Rekord-Temperaturen in Indien
Eine ungewöhnlich frühe Hitzewelle hat weite Teile Indiens erfasst. Sie bedroht nicht nur Menschen, sondern auch die Weizenerträge. Und damit Regierungspläne, Exportausfälle aus Russland und der Ukraine zu ersetzen.
Verkaufsschlager: Klimaanlagen und Eis
Indien erlebt gegenwärtig eine außergewöhnliche Hitzeperiode - Rajgarh, eine Stadt mit 1,5 Millionen Einwohnern in Zentralindien war am Dienstag mit 46,5 Grad Spitzenreiter, auch in neun weiteren Städten kletterte das Thermometer auf über 45 Grad Celsius. Kein Wunder, dass sich auf den Straßenmärkten in Neu-Delhi Produkte besonders gut verkaufen, die die hohen Temperaturen erträglicher machen.
Die Hitze entzündet sogar den Müll
Durch die hohen Temperaturen hat sich eine riesige Mülldeponie in Indiens Hauptstadt Neu-Delhi entzündet. Friederike Otto, Klimawissenschaftlerin am Imperial College in London merkt an, dass es derartige Hitzewellen vor dem menschengemachten Klimawandel ungefähr alle 50 Jahre gegeben habe. Mittlerweile müsse man einmal alle vier Jahre damit rechnen.
Alte und arme Menschen besonders gefährdet
Laut einem Bericht in der Fachzeitschrift The Lancet aus dem Jahr 2021 ist Indiens Anfälligkeit für extreme Hitze von 1990 bis 2019 um 15 Prozent gestiegen. Das Land gehört zu den fünf Ländern, in denen besonders gefährdete Menschen, wie alte und arme, am stärksten der Hitze ausgesetzt sind. Außerdem verzeichnet Indien neben Brasilien die höchste hitzebedingte Sterblichkeit der Welt.
Hitze - eine ernste Gefahr für die Gesundheit
Mediziner nehmen bereits ein erhöhtes Aufkommen an hitzebedingten Krankheiten war und sehen in den hohen Temperaturen eine größere Gefahr, als von einer erwarteten vierten COVID-19-Welle ausgeht. In der Not zeigen sich einige Menschen solidarisch. Dieser Bewohner von Kalkutta hat einen Kühlschrank auf die Straße gestellt und verteilt kühles Wasser an Passanten.
Die extreme Hitze bedroht die Weizenernte
Indische Landwirte müssen um ihre Ernte bangen - allerdings weniger wegen der jetzigen Rekord-Temperaturen, sondern weil schon der März der heißeste seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1901 war. Die Bauern säen den Weizen nämlich so, dass die Körner im üblicherweise kühlen März heranreifen, weil das Getreide in dieser Phase besonders hitzeempfindlich ist.
Die Ernte schrumpft vor den Augen der Landwirte
Baldev Singh aus Sangrur sah seine Ernte vor seinen Augen schrumpfen, als der Winter nicht in einen normalerweise kühlen Frühling überging, sondern direkt in eine unerbittliche Hitze. Der Landwirt aus Punjab - der Bundestaat wird auch als Getreidekammer Indiens bezeichnet - verlor etwa ein Fünftel seines Ertrags. Andere Produzenten hat es noch härter getroffen.
Hoffnung auf Mehreinahmen aus dem Weizen-Export zerstört
Indien, immerhin zweitgrößter Produzent weltweit, exportiert traditionell nur wenig Weizen. Angesichts der Knappheit aufgrund des Ukraine-Krieges hatte Indien vor, neue Absatzmärkte zu erschließen und von den erhöhten Weltmarktpreisen zu profitieren. Dies würde nun "einen großen Druck auf die inländische Verfügbarkeit von Weizen" erzeugen, sagt Devinder Sharma, ein Agrarexperte aus Chandigarh.