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Enke litt unter Depressionen

12. November 2009

Der Nationaltorwart war seit Jahren wegen Depressionen und Versagensängsten in Behandlung. Die Krankheit war offenbar der Grund für Robert Enkes Selbstmord am Dienstag. Das Länderspiel gegen Chile wurde abgesagt.

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Bild: picture-alliance / augenklick/RO
Der Arzt und die Witwe Enkes bei der Pressekonferenz in Hannover. Foto: AP
Der Arzt und die Witwe Enkes bei der Pressekonferenz in HannoverBild: AP

2003 habe sich Enke erstmals bei ihm behandeln lassen, sagte der Kölner Arzt Valentin Markser. Damals stand Enke beim FC Barcelona unter Vertrag. Enke habe unter schweren Depressionen und Versagensängsten gelitten, so der Psychiater bei einer Pressekonferenz in Hannover. Damals habe er Enke monatelang täglich behandelt. Anschließend habe sich Enkes Zustand stabilisiert. Im vergangenen Sommer sei der Torwart jedoch wegen einer Infektion erneut in eine schwere seelische Krise geraten. Diese habe auch zu Enkes mehrwöchiger Trainings- und Länderspielpause geführt. Der Torwart habe es aber stets abgelehnt, sich in stationäre Behandlung zu begeben. Noch am Tag seines Selbstmordes habe Enke in einem Telefonat mit einem Klinikchef versichert, dass es ihm besser gehe und er sich nicht behandeln lasse müsse. "In seinem Abschiedsbrief entschuldigt er sich bei den Angehörigen und dem behandelnden Arzt für die bewusste Täuschung über seinen seelischen Zustand der letzten Tage, die notwendig war, um seinen Selbstmordplan verwirklichen zu können", sagte Markser.

Krankheit bewusst verschwiegen

Teresa Enke bei der Pressekonferenz. Foto: AP
Teresa EnkeBild: AP

Enkes Witwe Teresa sagte bei der Pressekonferenz, ihr Mann habe die Krankheit bewusst verschwiegen "aus Angst, seinen Sport, unser Privatleben und alles zu verlieren." Es habe den Anschein gehabt, dass es ihrem Mann besser gehe. Selbst der schmerzhafte Verlust der gemeinsamen Tochter Lara vor drei Jahren habe ihn nicht aus der Bahn geworfen. "Das hat uns einfach zusammengeschweißt. Wir haben gedacht, wir schaffen alles. Wir dachten, mit Liebe geht das. Aber man schafft es doch nicht immer", sagte Teresa Enke, mit den Tränen ringend. Ihre Tochter Lara war 2006 im Alter von zwei Jahren an einem angeborenen Herzfehler gestorben. Im Mai 2009 hatte das Ehepaar Enke ein Mädchen adoptiert, das jetzt acht Monate alt ist.

Kerzen brennen vor einem Bild Enkes. Foto: AP
Gedenken der FansBild: AP

Am Dienstag war Robert Enke in Neustadt am Rübenberge nahe Hannover von einem Nahverkehrszug überrollt worden. Er hatte sein Auto nahe den Gleisen abgestellt. Die Türen waren unverschlossen, auf dem Beifahrersitz lag Enkes Portemonnaie. Noch in der Nacht versammelten sich am Stadion in Hannover Hunderte Fans, um des Verstorbenen zu gedenken, Kerzen anzuzünden und sich in ein Kondolenzbuch einzutragen. Auch auf Enkes Homepage (www.enke1.de) drückten innerhalb weniger Stunden Zehntausende ihr Mitgefühl aus.

Trauerfeier am Sonntag

Oliver Bierhoff weint während der DFB-Pressekonferenz. Foto: AP
Bierhoff erschüttertBild: AP

Der Deutsche Fußball-Bund sagte das für Samstag in Köln geplante Länderspiel gegen Chile ab. "Wir brauchen Zeit, um auch wirklich das alles aufzuarbeiten und nicht oberflächlich mit den Dingen umzugehen", sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger. Der deutsche Fußball werde versuchen, eine Antwort auf die Frage zu finden, "warum junge Leistungssportler, die von vielen bejubelt, umjubelt, als Idole gefeiert werden, in eine solche Situation kommen." Bei der DFB-Pressekonferenz in Bonn brach Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft, während er sprach, in Tränen aus. Bei einer Trauerandacht in der Hannoveraner Marktkirche nahmen im Beisein der DFB-Führungsspitze mehrere tausend Menschen Abschied von Enke. Im Anschluß zogen 35.000 Menschen in einem Trauermarsch zum Stadion. Am Sonntag werden die Nationalspieler in Hannover an einer Trauerfeier für Enke teilnehmen. Anschließend soll die Vorbereitung auf das Länderspiel am kommenden Mittwoch in Gelsenkirchen gegen die Elfenbeinküste beginnen.

Auf und Ab in Enkes Karriere

Robert Enke wurde am 24. August 1977 in Jena geboren. 1996 wechselte er vom Zweitligisten FC Carl Zeiss Jena zum Bundesligisten Borussia Mönchengladbach, wo er bis 1999 zwischen den Pfosten stand. Über die Stationen Benfica Lissabon, FC Barcelona, Fenerbahce Istanbul und CD Teneriffa kehrte Enke 2004 in die Bundesliga zurück: zu Hannover 96. In der Nationalmannschaft gab er 2007 in einem Freundschaftsspiel gegen Dänemark sein Debüt. Nach der EM 2008, bei der er hinter Jens Lehmann die Nummer zwei im Tor war, galt Enke zunächst als aussichtsreicher Kandidat für den Stammplatz des Torwarts bei der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika.

Nationaltorwart Enke applaudiert den Fans, im Hintergrund deutsche Fahne. Foto: AP
Auf dem Weg zur Nummer eins im deutschen TorBild: AP

Sein achtes und letztes Länderspiel bestritt er im August in Aserbaidschan. Dann aber wurde Enke krank. Von einer bakteriellen Infektion des Darms war damals die Rede. Enke verpasste vier Länderspiele, unter anderem das entscheidende WM-Qualifikationsspiel am 10. Oktober in Russland. Vor zehn Tagen stand Enke beim Bundesligaspiel in Köln wieder im Tor von Hannover 96. Dennoch wurde er nicht zu den beiden geplanten Länderspielen gegen Chile und gegen die Elfenbeinküste eingeladen. René Adler und Manuel Neuer sollten zwischen den Pfosten stehen. Löw signalisierte Enke jedoch, dass er weiter gute Chancen habe, die Nummer eins bei der WM 2010 in Südafrika zu sein.

Autor: Stefan Nestler
Redaktion: Joachim Falkenhagen