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Opposition kämpft um Anerkennung

Jesko Johannsen 8. September 2015

In Ruanda gibt es keine parlamentarische Opposition. Doch die Grünen wollen das ändern - trotz aller Schwierigkeiten. Vor dem Obersten Gericht haben sie gegen eine Verfassungsänderung geklagt.

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Frank Habineza, Vorsitzender der demokratischen Grünen in Ruanda (Foto: DW)
Bild: DW/J. Johannsen

Frank Habineza wirkt, als könne ihn nichts erschüttern. Er ist Vorsitzender der einzigen Oppositionspartei Ruandas, den demokratischen Grünen. "Unsere Mitglieder wurden verprügelt, wir bekamen keine Genehmigungen zu arbeiten", erinnert sich Habineza an die Gründungsjahre seiner Partei. "Mein Stellvertreter wurde ermordet und ich selber bin für zwei Jahre ins Exil nach Schweden gegangen." Er erzählt von Verfolgung, Flucht, Mord und Verhaftungen, als gehörten sie zum politischen Alltag einfach dazu. Vier Jahre hat es gedauert, bis die Partei im August 2013 schließlich zugelassen wurde. Allerdings zu spät, um noch bei den Parlamentswahlen antreten zu können. "Am Freitag bekamen wir die Zulassung und bis Montag mussten wir die Kandidaten für die Parlamentswahl übermitteln. Die Zeit war einfach zu knapp", so Habineza.

Ruanda wird von der Rwanda Patriotic Front (RPF) von Präsident Paul Kagame regiert. Sie bekam bei den Parlamentswahlen von 2013 76 Prozent der Stimmen. Zwar gibt es in Ruanda offiziell Oppositionsparteien, die seien der Regierung gegenüber jedoch loyal, sobald sie ins Parlament einzögen, erklärt der unabhängige ruandische Journalist Gonza Muganwa. "Sie sind in einer Koalition mit der RPF oder personell in der Regierung vertreten. Normalerweise vertreten sie dieselbe Position wie die Regierungspartei." Man könne sie also nicht als Opposition ansehen. "Die richtige Opposition ist nicht im Parlament."

Gonza Muganwa, unabhängiger Journalist aus Ruanda (Foto:DW)
Journalist Muganwa: "Die richtige Opposition ist nicht im Parlament"Bild: DW/J. Johannsen

Teilerfolg für die Grüne Partei

Dennoch scheint der Rückhalt für Präsident Kagame und seine RPF in der Bevölkerung nach wie vor groß. Wo immer Kagame auftritt, warten hunderte Menschen auf ihn - auch stundenlang in der prallen Mittagssonne. Frenetisch wird er von seinen Anhängern empfangen. Bei der Präsidentschaftswahl 2010 bekam Kagame mehr als 93 Prozent der Stimmen - begleitet von etlichen Berichten über Wahlbetrug. 2017 darf er laut Verfassung eigentlich nicht noch einmal antreten.

Das Parlament hat Kagame bereits den Weg für eine Wiederwahl geebnet und dafür gestimmt, die Verfassung in einem Referendum zu ändern. Habinezas Grüne haben dagegen Klage beim Obersten Gerichtshof Ruandas Klage eingereicht. Die Regierung wollte das nicht hinnehmen. Sie hatte dem Parlament rund 3,8 Millionen Unterschriften von Ruandern vorgelegt, die für eine Verfassungsänderung sind. Die Grünen beschuldigen die Regierung hingegen, die Unterschriften in einer Kampagne eingetrieben zu haben. "Es ist nicht der Wille der Menschen. Es kommt von oben: von Ministern und Parlamentariern. Darum haben wir die Regierung vor Gericht gebracht."

Ruandas Präsident Paul Kagame (Foto: DW)
Ruandas Präsident Paul KagameBild: DW/J. Johannsen

Formal hatte die Regierung dann Einspruch gegen die Opposition eingelegt mit der Begründung, das Gericht sei überhaupt nicht zuständig. Am Mittwoch dann die Überraschung: Die Klage der Opposition wird trotz der Einwände der Regierung zugelassen. Beobachter hatten damit gerechnet, dass die Klage bereits in der ersten Instanz abgeschmettert werden würde. "Heute ist ein guter Tag für uns", sagte Frank Habineza im Anschluss der Verhandlung gegenüber der DW. "Wir sind froh, dass der Oberste Gerichtshof unsere Klage zugelassen hat." Wann das abschließende Urteil verkündet wird, ließen die Richter allerdings offen. Für den 23. September ist zunächst eine weitere Anhörung geplant.

Der Regierungsanwalt Epimack Rubangozeigte sich weniger begeistert, ließ aber durchblicken, dass er das Urteil akzeptieren wolle: "Selbst wenn man nicht glücklich über den Ausgang einer Verhandlung ist, muss man die Entscheidung des Gerichts befolgen", sagte er der DW. Das gelte eben auch für staatliche Institutionen. Doch auch wenn die Opposition vor Gericht einen ersten Erfolg verbuchen konnte, der Journalist Muganwa warnt davor, dass sich die Sache auch als Eigentor für die Grüne Partei herausstellen könnte. "Die Unterstützer von Kagame könnten jetzt behaupten, dass es eine demokratische Debatte um eine dritte Amtszeit für den Präsidenten gäbe."

Zu früh für eine "echte" Opposition?

Doch Habineza und den Grünen geht es nicht nur darum, ein Gegengewicht zur Regierung zu schaffen. "Jetzt, wo wir klar Position gegen eine Verfassungsänderung bezogen haben, sehen uns manche als Landesverräter, was nicht wahr ist", sagt Habineza. "Wir lieben dieses Land. Wir haben nur eine andere Meinung." In ihrem Parteiprogramm haben sie sich neben dem Umweltschutz auch der Demokratieförderung, den Menschenrechten, einer Reform des Bildungssektors und einer nachhaltigen Ökonomie verschrieben.

Eine Menschenmenge in Ruanda wartet auf den Präsidenten Kagame (Foto: DW)
Warten auf Präsident KagameBild: DW/J. Johannsen

Der Journalist Muganwa glaubt, dass Ruanda noch nicht bereit sei für politische Opposition. Historisch hätte das Land immer nur starke Regierungen erlebt, die andere Meinungen nicht akzeptierten. "Die politische Toleranz ist noch nicht so weit gewachsen, dass politische Opposition erlaubt wird." Manchmal werde das mit der Geschichte des Genozids begründet, die nach einer Politik des Konsens verlange. "Aber es gibt auch Analysten, die sagen, dies sei eine Ausrede, die Opposition zu unterdrücken."

Frank Habineza und seine Grünen sind entschlossen, ihre Politik weiterhin zu verfolgen. Doch einfach wird es für sie nicht werden. Parteimitglieder finden keine Arbeit und landen schnell im Gefängnis - wie im Fall eines Parteigenossen im Südwesten Ruandas. "Nach unseren Informationen hat er sich gegen eine dritte Amtszeit von Präsident Kagame ausgesprochen und wurde dann verhaftet", erzählt Habineza. "Aber plötzlich wurde ihm eine ganz andere Sache vorgeworfen: Er soll als Arzt auch zu Hause gearbeitet haben - und nicht nur im Krankenhaus." Trotz aller Widerstände wächst die Partei. Mittlerweile hat sie Büros in den meisten Landesteilen - und Parteichef Habineza hofft auf den Einzug ins Parlament bei den nächsten Wahlen im Jahr 2018.