Doping: Russland reagiert auf WADA
11. November 2015Angesichts massiver Vorwürfe der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA warnt Russland vor einem pauschalen Ausschluss russischer Leichtathleten von den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro. "Zweifellos sollten Dopingsünder hart bestraft werden - aber gleichzeitig darf ehrlichen Sportlern nicht das Recht auf Teilnahme an Wettbewerben genommen werden", heißt es in einem am Mittwoch verabschiedeten Beschluss des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) Russlands. Sportminister Witali Mutko sagte bei einem Treffen in Sotschi, Russland werde "die Ehre der Athleten" verteidigen. "Wer nicht des Dopings überführt wurde, sollte an Wettbewerben teilnehmen. Anders kann es nicht sein", betonte er.
Als Beispiele für saubere Athletinnen führte er Stabhochspringerin Jelena Issinbajewa an, deren Karriere unbefleckt sei, und Weitspringerin Darja Klischina, die in den USA lebe und dem US-amerikanischen System der Doping-Kontrolle unterliege. Mutko behauptete, ein Grund für den Bericht der WADA-Kommission sei die Absicht, "unsere Mannschaft irgendwie zu schwächen".
Putin: "Keine Kollektivstrafen"
Auch Russlands Staatschef Wladimir Putin äußerte sich am Mittwochabend öffentlich zum Dopingskandal in der nationalen Leichtathletik. Putin forderte bei einem Treffen mit Sportfunktionären in Sotschi eine interne Untersuchung der Vorfälle durch russische Instanzen, die dann von der WADA vertieft werden soll. Zudem äußerte Putin, dass eventuelle Strafen nur "individuell" und nicht kollektiv sein dürften. Genau wie Mutko wies Putin darauf hin, dass das Dopingproblem "nicht nur in Russland" existiere. Allerdings sagte er auch: "Wenn unsere ausländischen Kollegen Fragen haben, ist es notwendig, dass keine offen bleiben."
Russische Zweifel an WADA-Vorwürfen
Die WADA wirft Russland organisiertes Doping vor. Eine Kommission empfiehlt als Konsequenz unter anderem den Ausschluss russischer Athleten von den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro. Mutko bot der WADA eine engere Zusammenarbeit an. Die Agentur solle Experten nach Moskau schicken, um die Arbeit des dortigen Anti-Doping-Labors, dem die WADA am Dienstag die Akkreditierung entzog, zu überwachen. "Lasst sie für sechs Monate kommen oder auch für ein Jahr." Russland denke zudem darüber nach, Doping künftig als Straftat zu ahnden. Allerdings sei das Einnehmen verbotener Substanzen kein typisch russisches, sondern ein weltweites Problem, unterstrich er.
Der Minister bekräftigte seine Zweifel an den Vorwürfen der WADA. In dem Bericht befänden sich viele Widersprüche, sagte er der Agentur Interfax zufolge. So werde einmal empfohlen, der Staat solle sich aus der Anti-Doping-Arbeit heraushalten, dann wiederum werde eine unzureichende staatliche Kontrolle kritisiert. "Es ist lächerlich zu behaupten, dass wir Sportler reinwaschen - wenn wir gleichzeitig Milliarden Rubel in den Anti-Doping-Kampf stecken." Mutko wies Vorwürfe zurück, russische Athleten seien bei den Olympischen Spielen 2012 in London gedopt gewesen. Damals seien die Sportler von britischen Kontrolleuren geprüft worden.
IOC-Präsident Bach: "Traurig und schockierend"
Unterdessen hat IOC-Präsident Thomas Bach den russischen Doping-Skandal als "traurig und schockierend" bezeichnet. Bach hält aber den neuen IAAF-Präsidenten Sebastian Coe für den richtigen Mann, um in der Leichtathletik aufzuräumen. "Ich hätte mir niemals vorgestellt, dass in einem internationalen Verband Geld von Athleten gefordert werden könnte, um Testergebnisse zu manipulieren", sagte Bach.
Er stellte harte Strafen für überführte Täter in Aussicht: "Medaillen könnten aberkannt und neu vergeben, Sportler und Athleten bestraft und von der IAAF ausgeschlossen werden", sagte Bach. Im Mittelpunkt des Doping-Skandals steht Lamine Diack. Der frühere Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes soll über eine Million Euro Schmiergelder kassiert haben, um positive Dopingproben russischer Athleten zu vertuschen.
asz/tk (dpa, sid)