Hussein pfeift Champions-League-Finale
4. Mai 2021"Früher habe ich gerne über die Schiedsrichter gemeckert", räumt Riem Hussein ein. Das war allerdings, als sie selbst noch Fußball spielte. Heute steht sie auf der anderen Seite: Die 40-Jährige zählt zu Deutschlands profiliertesten Schiedsrichterinnen und ist eine Autorität auf dem Platz. Das sieht auch die UEFA so und nominierte Hussein jetzt für das Champions-League-Finale der Frauen: Am 16. Mai wird sie in der schwedischen Hafenstadt Göteborg das Duell zwischen dem FC Barcelona und dem FC-Bayern-Bezwinger FC Chelsea pfeifen.
Geboren wurde Hussein 1980 als Tochter palästinensischer Auswanderer in der niedersächsischen Kleinstadt Bad Harzburg, wo sie auch heute noch lebt. Vor vier Jahren übernahm die promovierte Pharmazeutin gemeinsam mit ihrer Schwester Fadwa und ihrem Bruder Fadi von ihrem Vater dessen Apotheke im Stadtzentrum. Wie verträgt sich ihre Arbeit mit ihren häufigen Einsätzen als Schiedsrichterin? "Ich tausche mit meinen Geschwistern die Dienste hin und her", sagt Riem Hussein.
WM-Spiel vor 50.000 Zuschauern geleitet
Mit fünf Jahren begann sie, Fußball zu spielen. Ihre Karriere führte sie bis in die zweite Frauen-Bundesliga, wo sie bis 2005 für den MTV Wolfenbüttel auf Torejagd ging. Noch zu ihrer aktiven Zeit als Spielerin machte sie mit 20 Jahren ihren Schiedsrichterschein. Schon seit 2006 pfeift Hussein Spiele der Frauen-Bundesliga: 110 Partien hat sie in der höchsten deutschen Spielklasse geleitet. Seit 2009 steht Hussein auch auf der FIFA-Liste.
Bei der Frauenfußball-Europameisterschaft 2017 in den Niederlanden war sie zweimal im Einsatz, bei der Frauen-Weltmeisterschaft 2019 in Frankreich sogar dreimal. Unter anderem pfiff sie das Vorrundenspiel des späteren Weltmeisters USA gegen Chile. Dabei "hatte ich meinen persönlichen Zuschauerrekord: Fast 50.000 Zuschauer, ein ausverkaufter 'Prinzenpark' in Paris", erzählte Hussein damals der DW. "Das war etwas Besonderes, weil auch meine Familie im Stadion war, zwei meiner Geschwister sind extra angereist."
Auch bei Männerspielen im Einsatz
Nach Bibiana Steinhaus, die inzwischen ihre Karriere auf dem Rasen beendet hat, war Riem Hussein 2015 die zweite Frau, die auch im Profibereich der Männer eingesetzt wurde: als Schiedsrichterin in der 3. Liga und als Vierte Offizielle in der 2. Liga. Auch ein DFB-Pokalspiel der Männer hat Hussein bereits geleitet. "Ich finde, es sollte in allen Spielklassen immer nach Leistung gehen. Diese Diskussion sollte man unabhängig vom Geschlecht führen", sagte Hussein der DW.
2020 zeichnete der DFB Hussein als "Schiedsrichterin des Jahres" aus - zum dritten Mal nach 2013 und 2016. Mit der Leitung des Champions-League-Endspiels der Frauen macht sie einen weiteren Schritt auf der Karriereleiter. Und was kommt noch? "Ein Wunsch wäre es, einmal bei den Olympischen Spielen pfeifen zu dürfen", sagte Hussein im vergangenen Sommer. Unter die 99 FIFA-Referees für die Spiele im Sommer in Tokio hat sie es zwar nicht geschafft. Aber vielleicht kann sich Riem Hussein ja mit einer starken Leistung in Göteborg als mögliche Nachrückerin empfehlen.