Russland und CeBIT
19. Oktober 2006Die deutsche Informations- und Telekommunikationswirtschaft profitiere immer stärker vom boomenden Markt in Russland, hieß es zur Begründung der Partnerschaftsvereinbarung zwischen der CeBIT und Russland. 2005 habe Deutschland Hardware im Wert von 1,8 Milliarden Euro nach Russland exportiert - mehr als drei Mal so viel wie vor fünf Jahren. Mehr als 10.000 Jobs in Deutschland hingen davon ab. Über 100 russische Aussteller werden zur CeBIT in Hannover erwartet.
Und noch mehr: Ein ganzes Jahr lang soll die russische IT-Vereinigung APKIT Partner des deutschen Branchenverbands BITKOM sein. Gemeinsame Kongresse und Road-Shows - also Präsentationstouren durch die Unternehmen - sollen in beiden Ländern für mehr Zusammenarbeit werben. So haben es Vertreter der deutschen und der russischen IT-Branchen in dem Kooperationsabkommen festgehalten.
Offshore-Development
Bislang wurde die Zusammenarbeit zwischen deutschen und russischen IT-Unternehmen ziemlich vernachlässigt. Zu Unrecht, sagt Valentin Makarov, Präsidiumsmitglied des russichen IT-Verbands APKIT. "Deutschland und Russland ergänzen sich wunderbar. Die Stabilität und Systematik der deutschen Geschäftswelt und die Spontaneität und Kreativität des russischen Marktes passen hervorragend zueinander."
Dementsprechend sieht bisher auch die Arbeitsteilung zwischen deutschen und russischen Firmen aus: In Deutschland wird systematisch geplant, welche Entwicklungsaufgaben von kreativen und vor allem billigeren russischen Programmierern erledigt werden können. Offshore-Development heißt das unter Fachleuten, und in diesem Bereich ist Russland weltweit bereits die Nummer drei hinter China und Indien. Als Absatzmarkt für IT-Produkte spielt das Land hingegen bisher noch keine große Rolle.
Traditionelle Arbeitsteilung aufgeben
"Russland wird sich in den nächsten zehn Jahren als spannendes Land entwickeln, weil sich der russische Markt entwickeln wird. Rein auf Offshore-Development zu setzen, halte ich nicht für eine Erfolgsstrategie", sagt Ulrich Dietz von der BITKOM. Er geht davon aus, dass in den nächsten Jahren eine Modernisierung der Verwaltung und der Finanzindustrie ansteht. Beides Bereiche, in denen die deutsche Softwareindustrie traditionell ihre Stärken hat.
Von einem Ansturm der deutschen Softwareunternehmen auf den russischen Markt ist allerdings weit und breit noch nichts zu sehen. Während eine ganze Reihe von Branchen ihre Präsenz auf dem russischen Markt in den letzten Jahren massiv ausgebaut haben, ist die Computer- und Softwareindustrie bisher kaum vertreten. "Deswegen findet im nächsten Jahr diese Kooperation statt. Insgesamt ist die deutsche IT-Industrie noch viel zu wenig international. Da muss was getan werden und BITKOM will einen Beitrag leisten", sagt Diez.
Marktchancen gegenseitig verbessern
Rechtzeitig dabei sein, wenn sich der russische Markt entwickelt, das ist für die deutsche Seite das Ziel des Kooperationsabkommens. Doch vor allem kleine und mittelständische Unternehmen scheuen oft den Schritt auf den russischen Markt. "Noch ist es für deutsche Firmen nicht sehr transparent, wie die russischen Finanz- und Behördenprozesse funktionieren. Das ist mit Sicherheit ein Problem", so Dietz.
Ein Problem, das auch die russische Seite in den Mittelpunkt der Kooperation stellen will. "Wir brauchen transparentere Regeln bei der Unternehmenszulassung, bei Steuern, Zöllen und der Auftragsvergabe", sagt Valentin Makarov von russischen Verband APKIT. "Diese Bereiche verursachen den Unternehmen bei uns große Kosten. Das sind Hürden für die Zusammenarbeit, die wir in einer gemeinsamen Untersuchung auflisten wollen. Gemeinsam werden wir dann der Regierung einen Vorschlag machen, wie diese Kosten für Unternehmen gesenkt werden können."
International gehören weder Russland noch Deutschland zu den Großen der IT-Branche. Wenn die Rechnungen der beiden Verbände aufgehen, könnten sie sich mit ihrer Kooperation gegenseitig zu einer bedeutenderen Rolle auf dem Weltmarkt verhelfen.