Rund um die Welt brennt der Wald
10. September 2019Durch Waldbrände sind in Bolivien seit August zwei Millionen Hektar Wald und Grasland zerstört worden, darunter auch einige Naturschutzgebiete. Fast 900.000 Hektar Schutzgebiete seien abgebrannt, sagte Cinthia Asin, Umweltministerin der am stärksten betroffenen Region Santa Cruz im Osten Boliviens. Die Feuer waren im Mai ausgebrochen und hatten sich im August verstärkt.
Bereits gelöschte Brände seien absichtlich neu entfacht worden, sagte Verteidigungsminister Javier Zavaleta. Er bezeichnete dies als "makaber". Einige Bauern und Landbesitzer beschuldigte Zavaleta der "Sabotage".
Offizielle Erlaubnis zum Niederbrennen
Umweltschützer weisen der Regierung die Verantwortung für die Waldbrände zu. Per Gesetz hatte sie das Abbrennen von Wald- und Weideflächen für landwirtschaftliche Zwecke gefördert. Kürzlich gestattete sie Landwirten, 20 Hektar statt der üblichen fünf Hektar Wald niederzubrennen. Beobachter gehen davon aus, dass dies zu Tausenden Waldbränden geführt hat. Die Regierung führt die Feuer hingegen auf das trockene Wetter und Winde zurück.
Auch der ultrarechte Präsident des großen Nachbarlandes Brasilien hatte die Umweltschutzauflagen zuletzt gelockert und das Abbrennen von jeweils 20 Hektar Waldfläche erlaubt. Von Januar bis Ende August wurden in Brasilien insgesamt fast 90.000 Brände registriert. Das ist die höchste Zahl seit 2010. Im Amazonasgebiet wurden in diesem Zeitraum fast 6500 Quadratkilometer des ökologisch hoch bedeutsamen Regenwaldes zerstört - fast doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum.
Tausende Helfer auf Borneo und Sumatra im Einsatz
Auf anderen Kontinenten wüten ebenfalls heftige Wald- und Buschbrände. In Südostasien sind vor allem die Inseln Borneo und Sumatra betroffen. Tausende Helfer sind im Löscheinsatz. Auch hier werden viele Feuer absichtlich gelegt, um Ackerland zu gewinnen.
Im malaysischen Teil von Borneo blieben 400 Schulen geschlossen. In der Hauptstadt Kuala Lumpur und deren Großraum wurde die Luftqualität offiziell als "ungesund" eingestuft. In der indonesischen Nachbarprovinz Jambi schlossen viele Kindergärten bis Freitag.
Fast 70 Brände im Osten Australiens
In Australien flohen mehrere Hundert Menschen aus Angst vor gewaltigen Buschfeuern aus ihren Wohnungen. An der Küste des Bundesstaates Queensland im Osten des Kontinents wüteten mindestens 68 Brände, teilte die Feuerwehr mit. Tausende Menschen hatten keinen Strom. Auch im benachbarten Bundesstaat New South Wales versuchten Helfer, die Flammen einzudämmen.
Für Australien, wo gerade ein verhältnismäßig warmer Winter zu Ende ging, kommen die Brände diesmal ungewöhnlich früh. Der Kontinent auf der Südhalbkugel hat drei äußerst trockene Jahre hinter sich. Die Klimaveränderungen in Folge der Erderwärmung begünstigen Trockenheit und damit einhergehend Großfeuer.
Studie: Billionengewinne durch Klimaanpassung
Eine neue Studie betont indes die wirtschaftlichen Chancen, die mit der Anpassung an den Klimawandel einhergehen. Investitionen in Infrastruktur und Landwirtschaft, um die klimatische Widerstandsfähigkeit zu steigern, könnten bis 2030 einen Nettogewinn von sieben Billionen Dollar (umgerechnet 6,3 Billionen Euro) generieren, sagte der ehemalige UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Er leitet gemeinsam mit der Weltbank-Geschäftsführerin Kristalina Georgiewa und dem Milliardär Bill Gates die Globale Kommission für Anpassung, die 2018 gegründet wurde.
Eine Studie der Kommission errechnete den möglichen Gewinn unter der Annahme, dass 1,9 Billionen Dollar (1,7 Billionen Euro) investiert werden - etwa in bessere Frühwarnsysteme für sich häufende Naturkatastrophen, dürreresistente Nutzpflanzen oder effektiveren Hochwasserschutz.
Wirtschaft kaum auf Klimawandel vorbereitet
Ban betonte, es gehe jedoch nicht nur um wirtschaftliche Chancen, sondern um das Überleben von Menschen. Der Globalen Kommission zufolge besteht die Gefahr von Wasserknappheit und erheblichen Einbußen in der Landwirtschaft. Hunderte Millionen Küstenbewohner müssten - ohne andere Maßnahmen - umgesiedelt werden, weil der Meeresspiegel steige.
Bislang allerdings, so das ernüchternde Fazit der Studie, seien sinnvolle, wirtschaftlich angepasste Projekte selten. Die Ökonomie sei ungenügend auf die neuen Rahmenbedingungen vorbereitet. Und das, obwohl die Klimakrise längst vor unserer Haustür angekommen sei, so der frühere UN-Generalsekretär: Waldbrände verwüsteten empfindliche Lebensräume, in manchen Städten komme aus den Hähnen kein Wasser mehr, Dürren trockneten ganze Landstriche aus und Überschwemmungen zerstörten die Häuser und damit die Lebensgrundlage der Menschen.
jj/uh (dpa, afp)