Russland weiterhin unnachgiebig
31. Mai 2007"Das ist eine ganz ernsthafte Bedrohung, weil es wieder zur Aufrüstung führt", kommentierte Russlands Außenminister Lawrow zum wiederholten Mal die US-Pläne für eine Raketenabwehr in Tschechien und Polen. Die strategische Stabilität werde untergraben und das sei "nicht ‚lächerlich’", so Lawrow unter Bezug auf eine Äußerung von US-Außenministerin Condoleezza Rice. Rice hatte beim Treffen der G8-Außenminister am 30. Mai in Potsdam die Moskauer Sorgen als "lächerlich" bezeichnet. Die Raketenabwehr sei gegen Nordkorea und den Iran gerichtet und außerdem habe Russlands Präsident Wladimir Putin selbst gesagt, das Abwehrsystem sei gegen die neuen russischen Raketen machtlos und könne von diesen zerstört werden. "Ich hoffe nicht, dass wir beweisen müssen, dass Condoleezza Recht hat", entgegnete Lawrow.
Persönliches Gespräch der Präsidenten
Angesichts der Spannungen zwischen Russland und den USA werden sich die Präsidenten beider Länder Anfang Juli zu einem persönlichen Gespräch in den USA treffen. US-Präsident George W. Bush habe Wladimir Putin für den 1. und 2. Juli nach Kennebunkport im Bundesstaat Maine eingeladen, teilte das Weiße Haus in Washington mit. Im Haus von George Bush Senior wollten sie über alle Themen sprechen, die auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm nicht geklärt werden können. Zu den strittigen Fragen gehört auch der künftige Status des Kosovo: Russland lehnt trotz eindringlicher Aufforderungen des Westens eine Entscheidung des UN-Sicherheitsrates über den künftigen internationalen Status der südserbischen Provinz ab.
Russland gegen unabhängiges Kosovo
Russlands Außenminister Lawrow kündigte bereits indirekt ein russisches Veto im UN-Sicherheitsrat an, falls über eine Unabhängigkeit des Kosovo unter internationaler Aufsicht abgestimmt werden sollte. "Bei dieser Frage sind unsere Positionen diametral entgegengesetzt, und ich sehe keine Chance, dass sie sich annähern werden", sagte Sergej Lawrow auf dem Außenministertreffen in Potsdam. Sein Land bestehe darauf, dass die Einigung über den Status der mehrheitlich von Albanern bewohnten serbischen Provinz Kosovo von beiden Seiten ausgehandelt und akzeptiert werde. Darüber könne nicht von der UNO entschieden werden.
"Das Schicksal von Serbien, das Schicksal des Kosovo soll nicht in New York, nicht in Potsdam, sondern nur in direkten Verhandlungen zwischen beiden Seiten entschieden werden", sagte Lawrow. Auch Belgrad, das die vom UN-Sonderbeauftragten Martti Ahtisaari vorgeschlagene Unabhängigkeit unter internationaler Kontrolle bislang ablehnt, müsse einverstanden sein. Was außerdem so viel heißt wie: Russland wird einer Unabhängigkeit des Kosovo gegen den Willen Serbiens nicht zustimmen. Ganz anders dagegen die Haltung der USA und der Europäischen Union.
Kluge Politik gegenüber Serbien notwendig
"Ohne Sicherheitsratsentscheidung werden wir im westlichen Balkan und im Kosovo nicht weiterkommen", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, aber "da liegen die Meinungen der G8-Staaten nicht nahe genug beieinander". Im Kreis der G8-Staaten gebe es noch "unterschiedliche Auffassungen". Die Suche nach einer Einigung dürfe aber nicht aufgegeben werden. Steinmeier plädierte für eine rasche Wiederaufnahme der eingefrorenen Verhandlungen über eine Annäherung Serbiens an die EU. Serbien habe Interesse an Europa gezeigt und wolle mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal zusammenarbeiten. "Damit ist auch ein Zeitpunkt erreicht, wo wir den europäischen Weg für Serbien glaubwürdig ausarbeiten sollten", so Steinmeier.
"Geschlossenheit" zeigen
Der Streit in der Kosovo-Frage wurde von Delegationskreisen als "offene, intensive und ernste Diskussion" beschrieben. Alle Seiten wollten "die Gespräche fortsetzen, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen und die "Geschlossenheit wahren". Dies bedeutet auch, dass keines der G8-Mitglieder Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, USA und Russland einseitig ein unabhängiges Kosovo anerkennen wird.
DW-RADIO, 31.5.2007, Fokus Ost-Südost