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Kühler Krieg

23. August 2008

Russland hat die Kritik der USA und Frankreichs zurückgewiesen, es habe das Waffenstillstandsabkommen nicht erfüllt. Washington schickte unterdessen Kriegsschiffe mit Hilfsgütern nach Georgien.

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Die USS McFaul durchschifft am Freitag den Bosporus, Quelle: AP
Die USS McFaul durchschifft am Freitag den BosporusBild: AP

Russland erfüllt eigenen Angaben zufolge alle Bedingungen des Waffenstillstandsabkommens im Georgien-Konflikt. "Wir verhalten uns entsprechend der Erklärungen führender Politiker", betonte der stellvertretende Generalstabschef Anatoli Nogowizyn am Samstag (23.08.2008) bei einer Pressekonferenz. Das Vorgehen der russischen Friedenssoldaten stehe im Einklang mit den Prinzipien des von Frankreich vermittelten Waffenstillstandsabkommens.

Pufferzone um die abtrünnigen Provinzen

Russische Militärfahrzeuge verlassen am Freitag einen Checkpoint bei Gori, Quelle: AP
Russische Militärfahrzeuge verlassen am Freitag einen Checkpoint bei GoriBild: AP

Die USA und Frankreich hatten Russland vorgeworfen, sich nicht an die Vereinbarungen des Sechs-Punkte-Plans für eine Waffenruhe im Kaukasuskonflikt zu halten. "Sie haben sich nicht vollständig aus den Gegenden zurückgezogen, die als nicht umstritten gelten", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Gordon Johndroe, am Freitag. Darin sei sich Präsident George W. Bush auch mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy einig. Wie der Élysée-Palast mitteilte, hätten die Präsidenten in einem Telefonat zwar festgestellt, dass Russland den Rückzug eingeleitet habe. Dieser müsse jedoch noch "fortgesetzt und gemäß den Verpflichtungen der russischen Seite beendet werden", hieß es in Paris.

Moskau hatte den Rückzug am Freitag für abgeschlossen erklärt. Der Abzug sei um 17.50 Uhr MESZ abgeschlossen worden, teilte Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow in Moskau mit. In einer Pufferzone um die abtrünnigen Provinzen Südossetien und Abchasien seien aber noch mehrere hundert russische Soldaten als Schutztruppe stationiert, fügte Serdjukow hinzu.

NATO-Kriegsschiffe im Schwarzen Meer

Unterdessen kritisierte der russische Generalstab hat die Präsenz von NATO-Kriegsschiffen im Schwarzen Meer. "Die NATO verstärkt unter dem Vorwand der humanitären Hilfe ihre militärische Präsenz im Schwarzen Meer", sagte der Vize-Generalstabschef Anatoli Nogowizyn am Samstag nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau. "Das dient nicht dazu, die Lage in der Region zu stabilisieren", fügte Nogowizyn hinzu. Der US-Zerstörer "USS McFaul" nimmt derzeit mit Hilfsgütern an Bord Kurs auf Georgien. Das Marineschiff passierte am Freitagabend den Bosporus.

Demonstranten in Istanbul fordern den Abzug der US-Kriegsschiffe, Quelle: AP
Demonstranten in Istanbul fordern den Abzug der US-KriegsschiffeBild: AP

Die "McFaul" wurde auf dem Weg durch die Meerenge von einem polnischen Marineschiff begleitet. In den kommenden Tagen sollen zwei weitere US-Schiffe durch den Bosporus an die Küste Georgiens fahren. Unabhängig von der Georgien-Hilfe der USA hatten am Donnerstag mehrere Schiffe aus NATO-Staaten den Bosporus Richtung Schwarzes Meer passiert, darunter die deutsche Fregatte "Lübeck". Sie beteiligen sich nach NATO-Angaben an einer seit über einem Jahr geplanten Übung im westlichen Teil des Meeres vor den Küsten der NATO-Staaten Bulgarien und Rumänien.

Der amerikanische Handelsminister Carlos Gutierrez drohte Russland mit dem Ausschluss aus der Gruppe der acht führenden Industriestaaten und mit einer Blockade des geplanten Beitritts zur Welthandelsorganisation WTO. In einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" sagte er: "Bisher war Amerika der Anwalt Russlands, wenn es darum ging, das Land in die Weltgemeinschaft zu integrieren. Wir haben Russland in die Gruppe der acht führenden Industriestaaten aufgenommen, wir haben Russlands Wunsch, der WTO beizutreten, begrüßt. All das steht nun auf dem Spiel."

Saakaschwili räumt Fehleinschätzung ein

Georgiens Präsident Michail Saakaschwili bekräftigte derweil seine Forderung nach Entsendung einer internationalen Friedenstruppe in das Konfliktgebiet. "Der Erhalt von Georgiens territorialer Einheit ist unvorstellbar ohne eine echte Internationalisierung der Friedenstruppe", sagte Saakaschwili am Freitagabend auf einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates in Tiflis, wie georgische Medien berichteten. Gegen eine solche internationale Schutztruppe, über die in der EU diskutiert wird, sperren sich aber die abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien.

Michail Saakaschwili hatte nicht mit einer starken Reaktion auf seine Militäroffensive in Südossetien gerechnet, Quelle: AP
Michail Saakaschwili hatte mit keiner starken Reaktion auf seine Militäroffensive in Südossetien gerechnetBild: AP

Die russischen Kampfeinheiten hätten sich zwar aus der zentralgeorgischen Stadt Gori zurückgezogen. Sie kontrollierten aber die Zufahrt zum wichtigen Schwarzmeerhafen Poti sowie zu anderen Orten im Westen Georgiens in dem Gebiet vor Abchasien, sagte Saakaschwili. Saakaschwili bekannte, dass ihn trotz seiner eigenen Warnungen vor russischen Aggressionen das Ausmaß des Einmarsches überrascht habe. "Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es ein derart groß angelegter feindlicher Einfall werden würde", sagte Saakaschwili in Tiflis. Nach allgemeiner Einschätzung hatte Saakaschwili mit seinem Angriff auf die abtrünnige und von Moskau protegierte Provinz Südossetien den russischen Einmarsch vor zwei Wochen provoziert. (stu)

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