Russlands Militärparade: Stärke demonstrieren um jeden Preis
Jedes Jahr feiert Russland mit einer riesigen Militärparade den Sieg über Nazi-Deutschland. Diesmal soll die Feier die größte aller Zeiten werden - doch diesen Anspruch hatten viele vergangene Paraden auch schon.
24. Juni 1945: Die erste Siegesparade
Die erste Siegesfeier der Roten Armee war Josef Stalins (Bildmitte) Idee. Er wollte den Sieg der Sowjetunion über das faschistische Deutschland mit einer großen Parade feiern. Am 24. Juni 1945 marschierten 40.000 Soldaten und 1850 Militärfahrzeuge auf. Stalin selbst wollte die Parade eigentlich hoch zu Ross abnehmen...
Schukow statt Stalin auf dem Pferd
... auf dem Pferd saß am Ende aber dann aber der Oberste Befehlshaber Georgi Schukow. Der Grund: Stalin war nicht sattelfest, fiel bei der Generalprobe vom Pferd und verletzte sich an der Schulter. Deshalb wies der Diktator Schukow an, für ihn aufs Pferd zu steigen und die Parade abzunehmen. Stalin selbst verfolgte das Spektakel von der Ehrentribüne auf dem Lenin-Mausoleum.
1995: Wiederaufleben der Tradition
Nach dem Zerfall der Sowjetunion fiel die Parade einige Jahre aus. Am 9. Mai 1995 wurde die Tradition unter dem damaligen Präsidenten Boris Jelzin schließlich wieder eingeführt - 50 Jahre nach Kriegsende. Seitdem findet die Siegesfeier wieder jährlich statt. Armeeeinheiten paradieren über den Roten Platz und von Lenins Mausoleum aus halten die Mächtigen ihre Gedenkreden.
60. Jubiläum: Besuch aus der ganzen Welt
Zu den Paraden kommen häufig auch hochrangige Staatschefs aus der ganzen Welt. Zum 60. Jahrestag 2005 erschienen unter anderem der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder samt seiner damaligen Ehefrau Doris und Frankreichs Präsident Jacques Chirac. Auch der damalige US-Präsident George W. Bush war zugegen ...
Schaulaufen der Veteranen
... als unter anderem 2500 Veteranen in historischen Lastwagen über den Roten Platz fuhren. Für Russland ist der "Tag des Sieges" ein heiliger Tag - zur Erinnerung an die Opfer der Sowjetunion im Großen Vaterländischen Krieg, wie der 2. Weltkrieg hier genannt wird. Familien gedenken ihrer Angehörigen, legen rote Nelken an Denkmälern und Gräbern nieder. Vielerorts erklingen Kampflieder von damals.
Rückkehr der Militärtechnik
Die Parade soll aber vor allem russische Stärke demonstrieren. Am 9. Mai 2008 wurde zum ersten Mal wieder schwere Militärtechnik aufgefahren - um der Welt und den eigenen Landsleuten zu zeigen, wie gut sich das Land verteidigen kann. Dafür werden keine Kosten gescheut: 40 Millionen Euro sollen allein die Schäden an Straßen und Kanalisation kosten, die durch die schweren Fahrzeuge enstehen.
Kaum historische Aufarbeitung
Eine kritische Aufarbeitung der russischen Geschichte findet im Zuge der Siegesfeiern nicht statt. Die jüngere Geschichte, die Kriegsopfer unter Stalin, die Grausamkeit gegenüber den eigenen Soldaten sind Tabu. Die Feier soll Patriotismus und Einheit symbolisieren.
2010: Größte Parade aller Zeiten
Mehr als 10.000 Soldaten - darunter erstmals auch Streitkräfte aus anderen Ländern wie Frankreich, Großbritannien oder Polen - marschierten zum 65. Jubiläum auf. Es war die bis dato größte Waffenschau aller Zeiten. Russischen Medien zufolge feierten landesweit 2,5 Millionen Menschen mit. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel verfolgte die Parade damals mit.
Aktion "Unsterbliches Regiment"
Das 70. Jubiläum am 9. Mai 2015 fand ohne westliche Staatschefs statt. Der Großteil der eingeladenen Staatsoberhäupter war wegen der Krimkrise nicht gekommen. Im Anschluss an die Parade fand die Aktion "Unsterbliches Regiment" statt. 500.000 Nachfahren von Kriegsveteranen nahmen teil. Mit Fotos ihrer Vorfahren wollten sie ihnen gedenken. Auch Putin lief mit - mit einem Porträt seines Vaters.
9. Mai 2020: Flugshow statt Parade
Wegen der Corona-Pandemie hatte Putin die diesjährige große Militärparade verschoben. Am "Tag des Sieges" selbst beging Putin lediglich eine stille Zeremonie, die im Fernsehen übertragen wurde. Und es gab eine Flugshow der russischen Luftstreitkräfte. Nachgeholt wird die Parade nun am symbolträchtigen 24. Juni - dem Tag der ersten Siegesfeier 1945.
Massenveranstaltung in Corona-Zeiten?
Die Opposition kritisiert Putin dafür, die Militärparade angesichts der weiterhin steigenden Corona-Infektionszahlen abhalten zu wollen. Sogar Moskaus Bürgermeister empfahl den Bürgern, das Spektakel lieber im Fernsehen zu verfolgen. Kritiker werfen Putin außerdem vor, die Parade für die Abstimmung über die Verfassungsänderung am 25. Juni nutzen zu wollen. Damit könnte er bis 2036 im Amt bleiben.
Größte Parade der Geschichte wird nachgeholt
Dass zum 75. Jahrestag weniger Soldaten dabei sind als in vergangenen Jahren, schien keine Option für Präsident Putin gewesen zu sein. Trotz Corona-Pandemie marschieren 13.000 Soldaten in der Hauptstadt auf - dicht an dicht. Es ist die größte Militärparade der Geschichte. Auch in anderen Städten finden Paraden statt. Laut Verteidigungsministerium sind landesweit 64.000 Soldaten beteiligt.
Putin: Ausnahme für das Gedenken
Eigentlich sind Massenveranstaltungen wegen der Corona-Pandemie in Moskau weiter verboten. Putin und die Militärführung hatten aber betont, dass die Parade vor allem der Wertschätzung der Opfer bei der Befreiung Europas vom Hitler-Faschismus diene. Zahlreiche internationale Staatsgäste bleiben dennoch zuhause.