Russischer Tanker in Ukraine festgesetzt
25. Juli 2019Neuer Konfliktstoff zwischen Moskau und Kiew: Die Ukraine hat nach eigenen Angaben einen russischen Tanker festgesetzt und durchsucht. Die "Nika Spirit" soll im vergangenen Jahr an der Blockade von drei ukrainischen Militärbooten vor der durch Russland annektierten Halbinsel Krim beteiligt gewesen sein, teilten ukrainische Behörden mit. Der beschlagnahmte Tanker liege nun im ukrainischen Hafen von Ismajil in der Region Odessa. Er wird laut dem ukrainischen Geheimdienst nach Dokumenten, Funkaufzeichnungen und Bordbüchern als Beweismittel für den Zwischenfall durchsucht. Die Besatzungsmitglieder seien verhört, anschließend aber wieder freigelassen worden.
Entschlossene Reaktion Russlands
Moskau nannte das Vorgehen eine Provokation. Dies werde die Verhandlungen über die Freilassung der ukrainischen Matrosen erschweren, sagte Wladimir Dschabarow, ein Mitglied des Föderationsrates, der Agentur Interfax zufolge. Er vermutete dahinter "bestimmte Kreise" in den Behörden des abgewählten ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Dies ziele wohl darauf ab, die sich abzeichnende Normalisierung der Beziehungen unter dem neuen Präsidenten Wolodymyr Selenskij zu untergraben.
"Wir prüfen, was passiert ist, um angemessene Maßnahmen zu ergreifen", hatte das russische Außenministerium zuvor mitgeteilt. "Sollten Russen als Geiseln gehalten werden, würde dies als schwerste Verletzung internationalen Rechts erachtet, und mit zügigen Konsequenzen wäre zu rechnen", hatte es weiter geheißen.
Eskalation in der Straße von Kertsch
Vergangenen November war der seit Jahren schwelende Krim-Konflikt zwischen Russland und der Ukraine in der Straße von Kertsch eskaliert. Die Meerenge zwischen der von Russland annektierten Halbinsel Krim und Südrussland verbindet das Schwarze und das Asowsche Meer. Russland verwehrte mit Hilfe eines Frachtschiffs drei ukrainischen Marinebooten die Einfahrtin dieses Gewässer. Russische Grenzschutzboote beschossen die ukrainischen Schiffe und verletzten dabei mehrere Matrosen. Dann beschlagnahmten sie die Boote und brachten sie mit ihren Besatzungen in die Hafenstadt Kertsch. Die Seeleute befinden sich seitdem im russischen Gewahrsam.
Der Internationale Seegerichtshof in Hamburg ordnete im Mai die sofortige Freilassung der 24 Ukrainer an. Moskau will die Matrosen wegen Grenzverletzung bestrafen, ihnen drohen bis zu sechs Jahren Gefängnis.
Die ukrainischen Behörden teilten mit, der nun festgesetzte Tanker habe damals den Namen "Neyma" gehabt. Er sei in "Nika Spirit" umbenannt worden, "um die Beteiligung an illegalen Vorgängen zu verschleiern". Das Schiff sei in die Hafenstadt Ismajil eingelaufen, wo seine wahre Identität festgestellt worden sei.
rku/jj (afp, dpa, rtr)