Riad und Moskau wollen Ölförderung begrenzen
16. Februar 2016Der katarische Energieminister Mohammed al-Sada sagte am Dienstag dem saudischen Nachrichtensender Al Arabija zufolge, Richtwert solle die Fördermenge vom Januar sein. Auch der russische Energieminister Alexander Nowak war bei dem Treffen in Doha anwesend.
Der saudische Ölminister Ali al-Naimi sagte nach einer Konferenz mit seinen Amtskollegen aus Russland, Katar und Venezuela, in den kommenden Monaten sollten weitere Schritte zur Stabilisierung des Marktes geprüft werden. "Das Treffen war erfolgreich", betonte er. Er hoffe nun, dass Ölförderländer innerhalb und außerhalb des Kartells Opec die Vorschläge übernehmen. Russland, das der Organisation der erdölexportierenden Länder (Opec) nicht angehört, ist einer der größten Ölförderer der Welt.
Die Ölpreise, die sich zuvor noch erholt hatten, brachen daraufhin wieder ein – aus Enttäuschung. Denn immer mehr Anleger hatten in den letzten Tagen auf baldige Förderkürzungen der großen Ölförderer gehofft. So waren die Preise für die Nordsee-Sorte Brent und die US-Sorte WTI noch von Montag auf Dienstag um je 4,6 Prozent gestiegen - sie hatten seit Donnerstag um mehr als 15 Prozent zugelegt.
Bereits 2001 hatte es einmal eine Vereinbarung zwischen Opec- und Nicht-Opec-Mitgliedern gegeben, um die Förderung zu begrenzen und die Preise zu stabilisieren. Saudi-Arabien hatte sich damals für diese globale Vereinbarung starkgemacht.
Spekulanten enttäuscht
An den Ölmärkten waren zuletzt wiederholt Spekulationen zu Förderkürzungen aufgeflammt. Doch ein abgestimmtes Vorgehen der Produzenten war bislang nicht erkennbar - und ein Einfrieren auf das Januar-Niveau wird daran vermutlich nicht viel ändern. Im Kampf um Marktanteile haben die größten Ölstaaten bisher bewusst auf Produktionskürzungen verzichtet und stattdessen den Markt regelrecht überschwemmt. Damit will vor allem Saudi-Arabien die USA aus dem Markt drängen, wo dank der umstrittenen Fracking-Technik die Förderung boomt.
Sinkt der Ölpreis weiter, lohnt sich das aufwändige Fracking-Verfahren nicht mehr, und die Saudis hätten ihr Ziel erreicht. Schon jetzt hat der Ölpreisverfall tiefe Spuren hinterlassen - auch in den USA. Dort sind 2015 rund 40 Förderunternehmen und Zulieferer in den Konkurs gegangen, vor allem solche, die sich nicht am Kapitalmarkt gegen fallende Preise abgesichert haben. Auch die großen Ölmultis haben gigantische Gewinnrückgänge zu verzeichnen. Und sie haben auf den Preisverfall reagiert: mit Milliarden-Abschreibungen in ihren Bilanzen, mit dem Abbau von tausenden Arbeitsplätzen und der rigorosen Kürzung von Investitionsvorhaben.
Saudi-Strategie gescheitert?
Dennoch ist fraglich, ob Saudi-Arabien - neben den USA und Russland der größte Ölförderer und das Land mit den größten Ölreserven - tatsächlich in der Lage ist, die amerikanische Fracking-Fraktion auszuhungern. Denn erstens hat das auch in Saudi-Arabien zu gigantischen Einnahmeausfällen und zu einem Staatsdefizit von knapp 100 Milliarden Dollar geführt, und zweitens kann auch Saudi-Arabien das Rad nicht mehr zurückdrehen: Die Fracking-Infrastruktur ist in den USA vorhanden, und sie wird wieder angeworfen, sobald die Förderländer mit Produktionskürzungen den Preistrend beim Rohöl umdrehen.
Schon einmal hat Saudi-Arabien versucht, mit einer Ölschwemme Konkurrenten vom Markt zu fegen: Mitte der 80er Jahre drückten die Saudis den Ölpreis um 60 Prozent, weil sie die Nordseeproduzenten mit ihren vergleichsweise teuren Bohrinseln aushungern wollten. Das Ergebnis ist heute noch unverändert in der Nordsee zu besichtigen, und die Nordsee-Sorte Brent hat es sogar zur Referenz an den internationalen Rohölmärkten gebracht.
Kein Nullsummenspiel
Sollte Saudi-Arabien nicht nur einem Einfrieren der Fördermengen zustimmen, sondern die eigene Förderquote wahrnehmbar senken, könnte sich der Ölpreis bald wieder normalisieren - Venezuelas Regierung träumt von 70 Dollar pro Barrel als fairen und angemessenen Preis. Der würde vermutlich auch von den Ölimportländern akzeptiert werden. Denn auch dort hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass billiges Öl zwar auf den ersten Blick wie ein Konjunkturprogramm wirkt, aber auch seine Schattenseiten haben kann.
Bislang haben viele Beobachter in Schwarz und Weiß gedacht: Hier die Förderländer, die heftig unter dem Preisverfall leiden, und dort die Glückspilze, die Öl billig importieren und damit reichlich Kosten sparen können. Hatte der US-Ökonom Kenneth Rogoff noch von einem Nullsummenspiel gesprochen, hat sich inzwischen bei den meisten Beobachtern ein Sinneswandel vollzogen.
Die dunkle Seite der Medaille
Denn der Ölpreisverfall ist auch Indiz für eine mangelnde Nachfrage, die auf eine insgesamt schwächelnde Weltwirtschaft hindeutet. Wegen der Rezession in den hochverschuldeten Schwellenländern hat der Internationale Währungsfonds IWF schon seine Wachstumsprognose gesenkt. Einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte zufolge steht rund ein Drittel von 500 beobachteten Firmen der Ölbranche vor dem Aus. Sie seien mit 150 Milliarden Dollar verschuldet und könnten wegen fallender Aktienkurse über Kapitalerhöhungen kaum noch frisches Geld beschaffen.
Schwellenländer und die Ölbranche bleiben aber nicht die einzigen Opfer des Preisverfalls - auch in Deutschland hat die Medaille zwei Seiten. Zwar freuen sich Autofahrer und Heizölkunden, weil mehr Geld für den privaten Konsum übrig ist, zwar wird die Automobilindustrie durch die niedrigen Spritpreise beflügelt. Doch mittelbar droht einigen deutschen Vorzeigebranchen wie dem Maschinenbau Ungemach, weil der Ölpreisverfall die Konjunktur in den einstigen Boomländern wie Russland oder Brasilien längst abgewürgt hat - was irgendwann auch auf die deutschen Exporte durchschlagen wird, vor allem, wenn es um deutsche Spezialitäten wie Maschinen und Investitionsgüter geht.