Hoffnung auf das kleine Wunder
18. April 2017"Ich kann keine Nacht durchschlafen. Im Unterbewusstsein zucke ich zusammen und schrecke darum auf. Und wenn ich dann aufwache, bin ich froh, dass ich daheim im Bett liege", sagt Torhüter Roman Bürki. Wie ihm geht es auch vielen anderen Profis von Borussia Dortmund vor dem Viertelfinal-Rückspiel der Champions League am Mittwoch beim AS Monaco (Anstoß 20.45 Uhr MESZ, ab 20.30 Uhr im DW-Liveticker). Der Schock über den Sprengstoffanschlag auf den Mannschaftsbus am Dienstag vergangener Woche sitzt noch immer tief. Der Zeitraum von einer Woche war nicht lange genug, um das Trauma zu verarbeiten - zumal die Borussen seitdem schon zweimal auf den Platz mussten: bereits am vergangenen Mittwoch zum verlegten Spiel gegen Monaco (2:3) und am Samstag zur Bundesliga-Partie gegen Eintracht Frankfurt (3:1). Bürki sieht darin allerdings auch Positives: "Es ist gut, dass wir einen so engen Spielplan haben und ich nicht auf der Couch sitzen und immer daran denken muss, was passiert ist."
Keine Erwartungshaltung
Die Verantwortlichen des Vereins versuchen vor dem Hintergrund des Anschlags, jeden Druck von den Spielern zu nehmen - trotz der Hinspielniederlage. "Die Chance zum Weiterkommen ist sehr stark reduziert. Das ist keine normale Runde. Wir haben keine Erwartungshaltung an die Mannschaft", sagte Sportdirektor Michael Zorc vor dem Abflug nach Frankreich. Und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ergänzte: "Die Mannschaft hat in der vergangenen Woche Außergewöhnliches geleistet. Das gibt ihr Kraft."
Zorc und Watzke sind Realisten genug, um zu wissen, dass die Erfolgschancen minimal sind. Der BVB muss mindestens zwei Tore schießen. Überhaupt erst zweimal ist es Teams in der Champions League gelungen, eine Heimniederlage in der K.o.-Phase im Rückspiel wettzumachen - die Dortmunder gehörten nicht dazu. "Wir sind keine Träumer. Wir wissen, dass die Chance klein ist - aber es gibt eine", beschwörte Watzke das mögliche kleine Wunder von Monaco. Und Trainer Thomas Tuchel wirkte beinahe trotzig, als er sagte: "Es ist erst Halbzeit. Wir liegen 2:3 zurück. Wir haben den Glauben noch nicht verloren."
Mäßige Generalprobe
Der AS Monaco ist dennoch klar in der Favoritenrolle. Der Tabellenführer der französischen Ligue 1 hat fünf seiner sechs Champions-League-Heimspiele in dieser Saison gewonnen. Lediglich Bayer 04 Leverkusen gelang es in der Gruppenphase, mit einem 1:1 einen Punkt aus dem Stade Louis II am Mittelmeer zu entführen. Starstürmer Radamel Falcao und der 18 Jahre alte Jungstar Kylian Mbappé, der in Dortmund zwei der drei Treffer der Monegassen beisteuerte, gehören zu den stärksten Angriffsduos Europas. In 32 Ligaspielen hat Monaco 90 Treffer erzielt. Bei der Generalprobe für das Rückspiel gegen den BVB glänzten die Franzosen allerdings nicht. Mit Mühe besiegte der AS Monaco den Tabellenvorletzten FCO Dijon mit 2:1.
Reus soll es richten
Die Dortmunder Hoffnungen ruhen vor allem auf Rückkehrer Marco Reus, der im Hinspiel noch gefehlt hatte. Dem Nationalspieler gelang nach sechswöchiger Zwangspause wegen eines Muskelfaserrisses im Bundesliga-Spiel gegen Frankfurt ein sehenswertes Comeback. Bei seinem 45 Minuten dauernden Einsatz erzielte Reus nicht nur den Führungstreffer für den BVB, sondern belebte auch spürbar das Dortmunder Angriffsspiel. "Marco ist ein Frühstarter", schwärmte Zorc im Fachmagazin "Kicker". "Er kann das einfach." Neben Reus ist auch Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang gefordert. "Wir sind auch in Monaco in der Lage, mit zwei Toren zu gewinnen", meint Sportdirektor Zorc.