1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Katastrophenhilfe

Conor Dilon6. Januar 2013

Versicherer verzeichnen eine signifikante Zunahme von Naturkatastrophen. Unternehmen bereiten sich deshalb auf harte Zeiten vor. Und sie raten auch Regierungen, künftig besser vorzusorgen.

https://p.dw.com/p/17EqS
Beschädigtes Haus hinter einen Schutthaufen (Foto: DW/Miodrag Soric)
Folgen des Huricane Sandy auf dem Barrier Island vor New JerseyBild: DW/M.Soric

Die Munich Re, der weltgrößte Rückversicherer, konnte in ihrem Report über die Naturkatastrophen im Jahr 2012 nur wenig Gutes berichten. Hurrikan Sandy, Dürren und eine Reihe von Tornados im Mittleren Westen der USA, ein Erdbeben in Italien und Taifun "Bopha" auf den Philippinen waren nur fünf von mehr als 900 Naturereignissen weltweit, die Schäden in Höhe von 160 Milliarden US-Dollar (122 Milliarden Euro) verursachten.

Seit 2006 gab es kaum ein Jahr mit weniger als 900 Naturkatastrophen. Noch in den 1980er-Jahren galt ein Jahr mit rund 500 Katastrophen bereits als Ausnahmejahr.

Das Tohoku-Erdbeben im Osten Japans, das zu Explosionen und dann zum Austritt von Radioaktivität im Kernkraftwerk Fukushima führte, war die teuerste Naturkatastrophe überhaupt. Bisher hat sie 235 Milliarden US-Dollar (180 Milliarden Euro) gekostet. Hurrikan Katrina, der 2005 große Teile von New Orleans unter Wasser setzte, folgt auf Platz zwei mit 81 Milliarden US-Dollar.

Japans Regierungschef Shinzo Abe trägt einen Mundschutz (Foto: Itsuo Inouye/AFP/Getty Images)
Japans Regierungschef Abe besucht das zerstörte Kernkraftwerk FukushimaBild: Itsuo Inouye/AFP/Getty Images

Versicherungskonzerne tragen einen großen Teil dieser Kosten. Doch nicht alle Folgen von Katastrophen sind abgesichert. Hurrikan Sandy etwa verursachte geschätzte 60 Milliarden US-Dollar an Schäden, davon waren aber nur 25 Milliarden versichert.

Weltweit benötigen mehr Menschen als je zuvor finanzielle Hilfe, um ihr Leben nach einer Naturkatastrophe wieder aufzubauen. Aber bekommen sie diese Hilfen auch?

Warten auf Geld

Der Fall der 61-jährigen Betty Ann Fuller ist ein typisches Beispiel dafür, wie kompliziert Verfahren zur Schadensregulierung sein können. Seit Hurrikan Sandy ihr Haus im Oktober 2012 zerstörte, hat sie nur zwei Zahlungen in Höhe von 1410 US-Dollar für ihren Lebensunterhalt bekommen. Die kamen von der Federal Emergency Management Agency (FEMA), der nationalen Koordinationsstelle für Katastrophenhilfe der USA.

Betty Ann Fuller wartet immer noch auf Zahlungen ihrer Versicherung: 223.000 US-Dollar für ihr Haus, 31.000 für entgangene Mieteinnahmen und 1500 für sonstige Ausgaben. "Ich musste alles, was in meinem Haus war, für die Versicherung auflisten, inklusive Toilettenpapier."

Ein riesiger Baum ist in einen Vorgaben knapp neben ein Haus gestürzt (Foto: AP)
Auswirkungen von Hurrikan Sandy an der Ostküste der USABild: AP

Zwei Wochen nachdem sie ihr Haus verlassen hatte und in ein Hotel gezogen war, wurde sie mit einem Bus zurück zu ihrem Eigentum gebracht. "Das Rote Kreuz war dort mit einem Lastwagen und versorgte uns mit Mahlzeiten", erzählt sie.

Auch die Hilfe vom Staat fand Betty Ann Fuller ausgezeichnet. "Ich bin sehr, sehr zufrieden mit FEMA - sie unterstützen bei allen Fragen rund um die Versicherung, kümmern sich aber auch um die seelische Belastung, also um alles, was mit dem Verlust zu tun hat", sagt sie. "Sie sind vor Ort, man kann dort jederzeit hingehen, mit ihnen reden und sie helfen."

Diese Hilfe schien kürzlich noch in Gefahr. Der US-Kongress billigte am Freitag (04.01.2013) zwar letztendlich Kredite in Höhe von 9,7 Milliarden US-Dollar für FEMA. Doch der vorangegangene Zank im Kongress hinterließ in New Jersey Zweifel an der Verlässlichkeit der US-Regierung und daran, ob in Krisenzeiten ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt werden. "Ich bin enttäuscht von der Regierung und über das, was da im Kongress und im Senat passiert", sagt Betty Ann Fuller.

Freiwillige tragen Kisten mit gespendeten Wasserflaschen (Foto: Stan Honda/AFP/Getty Images)
Der New Yorker Stadtteil Queens drei Wochen nach Hurrikan SandyBild: Stan Honda/AFP/Getty Images

Ein Sprecher von FEMA erklärt im Gespräch mit der Deutschen Welle, dass FEMAs nationales Versicherungsprogramm gegen Überflutungen kaum die Kosten decken kann: "Es gibt mehr Ansprüche als Einnahmen reinkommen."

Vorbereitungen für zukünftige Katastrophen

Dr. Robert P. Hartwig, Präsident des Insurance Information Institute, einer Organisation der Versicherungsindustrie mit Sitz in New York, will verzweifelten Hauseigentümern Mut machen. Gleichzeitig trennt er scharf zwischen privaten Versicherungsunternehmen und staatlichen Programmen: "In der privaten Schadenversicherungsindustrie oder bei Rückversicherungen gibt es keine Fiskalklippe." Hartwig sagt in einem Online-Seminar: "Die Industrie sorgt dafür, dass sie das Geld auf der Bank hat, bevor eine Katastrophe passiert. Man beschäftigt sich nicht erst im Nachhinein damit. Und das ist eine Verantwortung, die Versicherer und Rückversicherer rund um die Welt sehr ernst nehmen."

Zwei Häuser stehen in einer Halle zur Sturmsinulation. Eines ist dabei eingestürzt. (Foto: Insurance Institute for Business & Home Safety)
Sturmsimulation beim Insurance Institute for Business and Home SafetyBild: Insurance Institute for Business & Home Safety

Ein wichtiger Ansatz besteht beispielsweise darin, den möglichen Schaden von vornherein zu begrenzen. Carl Hedde, Leiter der Abteilung Risk Accumulation (Risikohäufung) der Munich Re, will Hausbesitzer und deren Häuser besser auf Naturkatastrophen vorbereiten. "In den vergangenen Jahren hat das Insurance Institute for Business and Home Safety die weltgrößte Forschungsanlage in South Carolina gebaut. Wir unterstützen die Überprüfung von Bauvorschriften und haben Baumaterialien getestet."

Solche Maßnahmen könnten helfen, Häuser wie das von Betty Ann Fuller zu retten. Von Wind und Regen ramponiert, wurde ihr Haus letztlich vom Feuer zerstört, das 30 Häuser erfasste.

"Ich habe keine Familie. Also habe ich mein ganzes Leben verloren", sagte sie der Deutschen Welle. "Als ich das Haus verlassen habe, nahm ich Kleidung für drei Tage mit, ein Foto von meiner Mutter und meinem Vater und die Asche meines Sohnes. Mein Sohn starb 2007 mit 25 Jahren. All seine Tagebücher und seine persönlichen Sachen hatte ich aufbewahrt. Ich bin am Boden zerstört, weil ich all das nun verloren habe."