Russland fordert Erklärung zum INF-Vertrag
22. Oktober 2018Nach dem angekündigten Austritt der USA aus dem INF-Vertrag (Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme) hat der amerikanische Sicherheitsberater John Bolton in Moskau mit politischen Vertretern über das weitere Vorgehen gesprochen. Bolton traf sich unter anderem mit Nikolai Patruschew vom russischen Sicherheitsrat (Artikelbild).
Nach dem Gespräch äußerte Moskau die Bereitschaft, die gegenseitigen Vorwürfe auszuräumen. Patruschew bekräftigte laut einer Mitteilung des Sicherheitsrates, es sei wichtig, an dem Vertrag festzuhalten. Die von den USA geplante Aufkündigung sei "ein schwerer Schlag für das internationale Rechtssystem der Nichtverbreitung und Rüstungskontrolle".
Außenminister Sergej Lawrow betonte ebenfalls, Moskau sei noch immer zu einem Dialog mit Washington bereit. Der US-Sicherheitsberater soll am Dienstag noch mit Präsident Wladimir Putin in Moskau zusammentreffen. Russland fordert von den Amerikanern ausführliche Erklärungen.
Von der Leyen fordert NATO-Beteiligung
US-Präsident Donald Trump hatte am Wochenende überraschend angekündigt, den INF-Vertrag einseitig aufzukündigen. Die 1987 geschlossene Vereinbarung zwischen den Vereinigten Staaten und der damaligen Sowjetunion verbietet beiden Seiten den Bau und den Besitz landgestützter, atomar bewaffneter Marschflugkörper und Raketen mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern. Die USA und Russland werfen sich seit mehreren Jahren gegenseitig vor, den Vertrag zu verletzen.
Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) forderte die Einbindung der NATO-Länder. "Unabhängig davon, ob der Vertrag gerettet oder neu verhandelt werden muss, wichtig ist jetzt, dass alle NATO-Staaten in diese Gespräche einbezogen werden". Sie ergänzte, die Entwicklung sei besorgniserregend, auch wenn sie sich schon abgezeichnet habe. Bereits im Sommer habe es erhebliche Zweifel an der Vertragstreue Russlands gegeben.
USA wollen NATO-Partner informieren
Die USA kündigten an, die NATO-Partner im Laufe der Woche offiziell über die Pläne zur Zukunft des Vertrags zu informieren. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen soll die Unterrichtung während einer Sitzung des Nordatlantikrates erfolgen. Dieser tagt auf der Botschafterebene mindestens einmal pro Woche.Mit der Aufkündigung des Vertrages würde ein Grundpfeiler der europäischen Sicherheit untergraben. Sie könnte ein neues Wettrüsten in Gang setzen, von dem vor allem Europa betroffen wäre. Die durch den INF-Vertrag verbotenen Atomwaffen erreichen von Russland aus zwar Westeuropa, nicht aber die USA.
Die EU-Kommission verlangte deshalb, die USA und Russland müssten weiterhin einen konstruktiven Dialog führen, "um das Abkommen beizubehalten und seine vollständige und nachweisliche Umsetzung sicherzustellen". Es habe zum Ende des Kalten Kriegs und des nuklearen Wettlaufs beigetragen, sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini in Brüssel.
Ba/uh (dpa, rtr, afp)