Risiko der Gehirnkrankheit CTE im Kontaktsport
Wie hoch ist die Gefahr, als Football-, Fußball- oder Rugbyspieler im Alter dement zu werden? Das Wissen über die unheilbare Krankheit CTE, bei der durch Kopferschütterungen Gehirnzellen zerstört werden, wächst stetig.
Boxer-Demenz
Der US-Pathologe Harrison Martland beschreibt bereits 1928 unter der Bezeichnung "Punch-Drunk-Symptom" bei Boxern das Krankheitsbild von CTE: verlangsamte Bewegungen, Zittern, Verwirrung, Probleme beim Sprechen als Spätfolge harter Schläge an den Kopf. Auch Box-Legende Joe Louis (Bild) soll daran gelitten haben. Der Begriff CTE (Chronisch-traumatische Enzephalopathie) wird seit 1966 verwendet.
CTE bei NFL-Star Mike Webster
Mit den Pittsburgh Steelers gewinnt "Iron Mike" Webster, viermal den Superbowl. Viele unbehandelte Kopftraumata verursachen nach seiner aktiven Karriere große gesundheitliche Probleme. Der NFL-Star stirbt 2002 im Alter von nur 50 Jahren. Bei der Obduktion diagnostiziert der Pathologe Bennet Omalu CTE und versetzt damit die Welt des American Football in helle Aufregung.
Hollywoodfilm über CTE
2015 verfilmt US-Regisseur Peter Landesman (r.) die Geschichte Omalus (2.v.r.). Filmstar Will Smith (l.) spielt den streitbaren Pathologen, der sich auch vom Widerstand der NFL und Anfeindungen vieler Football-Fans nicht von seinem Weg abbringen lässt. Der preisgekrönte Film "Concussion" (In Deutschland: Erschütternde Wahrheit) bringt das Thema CTE auch in die breite Öffentlichkeit.
CTE-Koryphäe
Im Film mit Will Smith werden die vielen anderen Forschenden, die sich mit CTE beschäftigen, nicht genannt. Ann McKee (Bild), Pathologin aus Boston, gilt als eine der führenden Expertinnen für CTE. In zahlreichen Studien weist sie CTE nicht nur im American Football, sondern auch in anderen Kontaktsportarten nach. Hier zeigt sie das von CTE zerstörte Gehirn des früheren NFL-Profis Aaron Hernandez.
Mörder mit CTE
Im frühen Stadium kann CTE auch zu extremen Persönlichkeitsveränderungen führen. Der frühere NFL-Profi Aaron Hernandez wird 2015 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. 2017 nimmt er sich in der Haft das Leben. Bei der Obduktion stellt das Team um Ann McKee CTE in einem für sein Alter von 27 Jahren ungewöhnlich fortgeschrittenen Stadium fest.
Erste CTE-Diagnose bei Profi-Sportlerin
Sportlerinnen und Sportler mit CTE weisen ein höheres Suizid-Risiko auf. 2022 nimmt sich Heather Anderson (Bild) mit 28 Jahren das Leben. Sie hat als Profi in der australischen Football-Liga gespielt. Andersons Eltern stellen ihr Gehirn den Wissenschaftlern der "Australian Sports Brain Bank" zur Verfügung. Das Ergebnis der Obduktion: CTE. Es ist die erste CTE-Diagnose bei einer Profi-Sportlerin.
Der Kopfball-Spezialist mit CTE
Jeff Astle ist in den 1960er und 70er Jahren ein für seine Kopfballstärke bekannter Fußballer des englischen Traditionsvereins West Bromwich Albion. 2002 stirbt er, hochgradig dement, mit nur 59 Jahren. Sein Gehirn habe nach Aussage des Pathologen "wie das eines Boxers ausgesehen", erinnert sich Tochter Dawn Astle. "Die wahrscheinlichste Ursache für dieses Trauma sei das häufige Kopfballspiel."
Es kann auch junge Sportler treffen
CTE kann sich auch schon im frühen Alter entwickeln. Das zeigte eine Studie der Universität Boston im August 2023. Das Team hatte die Gehirne von 152 Kontaktsportlern aus Jugend-, High-School- und College-Teams untersucht, die vor ihrem 30. Lebensjahr gestorben waren. 40 Prozent von ihnen hatten CTE.
Mit jedem Jahr steigt das Risiko
Mitten in die Rugby-WM in Frankreich im Oktober 2023 platzt die Nachricht einer CTE-Studie von Wissenschaftlern aus den USA, Australien und Schottland. Sie hatten 31 Gehirne früherer Rugby-Profis und -Amateure untersucht. 21 hatten CTE. Auch die Dauer der Sportausübung spiele eine Rolle, erklärten die Forschenden. Mit jedem weiteren Jahr als Rugbyspieler steige das CTE-Risiko um 14 Prozent.