MH 370 lang und mühsam wird."