Mubarak frei
22. August 2013Für viele Beobachter war es keine echte Überraschung, schockiert hat es dennoch viele von ihnen: Ein Kairoer Berufungsgericht hat in letzter Instanz die Freilassung des 2011 gestürzten Präsidenten Husni Mubarak angeordnet. Zwar beginnt am Sonntag ein neuer Prozess gegen ihn wegen der Ermordung von Demonstranten im Januar 2011. Doch Mubarak muss ihn nun nicht mehr hinter Gittern verfolgen. Das Gericht entschied, dass Ägyptens Ex-Präsident nun über zwei Jahre in Untersuchungshaft war und daher laut Gesetz freigelassen werden müsse. Keines der verschiedenen Gerichtsverfahren gegen ihn führte bisher zu einer rechtskräftigen Haftstrafe.
Im jetzigen Verfahren ging es um einen eigentlich eher unbedeutenden Bestechungsfall. Doch es ermöglichte die weitere Inhaftierung, nachdem Mubarak im Januar im Verfahren über die Ermordung von Demonstranten freigesprochen worden war. Diese Entscheidung hatte mehrere Gründe. Abdul Bar Zahran, ein Parteifunktionär der Partei der Freien Ägypter, hatte im Prozess vor allem folgendes beobachtet: "Der Aufbau des Verfahrens war nicht richtig von der Staatsanwaltschaft vorbereitet worden, so dass der Richter keine Beweise gegen Mubarak hatte."
Sabotierten die Behörden?
Es war zum Beispiel bekannt geworden, dass wichtige Videoaufnahmen der Geheimdienste zerstört worden waren und die Sicherheitsbehörden dem damaligen Staatsanwalt zufolge nicht ausreichend mit dem Gericht kooperiert hatten. Auch wurden Vorwürfe laut, dass Belastungszeugen unter Druck gesetzt worden seien, ihre zuvor gemachten Aussagen zu revidieren. Dies alles deutet auf eine stark politisierte Justiz hin. Trotzdem fordert Abdul Bar Zahran, die jetzige Anordnung des Gerichts zu respektieren. Nur so könne man zu einem stabilen rechtsstaatlichen System mit einer unabhängigen Justiz gelangen.
Auch viele andere nicht-islamistische Parteien sehen das so. Auf der Straße sind die Reaktionen zwar gemischt, doch die wenigsten regen sich über Mubaraks Freilassung auf. Diesen Eindruck bestätigt auch Abdul Bar Zahran: "Viele von ihnen meinen, er ist ein alter Mensch, den brauchen wir nicht einzusperren. Ich glaube, dass im islamistischen Lager und auch bei den Revolutionären auf dem Tahrirplatz eine andere Meinung vertreten werden wird."
Zu ausgelaugt für Demonstrationen
Doch die Islamisten und die einstigen Revolutionäre sind in der Minderheit und stark geschwächt. Viele Ägypter sagen inzwischen auch ganz offen, dass es ihnen unter Mubarak besser ging, als nach der Revolution vom 25. Januar. Dies spiegelt sich auch in der momentanen Unterstützung des brutalen Verhaltens des Militärs wieder.
Die Tamarod-Bewegung, die die Anti-Mursi Proteste am 30. Juni organisiert hat, kritisiert die Freilassung zwar. Doch gleichzeitig nutzt sie sie für Angriffe auf die Muslimbruderschaft. Sie beschuldigt nun Mohammed Mursi und den von ihm eingesetzten Generalstaatsanwalt, für das Urteil verantwortlich zu sein. Tatsächlich wurde das Verfahren gegen Mubarak jedoch schon unter dem von ihm selbst eingesetzten Generalstaatsanwalt und vor Mursis Präsidentschaft begonnen.
Frust, aber keine heftigen Proteste
Wirklich kritische Reaktionen gegen die Gerichtsentscheidung bleiben in der Minderheit. Die "Bewegung 6. April" ist einer der wenigen Kritiker, die für Freitag (23.08.2013) Demonstrationen gegen die Freilassung Mubaraks angekündigt hat. Ayman Abdel Meguid ist Mitglied des politischen Büros der Bewegung: "Wir sind sehr frustriert von all den Urteilen, in denen Mubarak freigesprochen wurde. Die Staatsanwaltschaft hat das ägyptische Volk betrogen und jetzt sehen wir Mubarak als freien Mann, ohne Strafe für irgendeines seiner Verbrechen, die alle bestens bekannt sind."
Doch Ayman Abdel Meguid macht sich keine Illusionen und weiß, dass die Proteste nicht besonders groß sein werden. Im Moment seien diejenigen, die üblicherweise für so etwas auf die Straße gehen würden einfach schon unter zu viel Stress. Dass die Staatsanwaltschaft nun Mubarak auf freien Fuß gesetzt hat, sei das geringste Problem. Seine Äußerung ist eine Anspielung auf die jüngsten Massaker und das autoritäre Verhalten des Militärregimes, das aktuell kaum Kritik duldet.
Krankenhaus statt Gefängnis
Über den am Sonntag beginnenden neuen Prozess gegen Mubarak gibt es laut Abdel Meguid nur sehr wenige Informationen. Für ihn ist es vor allem Mubaraks Erbe, das seinem Land zu schaffen macht: "Wir sehen in seiner einstigen Herrschaft noch immer den Hauptgrund für die Gewalt, die heute auf den Straßen stattfindet."
Am Abend kam der nun unter Hausarrest stehende Mubarak schließlich in einem luxuriösen Militärhospital im Südosten Kairos an, das in nächster Zeit sein Wohnsitz sein dürfte.