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Regimetreue Parteien in Ägypten

Matthias Sailer, Kairo 27. August 2013

Ägyptens nicht-islamistische Parteien unterstützen das autoritäre Verhalten des gegenwärtigen Militärregimes. Sie rechtfertigen den Tod Hunderter Demonstranten und vertrauen dem Staatsapparat.

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Das Parlament in Ägypten (Foto: AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo

Das Militärregime versucht seit dem Massaker bei der Räumung des größten Protestcamps der Islamisten in Kairo (am 14.08.2013), das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte zu rechtfertigen. Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch betonen jedoch weiterhin, dass Militär und Polizei zu exzessiver Gewalt gegen die Demonstranten gegriffen haben. Die meisten nicht-islamistischen politischen Parteien unterstützen das Regime, das Muslimbrüder und ihre Anhänger als Terroristen bezeichnet. Emad Hamdi, Sprecher der Organisation des ehemaligen links-nationalistischen Präsidentschaftskandidaten Hamdien Sabahi, beschreibt die Ereignisse in Ägypten als eine nationale Revolution, die von der ägyptischen Armee unterstützt worden sei. "Und was wir heute in Ägypten sehen, sind systematische Gewalt und Terrorakte. Der Staat wird diese mit all seiner Macht bekämpfen", so Hamdi.

Obwohl es Sicherheitskräfte waren, die nach Angaben des ägyptischen Gesundheitsministeriums rund 600 Demonstranten getötet haben, macht er die Islamisten selbst für die Gewalt verantwortlich. Damit vertritt er die Mehrheitsmeinung in den nicht-islamistischen Parteien. Eine ähnliche Haltung dominiert bei der Partei der Freien Ägypter. Abdul Bar Zahran, ein Funktionär der Partei, erklärt, die Demonstranten in den Protestcamps seien von ihren Anführern 40 Tage lang auf den Tod vorbereitet und mit Hasspredigten indoktriniert worden. Für Abdul Bar Zahran ist zudem klar, dass es Waffen in den Lagern gab. Tatsächlich gibt es Videos, die einzelne Zivilisten auf der Seite der Islamisten mit Schusswaffen zeigen. Dadurch haben die Demonstranten aus der Sicht von Abdul Bar Zahran selbst dazu beigetragen, dass viele von ihnen getötet wurden. Vertreter von Human Rights Watch betonen hingegen, dass nur eine kleine Minderheit Waffen getragen habe.

Porträt von Abdul Bar Zahran, Parteifunktionär der "Freien Ägypter" (Foto: Matthias Sailer)
Abdul Bar Zahran: "Demonstranten waren indoktriniert"Bild: DW/M.Sailer

Reintegration der Islamisten?

Abdul Bar Zahran vertraut dem Staat: Ob die Polizei exzessive Gewalt angewendet habe, müsse seiner Ansicht nach eine staatliche Untersuchungskommission klären. Doch ähnliche frühere Kommissionen haben keine glaubhaften Ergebnisse veröffentlicht.

Ähnlich optimistisch zeigt sich Abdul Bar Zahran auch in Bezug auf eine Reintegration der Islamisten in die Politik: "Es gab eine politische Initiative von Siad Bahaa El-Din, dem Vize-Premierminister, die 13 Punkte umfasst, wobei es wichtig ist, dass es demnach keine politische Isolierung und keinen Ausschluss der politischen Kräfte geben soll.“

Doch der Staat hat gerade erst Hunderte überwiegend unbewaffnete Anhänger der Islamisten erschossen und einen Großteil ihrer Führung verhaftet. Wie es unter diesen Umständen zu deren Reintegration kommen soll, bleibt offen. Abdul Bar Zahran stellt klar, dass diejenigen, die für den Tod unschuldiger Bürger verantwortlich sind, keine politische Zukunft haben sollen. Damit meint er jedoch zuerst die Führung der Muslimbrüder. Was Vertreter des Militärs und der Polizei angeht, müsse dies besagte Untersuchungskommission klären.

Mursi-Anhänger bie der gewaltsamen Räumung des Protestcamps in Kairo (Foto: AP)
Gewaltsame Räumung des größten Protestcamps in KairoBild: picture alliance / AP Photo

Parteien rechtfertigen Hetze gegen ausländische Journalisten

Auch in anderen Themenbereichen übernehmen die nicht-islamistischen Parteien die Regierungsposition. Kaum eine der Parteien verurteilt zum Beispiel die gegenwärtige Hetzkampagne gegen ausländische Journalisten in Ägypten. Abdul Bar Zahran versucht, diese Haltung zu rechtfertigen: "Ich habe viele Medien in letzter Zeit verfolgt, besonders CNN und Al Jazeera Ägypten, die zu 100 Prozent auf der Seite der Muslimbrüder standen und nicht objektiv berichteten.“

Doch die in fast allen ägyptischen Medien geführte Hetzkampagne richtet sich gegen alle ausländischen Journalisten. Viele von ihnen wurden daher auf der Straße angegriffen, ausgeraubt, verprügelt oder verhaftet. Auch die systematische Hetze vieler ägyptischer Medien, zum Beispiel der Zeitung Al-Akhbar und des Senders ONTV, wird von den Parteien kaum kritisiert.